Mattia Croci-Torti, sind Sie der neue Roger Federer der Schweiz?
Mattia Croci-Torti: Warum?
Weil er seine Tränen nach grossen Siegen auch öfters nicht zurückhalten konnte.
(Lacht) Der kleine Federer aus dem Tessin also. Eigentlich bin ich ja nicht der Typ, der oft weint. Aber in diesem Moment ist so vieles zusammengekommen.
Was ist in Ihnen durch den Kopf gegangen?
Ich habe diese vielen glücklichen Menschen aus dem Tessin gesehen und gedacht: «Läck du mir! Was haben wir da geschafft.» Ich war richtig stolz, auf die Spieler, den Staff, den Verein und natürlich auch auf mich.
Sie mussten sich vor dem Cupfinal auch viel Kritik anhören. Ihre forsche Art wurde kritisiert. Zudem verstanden nicht alle, weshalb sie den Fokus derart auf den Cup gelegt haben.
Ich musste Prioritäten setzen. Viele meiner Stammspieler haben ein fortgeschrittenes Alter, die brauchen mehr Erholung. Ich habe alles dem grossen Ziel Cup-Sieg untergeordnet. Ich habe provoziert, habe vor dem Spiel gesagt, dass wir den Titel holen, weil wir ihn mehr wollen als St. Gallen. Am Schluss ist alles aufgegangen. Wir haben verdient gewonnen.
Sie sind der erste Tessiner Cupsieger-Trainer. Stolz?
Ja. Ich finde, ich darf stolz sein. Ich habe alles gegeben die letzten Wochen – auch neben dem Platz. Ich habe versucht, alle Tessiner mit ins Boot zu nehmen, Begeisterung zu säen. Wenn ich sehe, dass dann gegen 10’000 Fans aus dem Tessin nach Bern gekommen, macht das schon grosse Freude. 1000 Menschen sind aus dem Mendrisiotto gekommen, da wo ich wohne. Ja, ich denke, ich bin «bravo» gewesen die letzten drei Wochen.
Zig Tessiner trugen eine Dächlikappe, wie Sie jeweils, mit Ihren Initialen «MCT» drauf.
400 solche Käpplis wurden gemacht. (Lacht) Die meisten davon haben meine Freunde, Kollegen und meine Familie getragen. Meine Frau hat für sie alle zwei Busse für nach Bern organisiert. Das war schon eindrücklich.
Wie lange haben Sie mit den Spielern noch gefeiert?
Bis drei Uhr, dann bin ich nach Hause. Ich musste ja meine Tochter am Montagmorgen um halb acht schon wieder in die Schule bringen.
Waren Sie dann schon wieder nüchtern?
Keine Angst. Ich habe viel mehr getanzt als getrunken.
Und nun wie gehts weiter?
Nun darf ich mit Lugano nächste Saison in Europa spielen. Wie schön ist das denn?! Ich bin den Klub-Verantwortlichen dankbar, dass Sie mir im letzten Sommer das Vertrauen geschenkt haben.
Sie haben es bereits zurückbezahlt.
Ich denke auch, dass Sie zufrieden sind. Aber wissen Sie, ich war keine selbstverständliche, sondern eine mutige Wahl. Ich hatte ja noch nicht mal das nötige Diplom.
Haben Sie es mittlerweile in der Tasche?
Nein, ich habe das Diplom noch nicht. Am 21. Juni ist die letzte Prüfung.
Ihre Meisterprüfung haben Sie ja schon im Final abgelegt. Mit Ihrem offensiven Startfurioso haben Sie die St. Galler überrascht…
… Danke. Stimmt schon. Unser Matchplan ist aufgegangen: Normalerweise macht ja St. Gallen den Gegner in der ersten Viertelstunde kaputt.