Es ist ein aussergewöhnliches Bild. Super-League-Grössen wie YB-Captain Fabian Lustenberger, FCZ-Meisterspieler Fidan Aliti oder der frühere Nati-Spieler Moreno Costanzo drücken gemeinsam in Zuchwil SO die Schulbank. Es geht um den SFV-Grundkurs der Trainerausbildung, der aktiven und Ex-Profis offensteht.
29 Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind im November dabei. In dieser Klasse voller schillernder Namen sitzt auch Luca Tranquilli (30). Auf seinem Pullover prangt nicht ein bekanntes Logo von FCB, Sion oder St. Gallen. Sondern das Emblem des kleinen Amateurvereins Spielvereinigung Schaffhausen. Zu diesem Zeitpunkt kickt Tranquilli für die SVS – in der Stadt als «Spielvi» und als volksnahes Gegenstück zum kühlen Profibetrieb des FC Schaffhausen bekannt – in der 2. Liga interregional.
Tranquilli gibt bei der Trainerkarriere Vollgas
Weil er aber für Winterthur und Schaffhausen 151 Challenge-League-Spiele absolviert hat, kann Tranquilli am Trainer-Schnupperkurs teilnehmen und das SFV-C-Basic-Diplom machen.
Doch nun das. Tranquilli sass vor neun Monaten noch im Anfängerkurs – jetzt trifft er als Trainer der SVS schon auf Rekordmeister GC! Was für ein Einstieg. Zwei Wochen nach seinem 30. Geburtstag wartet auf den Trainerneuling eines der grössten Spiele in der Geschichte des Amateurklubs.
Tranquilli lacht und sagt zu Blick: «Dabei hatte ich mich für den Kurs damals in Zuchwil erst auf den letzten Drücker angemeldet. Nun habe ich in diese Woche aber bereits die Aufnahmeprüfung fürs B-Diplom gehabt.»
Murat Yakin sortierte ihn beim FCS aus
Da gibt einer richtig Gas, Trainer zu werden. Der Entschluss, so jung schon an die Seitenlinie zu wechseln, reift im Schaffhauser erst kurz vor besagtem Schnupperkurs. «Ich habe als Amateurspieler einfach gemerkt, dass ich doch zurück in den Fussball will», schildert er.
Denn eigentlich hatte er frustriert aufgehört. In seiner siebten Saison als Schaffhausen-Profi sortiert der damalige Trainer Murat Yakin das Eigengewächs aus, Tranquilli wechselt zum Rivalen Winterthur. 2020 zerschlägt sich ein Wechsel nach Deutschland in die 3. Liga. Mit 27 Jahren noch länger Challenge League spielen will Tranquilli nicht. Er hört ganz auf und wird Versicherungsvertreter.
Ein Jahr nach dem Rücktritt beginnt er bei der Spielvi wieder zum Plausch mit Fussball. Und dann reift eben der Plan, Trainer zu werden. Bei der SV Schaffhausen wird er nun diesen Sommer fliegend vom Spieler zum Coach. Tranquilli: «Ich hatte eigentlich eher gedacht, dass ich zum Einstieg bei einer U-Mannschaft im Spitzenfussball starte. Doch so hat es für alle Seiten gepasst.» Die Idee stammt von Vorgänger Maurizio Cannellino (45), der seinen Platz für Tranquilli frei machte und jetzt Teammanager ist.
Erstes Heimspiel als Trainer gleich im Stadion
Nun debütierte der Trainer-Youngster letzten Sonntag mit einem Sieg im Regionalcup gegen Dübendorf. Jetzt folgt noch vor seinem ersten Meisterschaftsspiel der Cup-Hit gegen GC. «Viele meiner Spieler erleben zum ersten Mal einen solchen Gegner. Wir wollen es einfach geniessen. Und GC so lange wie möglich ärgern!»
Die Affiche ist so gross, dass Tranquilli sein erstes Heimspiel als Spielvi-Coach nicht auf dem heimischen Bühlplatz erlebt, der gerade umgebaut wird, sondern sogleich im Challenge-League-Stadion des FCS. Da, wo Tranquilli selber jahrelang spielte.