Auf einen Blick
- VAR-Entscheidung beim FCZ-GC-Derby sorgt für Kontroverse
- Schiedsrichter hält sich strikt an VAR-Protokoll trotz fragwürdiger Ballberührung
- Mikrochip im Ball könnte kleinste Berührungen erkennen, ist aber zu teuer
Was ist genau passiert?
Der FCZ führt kurz vor Schluss 1:0. In der 83. Minute gibt es einen Freistoss für GC. Giotto Morandi (25) schlägt die Flanke in den Strafraum und Tsiy Ndenge (27) nickt per Kopf zum Ausgleich ein. Doch das Tor wird annulliert, weil der Schiedsrichter-Assistent Nicolas Müller (33) wegen Abseits die Fahne hebt. Es folgt ein minutenlanger VAR-Check. Es geht um eine mögliche Ballberührung von Kristers Tobers (23), der dadurch eine neue Spielsituation verursacht haben soll. Am Ende des minutenlangen Checks annulliert Schiedsrichter Fedayi San (42) den Ausgleich.
Lief VAR-mässig alles korrekt ab?
«Wenn wir das Gegenteil nicht beweisen können, bleibt der On-Field-Entscheid bestehen. Deswegen darf das Tor nicht zählen», lautet die Begründung von Referee San. Und damit hat er sich völlig korrekt an das VAR-Protokoll gehalten. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Schiri-Assistent bereits bei Morandis Ballabgabe Ndenge im Offside sah oder erst nach der möglichen Ballberührung von Tobers.
Konnte der Schiri-Assistent die Berührung aus seiner Position überhaupt sehen?
Wie San im Interview präzisierte, soll sein Assistent Müller ihm gesagt haben, dass er eine klare Berührung von Tobers gesehen habe. Dafür müsste dieser aber Adleraugen haben. Denn eigentlich ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, die angebliche Berührung aus der Ferne zu erkennen – auch wenn Tobers am höchsten springt. Zudem haben dem Assistenten zahlreiche Spieler die Sicht zumindest teilweise verdeckt.
Hätte San den Entscheid auch umstossen dürfen, da eher keine Berührung stattfand?
Nein. Bei einem solchen Tatsachenentscheid (Offside ja oder nein) muss sich der Referee strikt an das VAR-Protokoll halten. Für Fingerspitzengefühl gibt es im Fussball mit Videoschiedsrichter längst keinen Platz mehr.
Hätte eine halbautomatische Offside-Technologie, wie sie an der letzten EM in Gebrauch war, etwas gebracht?
Nein. Diese hilft nur, um anzuzeigen, ob und mit welchem Körperteil ein Spieler im Abseits steht. Eine Ballberührung per se zeigt diese nicht an. Momentan wird diese aufwendige Technologie sowieso nur in den Uefa-Wettbewerben sowie den Top-Ligen verwendet. Dafür braucht es zwölf unter dem Stadiondach montierte Kameras, die bis zu 29 Datenpunkte jedes Spielers 50 Mal pro Sekunde erfassen und so deren genaue Position auf dem Spielfeld berechnen. Für die Schweiz und die Super League ist diese Technologie derzeit aber zu teuer.
Hätte ein Mikrochip im Ball eine Berührung erkennen können?
Ja, wie der SFV auf Blick-Anfrage mitteilt. An der EM waren die Bälle mit einem solchen Mikrochip ausgestattet. Die Folge: Der Chip sorgte für einige Korrekturen und staunende Blicke, weil er kleinste Ballberührungen erkennen konnte und diese mit einer Grafik, die einem Elektrokardiogramm (Ball-EKG) gleicht, zeigte. Wie die halbautomatische Offside-Technologie gibt es diesen Mikrochip in den Super-League-Bällen aber nicht. Weil zu teuer.
Zweite Aufreger-Szene: Hätte Tsawa Rot sehen müssen?
Beim Stand von 0:0 wird Morandi von FCZ-Küken Cheveyo Tsawa (17) umgegrätscht und dabei am Schienbein getroffen. San zückt Gelb. Es gab schon Schiedsrichter, die hierfür direkt Rot zeigten. Ein klarer Fehlentscheid ist es aber nicht, weil Morandis Schienbein nicht mit offener und der ganzen Sohle erwischt wird. Deshalb ist der VAR wohl stumm geblieben. Nach dem Spiel postet Morandi auf Instagram ein Bild seines verletzten Schienbeins. Dazu schreibt er voller Ironie: «Gelb» und versieht es mit einem Daumen nach oben. Nicht ganz so streng sieht es sein Coach Tomas Oral (51). «Fussball ist ein Stück weit auch Kampfsport und ich bin keiner, der eine Karte fordert. Zumal ich den Zweikampf nicht richtig gesehen habe. Der Schiedsrichter hat es so gesehen. Das gilt es zu akzeptieren.»