«Ich drücke den Bayern ganz fest die Daumen»
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Sforza vor CL-Final:«Ich drücke den Bayern ganz fest die Daumen»

Ciriaco Sforza über «seine» Bayern
«Im 1:1-Vergleich sind sie besser als PSG»

Ciriaco Sforza (50) kennt das Gefühl, den Champions-League-Pokal zu stemmen. Hier spricht der Ex-Bayern-Star über den Knüller gegen Paris SG, Intrigen bei Bayern, «Stinkstiefel»-Vorwürfe und sein Verhältnis zu Oliver Kahn.
Publiziert: 23.08.2020 um 15:12 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2020 um 19:23 Uhr
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Sforza hofft auf ein Spektakel im Final der Champions League.
Foto: freshfocus
Andreas Böni

BLICK: Ciriaco Sforza, wer gewinnt die Champions League?
Ciriaco Sforza:
Auf jeden Fall kommen da zwei Mannschaften mit unglaublicher Offensivpower, mit riesiger Dynamik. Ich hoffe auf ein Spektakel, weil beide Teams gar nicht anders können, als anzu­greifen. Und dann entscheidet die Tagesform. Ich wünsche den Bayern den Champions-League-Sieg in diesem Turnier, das mir vom Modus her übrigens super gefällt.

Wer ist im 1:1-Vergleich besser?
Die Bayern. Weil sie eine Spur mehr internationale Routine im Team haben. Und die Situation kennen. Sie spielten einen Cham­pions-League-­Final gegen Chelsea 2012, den sie ver­loren, und einen 2013 gegen Dortmund, den sie gewannen. Spieler wie Neuer, Boateng, Müller oder Alaba kennen solche Situationen und packen es darum aus meiner Sicht.

Sie sind selbst Champions-League-Sieger. Wie erinnern Sie sich an den Triumph 2001 gegen Valencia?
Es war ein schönes Erlebnis in Mailand, eine tolle Atmosphäre im Stadion und eine sehr intensive Partie gegen Valencia, auch wenn wir am Schluss erst im Elfmeterschiessen gewannen. Wie heute marschierte die Mannschaft, war hungrig. Dass wir die Meisterschaft in letzter Sekunde in Hamburg gewannen, damals im Fernduell mit Schalke, gab den letzten Kick.

Wie war die Feier?
Sehr ausgelassen. Ist doch klar, auf dieses Ziel arbeitest du die ganze Saison hin.

Sie sassen im Final auf der Bank. Wie Xherdan Shaqiri, bei dem es dann immer heisst: Ach, der hat ja nicht gespielt.
Ich habe im Halbfinal gegen Real Madrid von Anfang an gespielt – vier Monate nach einer Meniskusoperation. Ich wäre auch im Final Stammspieler gewesen, aber das Risiko war zu gross, weil ich aus einer Verletzung kam. Ottmar Hitzfeld wollte nicht mit einem Angeschlagenen spielen. Klar war ich im ersten Moment ein wenig enttäuscht, aber heute überwiegt der Stolz.

Es war eine bewegte Saison damals. 2000 setzte sich Trainer Ottmar Hitzfeld gegen die Widerstände von Präsident Franz Beckenbauer und Vize Karl-Heinz Rummenigge durch und holte Sie.
Ich polarisierte halt. Und mit Karl-Heinz Rummenigge passierte vorher dieser «Stinkstiefel»-Vorfall.

Wie kam der zustande?
Rummenigge war in der Bayern-Kabine und schüttelte jedem Spieler die Hand. Auch mir, aber in dem Moment schaute er schon dem nächsten ins Gesicht. Ich sagte ihm, dass man einem Menschen beim Händeschütteln in die Augen schaue. Ab jenem Moment war Schluss. Er sagte diesen Ausdruck über mich, und ich war in der Schublade. Es blieb lange an mir haften, obwohl ich alles andere als ein Stinkstiefel war.

Warum tat er das?
Vielleicht, weil ich es vor allen anderen Spielern so direkt sagte. Das war natürlich sehr unreif von mir. Heute würde ich es unter vier Augen sagen. Aber eben: Auch das gehört zur Persönlichkeitsbildung. Ich habe ihn seither zwei-, dreimal getroffen, jetzt ist alles wieder gut.

Nach einem halben Jahr haben Sie Mobbing-Vorwürfe erhoben. Was war passiert?
Es passierten Sachen, die ich nicht fair fand und intern angesprochen habe. Mehr will ich nicht mehr da­rüber sagen. Das ist so was von passé.

Persönlich

Ciriaco Sforza kam im Aargau zur Welt und ging mit 16 von Wohlen zu GC. 1991 wurde er erstmals Schweizer Meister und wechselte bald in die Bundesliga. Mit Kaiserslautern (1993–95, 1997–2000 und 2002–06) wird er als Captain Meister im Jahr 1998. Mit Bayern (1995–96 und 2000–2002) holt er die Meisterschaft, Champions League, den Weltpokal, den DFB-Pokal und den Uefa-Cup. Für die Nati macht Sforza 79 Spiele. Als Trainer arbeitete er für Luzern, GC, Wohlen und Thun. Nun ist er beim FC Wil unter Vertrag.

Sforza ist Papa von Gianluca (24) und Luana (21) aus erster Ehe. Mit seiner Freundin ist er nun Vater von Estelle (5) und Leon (3).

Ciriaco Sforza kam im Aargau zur Welt und ging mit 16 von Wohlen zu GC. 1991 wurde er erstmals Schweizer Meister und wechselte bald in die Bundesliga. Mit Kaiserslautern (1993–95, 1997–2000 und 2002–06) wird er als Captain Meister im Jahr 1998. Mit Bayern (1995–96 und 2000–2002) holt er die Meisterschaft, Champions League, den Weltpokal, den DFB-Pokal und den Uefa-Cup. Für die Nati macht Sforza 79 Spiele. Als Trainer arbeitete er für Luzern, GC, Wohlen und Thun. Nun ist er beim FC Wil unter Vertrag.

Sforza ist Papa von Gianluca (24) und Luana (21) aus erster Ehe. Mit seiner Freundin ist er nun Vater von Estelle (5) und Leon (3).

Rummenigge war sofort zur Stelle, sagte: «Sforza muss erst mal seine Leistung extern bringen. Er muss auch lernen, selbstkritisch und nicht so empfindlich zu sein. Ein Spieler seiner Güteklasse sollte sich sachlicher Kritik stellen.»
Heute sage ich: Da hatte er vollkommen recht! Ich scheute und scheue nie eine Diskussion – aber ich habe gelernt, immer bei mir anzufangen und zu hinterfragen.

Ein ehemaliger Mitspieler, Oliver Kahn, ist nun in der Führung bei Bayern. Eine gute Lösung?
Für mich ist dies das Beste, was Bayern machen kann. Mensch, Marketing, Persönlichkeit, Qualität, Loyalität, Vergangenheit – bei Oli passt alles. Hut ab, besser gehts nicht. Wir hatten vom ersten Tag an einen super Draht, weil ich diese Winnermentalität mochte. Andere nannten ihn arrogant, aber für mich hatte er einfach Ecken und Kanten. Und was er tut, hat Hand und Fuss.

Hören Sie sich noch?
Ab und zu haben wir Kontakt, über Whatsapp.

Er sagte mal über Sie: «Er war eine Art Dirigent auf dem Platz. Ein kluger Spieler, aber sehr sensibel. Man musste mit ihm sehr behutsam umgehen, sonst war er einer, der schnell die Motivation ver­loren hat.»
Das kann ich heute hundertprozentig unterschreiben. Auch hier, Sie sehen, ich hatte eine Menge dazuzulernen. Bayern war für mich die beste Lehre als Trainer und Person.

Wie viel Einfluss nimmt der zurückgetretene Uli Hoeness noch?
Schon noch viel. Das ist auch richtig so. Aber er unterstützt, redet nicht rein. Wenn du bei Bayern bist und bei ihm keine Tipps holst, dann machst du etwas falsch.

Kennen Sie auch Hansi Flick?
Natürlich, wir trafen uns immer mal wieder bei den Trainertagungen, da ich meine Trainerscheine ja in Deutschland machte. Ein ruhiger Mensch, der als Assistent von Jogi Löw auch viel lernte und dann im richtigen Moment gute Spieler zur Seite hatte. Er hat bei Bayern Freude reingebracht, weil er mutig und positiv war. Plötzlich blüht ein Thomas Müller wieder auf. Das ist sein Verdienst.

Legendär an Ihrem Bayern-Abenteuer war ein TV-Beitrag von 1995. Dort wurden Sie mit der versteckten Kamera hochgenommen. Wie war das damals?
Die Leute sprechen mich noch heute darauf an, das heisst, es muss wirklich top gewesen sein (lacht). Ich sass in der Wohnung von Mitspieler Hansi Müller, als im TV vermeldet wurde, ich sei zu Inter Mailand verkauft worden. Natürlich eine gefälschte Sendung nur für mich, mit Stimmen von Bayern- und Inter-Spielern zum Wechsel. Ich war fassungslos. Eigentlich spürte ich den ganzen Tag, dass etwas nicht stimmt ... Aber dass die einen derart grossen Aufwand betreiben, um mich reinzulegen ... Das werde ich nie vergessen.

Mit Inter erreichte Ihr zweiter Ex-Klub den Europa-League-Final, verlor gegen Sevilla. Wann holen die Mailänder den Scudetto?
Ich hatte drei Klubs im Ausland, und zwei spielen um die internationalen Titel – verrückt, nur Kaiserslautern läuft es nicht so gut. Inter hat einen guten Schritt gemacht. Der Unterschied zu Juventus ist einfach, dass in Turin meist Ruhe herrscht und klare Strukturen. In Mailand ist immer Hektik, Unruhe um den Klub. Das saugt Energie. Das ist der grosse Unterschied.

Wollten Sie als Ausbildungstrainer nie im Nachwuchs von Inter oder Bayern arbeiten?
2006 bot mir der FC Luzern den Cheftrainerposten an und ermöglichte es mir, parallel in Köln den Fussball-Lehrer-Lehrgang des DFB zu absolvieren. Das war für mich eine ideale Chance. Darum zog es mich in die Schweiz zurück. Bei Bayern lernte ich, dass ich immer gewinnen will. Aber für mich ist es auch ein Sieg, wenn ich einen jungen Spieler weiterentwickelt habe. Wie bei Wil. Wir haben die jüngste Mannschaft der Challenge League. Über 200 Mal spielte ein Junger unter U21 von Anfang an in der letzten Saison, das ist Rekord. Trotzdem wurden wir Sechster, spielten tollen Fussball und brachten zehn Spieler in die Super League. Das heisst: Wir haben top gearbeitet, wir haben gewonnen. Nun holen wir neue Junge und entwickeln sie wieder. Ich finde das wunderbar.

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