eFootball-Nati-Captain Luca Boller
«Gamen ist kein Schoggi-Job!»

Er hat den Job, den sich Millionen Kinder wünschen. Luca «LuBo» Boller ist der berühmteste eFussball-Profi der Schweiz.
Publiziert: 05.10.2020 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2020 um 07:55 Uhr
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eFootball: Luca «LuBo» Boller ist zweifacher Schweizer Meister, Captain der Nati und der erste Schweizer Profi-Gamer.
Foto: TOTO MARTI

BLICK: Luca Boller, wann haben Sie mit Gamen angefangen?
Luca Boller: Ich war etwa fünf, als ich begann, mich für Videospiele zu interessieren. Da hatte sicher mein Vater grossen Einfluss. Er zockte nämlich gerne und oft Fifa auf seiner PlayStation.

Viele Eltern machen sich Sorgen, wenn ihre Kinder vor der Konsole sitzen. Ihre nicht auch?
Meine Eltern haben sich früh getrennt. Unter der Woche bei meiner Mutter musste ich immer anständig sein und Hausaufgaben machen. Am Wochenende beim Vater durfte ich dann gamen. Nicht gerade fair, ich weiss (lacht).

Spielten Sie immer nur «Fifa»?
Ich habe auch andere Games gezockt. Aber Fifa am liebsten. Da konnte ich meine Lieblingsspieler steuern, das hat mich fasziniert. Kommt hinzu, dass ich ein gewisses Talent dafür hatte. Das motiviert natürlich auch.

Wie wurden Sie zum ersten eSport-Profi der Schweiz?
Vor Jahren war in einer Migros-Filiale ein Fifa-Turnier in einer Beiz ausgeschrieben. Und weil ich neu im Dorf war und gerne zockte, dachte ich, dies sei eine gute Möglichkeit, auf lässige Weise neue Leute kennenzulernen. Ich hab zwar nicht gewonnen, aber es hat Spass gemacht. Deshalb habe ich mich an weiteren Turnieren angemeldet. Irgendwann habe ich dann angefangen zu gewinnen.

Wie viel Geld haben Sie dabei erspielt?
Bei den kleinen Turnieren waren das vielleicht 200 oder 300 Franken. Das war dann ein schöner Nebenverdienst. Irgendwann wurden die Turniere grösser und grösser. Und das Preisgeld wuchs auch.

Wurden Sie eFussballer, weil Sie beim Fussballspielen kein Talent haben?
Nein, ich war ganz okay. Ich spiele ja noch immer aktiv Fussball und bin ein grosser Fan von Juventus Turin.

Sie leben den Traum von Millionen Kindern weltweit. Sie stellen sich vor, dass LuBo den ganzen Tag auf dem Sofa hängt, zockt und dabei noch Geld verdient ...
... Genau! (lacht) Klar habe ich einen super Job und grosses Glück gehabt. Aber es ist nicht nur ein «Schoggi-Job», wie viele denken. Ich muss trainieren, wie ein Fussballer immer wieder Spielszenen und Tastenkombinationen trainieren. Spielpläne machen. eFootball hat ein wenig etwas von Schach. Kommt hinzu, dass bei uns auch ganz viel interaktiv abgeht: Wir streamen viel, dieser Markt ist stark am Wachsen.

Wie oft trainieren Sie?
In etwa so viel wie die Fussballer. Ich game zwischen vier und sechs Stunden am Tag. Jeweils in Blöcken von zwei Stunden. Manchmal trainiere ich zwei Stunden eine Tastenkombination bis sie perfekt sitzt.

Müssen Sie körperlich fit sein?
Sagen wir es mal so: Ja, ich gehe ins Fitnessstudio, aber ich muss nicht aussehen wie Cristiano Ronaldo und brauche auch kein Sixpack. Aber fit sollte ich schon sein, denn ein Turnier braucht sehr viel Energie.

Nehmen Sie an Turniertagen ab?
Tendenziell sicher. Aber vielleicht auch nur deshalb, weil ich generell bei Turnieren kaum etwas esse. Ich will unter keinen Umständen Magenprobleme bekommen.

Sie sind beim FC Basel angestellt. Erst Teilzeit, mittlerweile Vollzeit. Verraten Sie uns, welcher FCB-Profi am besten «Fifa» spielt?
Raoul Petretta und Afimico Pululu sind ziemlich gut. Noah Okafor, der nun in Salzburg ist, war auch stark, Auch Taulant Xhaka spielt übrigens ganz anständig.

Wie hoch würden Sie gegen die FCB-Stars gewinnen?
Vielleicht so 6:0 oder 7:0, wenn ich im Wettkampfmodus bin.

Kein Gegentor?
Mit viel Glück würden sie vielleicht einmal treffen. Aber höchstens einmal.

Konnten Sie während Corona eigentlich Turniere spielen? Immerhin müssen sich beim eSport die Gegner kaum real gegenübersitzen.
Nein. Während Corona wurden auch alle eFootball-Turniere abgesagt oder verschoben. Wie beim Fussball auf dem Rasen müssen auch wir uns real treffen. Sind wir kilometerweit auseinander, sind die Bedingungen nicht fair, weil es zu Verzögerungen kommt. Aber die Corona-Pause ist mir ehrlich gesagt entgegengekommen.

Warum?
Weil ich so guten Gewissens meine Prioritäten anders legen konnte: Ich habe in dieser Zeit meine Abschlussarbeit im Marketing-Management fertiggestellt.

Wann kommt es eigentlich zur ersten virtuellen Super-League-Meisterschaft?
Das wäre mein Traum. Aber dafür müssten alle Klubs auf eFussball setzen – so wie es zum Beispiel der FC Basel und Sion bereits tun.

Der FCZ will kein eSport betreiben. Präsident Ancillo Canepa ist der Meinung, dass ein Fussballklub lieber Jugendliche dazu auffordern sollte, sich draussen zu bewegen, als vor der Glotze zu sitzen ...
... Ja, so denken noch ein paar andere Leute. Auch ich bin dafür, dass sich Kinder und Jugendliche an der frischen Luft bewegen. Aber das eine schliesst das andere nicht aus. Und eigentlich argumentieren auf diese Weise nur Menschen, die sich nicht mit eSport befassen. eSportler sind keine übergewichtigen Nerds, die nur auf dem Sofa hängen, Chips essen, Red Bull trinken und gamen. Die Realität ist eine komplett andere. eSport ist sehr professionell geworden. Man darf sich seiner Entwicklung eigentlich nicht verschliessen.

Das zeigt sich auch darin, dass sogar das Fifa-Museum dem eSport nun eine eigene Dauerausstellung widmet.
Das ist sensationell. Die Ausstellung ist wirklich super. Allen Skeptikern sage ich: «Kommt vorbei und seht euch um!» Die Besucher werden überrascht sein. Der eSport hat sich diesen Hype verdient.

Bald kommt «Fifa 21» auf den Markt. Durften Sie es schon testen?
Ja. Ich und andere Profi-Gamer durften sogar Inputs geben. Man darf sich auf «Fifa 21» freuen, es ist attraktiver und schneller als die letztjährigen. Es werden wieder mehr Tore fallen. Es wird spannender, zum Spielen und Zuschauen.

Sind Sie eigentlich «game-süchtig»?
Das musste ja noch kommen (lacht)! Vor ein paar Jahren hätte ich wohl Ja sagen müssen. Mittlerweile nicht mehr.

Sie können ohne Play-Station für zwei Wochen in die Ferien?
Ja. Mittlerweile sogar gern. Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals sagen würde: Aber ich bin froh, wenn ich nicht jeden Tag gamen muss. Es ist zwar immer noch eine tolle Sache. Aber es ist auch mein Beruf. Wobei ich muss schon sagen: ein mega cooler Beruf.

«Wir sind ein lebendiges Museum»

Ob Pascal Zuberbühler beim «Fifa Gamen» Goalie-Handschuhe tragen würde, es fiele nicht ins Gewicht. Sein Talent an der Konsole ist, nett formuliert, überschaubar. Die Goalie-Legende lacht und meint: «Ich habe nie gegamt.»

Heisst nicht, dass sich Zuberbühler dem virtuellen Fussball verschliessen würde. Im Gegenteil. «eFootball gehört zum Fussball. Er ist nur ein anderer Zugang zu diesem tollen Sport. Seine Bedeutung ist riesig. Viele Millionen Menschen weltweit spielen digital Fussball und es werden immer mehr.»

Nun hat der virtuelle Fussball die Plattform gekriegt, die er sich aufgrund seiner Bedeutung und Popularität verdient. Das Fifa World Football Museum in Zürich hat dem eFootball eine eigene, dauerhafte Ausstellung gewidmet. Museumsdirektor Marco Fazzone: «eFootball ist ein wichtiger und pulsierender Bestandteil der neuen, modernen Fussballkultur. Wir bieten unseren Besuchern mit ‹eFootball: the Virtual Pitch› einen lebendigen Ort, der Fussballgeschichte und Fussballkultur reflektiert und sich als Begegnungsstätte versteht.»

Professionelle Stadionatmosphäre

Das Feedback der Besucher sei bisher durchwegs positiv, freut sich Fazzone. Auch der aktuell beste eFootball-Spieler der Welt, Mohammed «MoAuba» Harkous, ist nach seinem Besuch begeistert. «Das ist eine sehr moderne Ausstellung, die toll umgesetzt wurde. Es macht Spass», sagt der Deutsche, der den Pokal des Fifa eWorld Cup im August 2019 in die Höhe stemmen durfte. Wegen Corona ist Harkous noch immer amtierender Weltmeister.

Besonders die «Event Hall» lässt die Herzen der eFootball-Fans schneller schlagen. Hier kann bis zum Jahresende in einer professionellen Stadionatmosphäre munter drauflos gezockt werden – der Eintritt ist frei. «Wir zeigen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Und wir sind ein lebendiges Museum, wollen auf die Menschen zugehen», sagt Fazzone.

Dass dies nicht nur leere Worte sind, zeigen die Verantwortlichen unter anderem an ausgewählten Champions-League-Abenden. Dann nämlich analysiert Zuberbühler für die Gäste der Sportsbar im Fifa Museum die Partien. «Das sind wirklich coole Abende. Das Ambiente ist hervorragend, für die Gäste ist es ein Erlebnis.»

«Dabei bekommen sie einen anderen Blick aufs Feld»

Will man Fussball gucken, Zuberbühler live bei der Analyse erleben, dazu einen Burger oder ein Bier, sollte man reservieren. «Zurzeit dürfen wegen Corona nur 60 Gäste in die Bar», sagt Fazzone. Die Frage «Fussball oder eFootball?» sei überflüssig, finden Zuberbühler und Fazzone, da sie bestens zueinander passen würden.

Zuberbühler geht gar noch einen Schritt weiter. Er glaubt, dass es für junge Fussballer und Fussballerinnen durchaus vorteilhaft ist, wenn sie auch ab und zu an der PlayStation zocken, «dabei bekommen sie einen anderen Blick aufs Feld, lernen diverse Spielzüge und taktisches Verhalten. Ich sehe nur Positives.»

Zuberbühler ist übrigens nicht nur Botschafter des Fifa-Museums – Zuberbühler wird auch bald Teil der Ausstellung. Oder zumindest seine Handschuhe, die er an der WM 2006 in Deutschland getragen hat.

Mit ihnen blieb er während des ganzen Turniers aus dem Spiel heraus ungeschlagen. Solche Erfolge wird er mit der Konsole wohl nie feiern.

Ob Pascal Zuberbühler beim «Fifa Gamen» Goalie-Handschuhe tragen würde, es fiele nicht ins Gewicht. Sein Talent an der Konsole ist, nett formuliert, überschaubar. Die Goalie-Legende lacht und meint: «Ich habe nie gegamt.»

Heisst nicht, dass sich Zuberbühler dem virtuellen Fussball verschliessen würde. Im Gegenteil. «eFootball gehört zum Fussball. Er ist nur ein anderer Zugang zu diesem tollen Sport. Seine Bedeutung ist riesig. Viele Millionen Menschen weltweit spielen digital Fussball und es werden immer mehr.»

Nun hat der virtuelle Fussball die Plattform gekriegt, die er sich aufgrund seiner Bedeutung und Popularität verdient. Das Fifa World Football Museum in Zürich hat dem eFootball eine eigene, dauerhafte Ausstellung gewidmet. Museumsdirektor Marco Fazzone: «eFootball ist ein wichtiger und pulsierender Bestandteil der neuen, modernen Fussballkultur. Wir bieten unseren Besuchern mit ‹eFootball: the Virtual Pitch› einen lebendigen Ort, der Fussballgeschichte und Fussballkultur reflektiert und sich als Begegnungsstätte versteht.»

Professionelle Stadionatmosphäre

Das Feedback der Besucher sei bisher durchwegs positiv, freut sich Fazzone. Auch der aktuell beste eFootball-Spieler der Welt, Mohammed «MoAuba» Harkous, ist nach seinem Besuch begeistert. «Das ist eine sehr moderne Ausstellung, die toll umgesetzt wurde. Es macht Spass», sagt der Deutsche, der den Pokal des Fifa eWorld Cup im August 2019 in die Höhe stemmen durfte. Wegen Corona ist Harkous noch immer amtierender Weltmeister.

Besonders die «Event Hall» lässt die Herzen der eFootball-Fans schneller schlagen. Hier kann bis zum Jahresende in einer professionellen Stadionatmosphäre munter drauflos gezockt werden – der Eintritt ist frei. «Wir zeigen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Und wir sind ein lebendiges Museum, wollen auf die Menschen zugehen», sagt Fazzone.

Dass dies nicht nur leere Worte sind, zeigen die Verantwortlichen unter anderem an ausgewählten Champions-League-Abenden. Dann nämlich analysiert Zuberbühler für die Gäste der Sportsbar im Fifa Museum die Partien. «Das sind wirklich coole Abende. Das Ambiente ist hervorragend, für die Gäste ist es ein Erlebnis.»

«Dabei bekommen sie einen anderen Blick aufs Feld»

Will man Fussball gucken, Zuberbühler live bei der Analyse erleben, dazu einen Burger oder ein Bier, sollte man reservieren. «Zurzeit dürfen wegen Corona nur 60 Gäste in die Bar», sagt Fazzone. Die Frage «Fussball oder eFootball?» sei überflüssig, finden Zuberbühler und Fazzone, da sie bestens zueinander passen würden.

Zuberbühler geht gar noch einen Schritt weiter. Er glaubt, dass es für junge Fussballer und Fussballerinnen durchaus vorteilhaft ist, wenn sie auch ab und zu an der PlayStation zocken, «dabei bekommen sie einen anderen Blick aufs Feld, lernen diverse Spielzüge und taktisches Verhalten. Ich sehe nur Positives.»

Zuberbühler ist übrigens nicht nur Botschafter des Fifa-Museums – Zuberbühler wird auch bald Teil der Ausstellung. Oder zumindest seine Handschuhe, die er an der WM 2006 in Deutschland getragen hat.

Mit ihnen blieb er während des ganzen Turniers aus dem Spiel heraus ungeschlagen. Solche Erfolge wird er mit der Konsole wohl nie feiern.

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