Das Spiel ist längst vorbei. Lugano hat mit einem 2:0 in Sion seine dritte Cupfinal-Teilnahme eben fix gemacht. Die Emotionen sind wieder auf Normalniveau. Einzig die Lugano-Fans zünden einen weiteren Böller, den siebten, als sich Coach Mattia Croci-Torti nach dem Interview-Marathon ganz allein Richtung Fankurve der Tessiner aufmacht. Gesetzten Schrittes. Keine Eile. Dort sagt er ihnen nicht etwa, sie sollen mit dem Böller-Blödsinn aufhören. Nein, er bedankt sich bei ihnen für ihren Support.
Vogts' einsamer Dank an die deutschen Fans
Die Szenerie erinnert an den EM-Final 1996 im Londoner Wembley. Auch damals marschierte einer ganz allein Richtung Fans. Bundestrainer Berti Vogts. Es war im Wembley schon fast dunkel geworden, als diese «Berti, Berti» riefen. Und sich der Coach, der ein richtiger Anti-Croci-Torti ist, die Öffentlichkeit nie derart suchend wie der extrovertierte Tessiner, auf den 50-Meter-Gang machte. Einsam und gedankenversunken. Auch er bedankte sich damals. Mit drei Verbeugungen.
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Croci-Tortis einsamer Dank an die Lugano-Tifosi
Diese machte Croci-Torti nicht. «Ich habe den Tifosi schlicht ‹Grazie› und ‹Bravo› gesagt. Es ist nicht alltäglich, dass über tausend Fans aus dem Tessin für einen Halbfinal ins Wallis kommen», so Croci-Torti. «Das hat es sogar noch nie gegeben. Wir haben ihren Enthusiasmus gebraucht. Und wir werden ihn auch im Final brauchen.»
Tourbillon erstmals seit dem Liverpool-Spiel ausverkauft
Apropos Historie: Diese bemühte Croci-Torti, um unter Beweis zu stellen, welch geschichtsträchtiges Spiel dieses im Tourbillon gewesen sei: «Das Stadion war zum ersten Mal seit neun Jahren wieder ausverkauft. Das war damals gegen Liverpool. Also wussten wir, dass Sion zu Beginn kommen würde wie verrückt. Aber ich habe meinen Spielern gesagt, sie sollen ruhig bleiben. Das Spiel dauere 90 Minuten. Und so haben wir in diesen schwierigen Momenten zu Beginn die Ruhe bewahrt und mit Köpfchen gespielt.»
Croci-Torti ist froh, dass der Finalgegner nicht YB ist
Nun gehts also für Lugano nach Bern. Zum dritten Mal in Folge. Eine Wahnsinns-Bilanz, auf die auch Croci-Torti enorm stolz ist. Immer wieder streckt er drei Finger in die Luft. Eine Art Tessiner Rütlischwur. «Das ist eine unglaubliche Bilanz. Aber meine Spieler sind auch unglaublich.» Wer übrigens der Gegner dort sein soll, ist dem Tessiner Energiebündel völlig egal. «Ich bin einfach froh, dass es nicht YB ist. Denn die Berner wären in ihrem Stadion gewesen. Und auf dem Kunstrasen, den sie sich gewohnt sind, sind sie schon sehr stark.» Weshalb er durchaus ein «Grazie, Sion» in Richtung der Walliser aussenden kann, die den Meister und Titelverteidiger aus dem Feld geräumt haben.
Und so ist auch jetzt schon klar: Der Favorit wird dieser FC Lugano sein, der seinen fünften Cup-Triumph anstrebt und nun seit elf Spielen wettbewerbsübergreifend ungeschlagen ist.