Politisch provokante Äusserungen, Transparente und Fahnen waren bei Spielen der Balkanstaaten Kroatien, Albanien und Serbien an der EM bisher allgegenwärtig. Beim letzten Gruppenspiel der Nati am Sonntag gegen Deutschland tauchte nun auch im Schweizer Fanblock plötzlich eine umstrittene Fahne auf.
Es handelt sich dabei um eine Fahne der albanischen Befreiungsarmee des Kosovo (UCK). Die paramilitärische nationalistische Gruppierung kämpfte im Kosovokrieg für die Abspaltung des Kosovo von Jugoslawien und den Zusammenschluss aller mehrheitlich ethnisch albanisch besiedelten Gebiete mit dem Land Albanien. Der Organisation werden diverse Kriegsverbrechen und Organhandel vorgeworfen. In einem Fall wurde ein UCK-Mitglied vom internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Mordes und Folter verurteilt.
Verbotene Flaggen wurden bereits bestraft
Seitens der Uefa wurden wegen Vorfällen an dieser EM schon Strafen ausgesprochen – mehrere Verfahren laufen noch. So wurden beispielsweise der albanische Verband für das Verhalten seiner Fans zunächst zu 10'000 Euro Geldstrafe verdonnert. Als Wiederholungstäter erhöhte sich die Strafe für Albanien beim nächsten Spiel gegen Kroatien auf zusätzliche 25'000 Euro. Zudem wurde der Spieler Mirlind Daku (26) wegen beleidigender Sprechchöre gegen Nordmazedonien mit zwei Spielsperren belegt. Auch der serbische Verband musste wegen ähnlicher Vergehen 10'000 Euro blechen.
Der Anklagepunkt lautete jeweils «Verbreiten provokativer Nachrichten, die bei Sportanlässen unpassend sind». Im Falle der Albaner bezog sich dies mutmasslich auf das Zeigen von Grossalbanien-Fahnen, die Teile mehrerer Nachbarländer als Teil Albaniens darstellen. Auch UCK-Fahnen waren bei Albanien-Spielen zu sehen. Die serbischen Fahnen zeigten den Kosovo als Teil des eigenen Landes. Auch Russland-Flaggen im Block könnten eine Rolle gespielt haben. Welche Flaggen konkret bestraft wurden, geht aus den Urteilen nicht hervor.
Muss auch die Schweiz Konsequenzen befürchten?
Droht jetzt auch dem Schweizer Verband eine solche Strafe?
Zwar sind noch keine Proteste, beispielsweise seitens des serbischen Verbands, bei der Uefa eingegangen. Laut der Statuten ist dies für ein Verfahren aber auch keine notwendige Bedingung. Bei jedem EM-Spiel verfasst die Uefa einen offiziellen Bericht. Sollten die Verantwortlichen der Meinung sein, dass ein Verstoss gegen die Uefa-Richtlinien vorliegt, kann ein Verfahren eingeleitet werden.
Auf Blick-Nachfrage wollte die Uefa keine weiteren Informationen zu allfälligen Konsequenzen für den SFV preisgeben. Was der Schweiz zugutekommen könnte: Anders als bei den serbischen und albanischen Anhängern ist bezüglich der Nati-Fans nicht von Schmähgesängen die Rede.