Blick: Philipp Bonorand, Sie treten Ende Saison zurück, weil Sie nicht mehr genug Energie fürs Amt des FCA-Präsidenten haben. Wie äussert sich das?
Philipp Bonorand: Seit der Entlassung von Trainer Stephan Keller im November sind Dinge vorgefallen, die mich emotional sehr belasten. Angefangen damit, dass ich eigentlich gegen die Entlassung von Keller war, die Meinung der Mannschaft aber nicht ignorieren konnte. Vor zwei Wochen trennten wir uns von unserem Geschäftsführer Roland Baumgartner, seither teilen Sportchef Sandro Burki und ich uns seine Aufgaben. Seit bald einem Monat arbeite ich pausenlos. Neben dem FC Aarau, den ich in der Freizeit führe, führe ich ein Unternehmen mit über 100 Angestellten im Vollamt. Der Körper hat in den vergangenen Tagen begonnen zu rebellieren: Mit Kopfschmerzen, Gereiztheit - ich komme nicht mehr zur Erholung, funktioniere nur noch, statt die Arbeit auch zu geniessen. So konnte es nicht weitergehen, aus diesem Zustand muss ich raus. Was ich in den nächsten Tagen brauche, sind Abstand und Ruhe. Es ist aktuell aber natürlich nicht gerade einfach, diese bei all den noch anstehenden Arbeiten zu finden.
Im «Blick-Kick» hat Markus Babbel gesagt, er fände einen Rücktritt wegen der Fan-Krawalle am Wochenende falsch. Nun wirkt es so, als würden Sie genau deswegen gehen.
Ich verstehe, was Babbel meinte. Aber er kennt mich und die Fans und den FC Aarau nicht gut genug, um das beurteilen zu können. Mit ihrem Verhalten wollten die Fans bestimmt nicht erreichen, dass ich zurücktrete. Das habe ich anhand ihrer Reaktionen auf den Rücktritt gespürt. Trotzdem verurteile ich die Ausschreitungen aufs Schärfste. Sie haben bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht und waren zum Schluss das letzte Puzzleteil für meinen Entscheid. Wie gesagt, ist aber bereits zuvor vieles passiert, was mich beschäftigt und meine Werte in Frage gestellt hat.
Was denn genau?
Rund um den FC Aarau herrscht eine Erwartungshaltung, die nicht realistisch ist. Die Erfolge aus der Vergangenheit sind für viele immer noch der Gradmesser. Doch der Meistertitel 1993 und der Cupsieg 1985 waren einmalige Ausreisser, seither hat sich der Fussball extrem verändert. Der Abstand zu den Grossklubs ist aus FCA-Sicht viel grösser geworden. Es fehlt leider das Verständnis und das Wissen, was für einen Verein wie den FC Aarau realistisch und machbar ist.
Aber die Klubleitung hat Anfang Saison den Aufstieg zum Ziel ausgerufen ...
In der Challenge League gibt es mehrere Klubs, die finanziell gleich lange Speere haben wie wir – nur ist das den Leuten nicht bewusst. Hätten wir nach der letzten Saison, in der wir wegen eines Tores nicht aufgestiegen sind, bei der aktuellen Ausgangslage mit einem zusätzlichen Aufstiegsplatz nicht auf die Zielsetzung Super League gesetzt, wären wir dafür kritisiert worden. Der FC Aarau vollführte letzte und diese Saison einen Kraftakt, um den Aufstieg zu schaffen. Nun wird das ziemlich sicher nicht klappen – und ja, das ist enttäuschend. Aber wir werden nicht absteigen und sind ein gesunder Klub, darum kann ich die Heftigkeit der Kritik nicht nachvollziehen.
Haben Präsidenten eines Fussballklubs einen undankbaren Job?
Auf jeden Fall keinen dankbaren. Ich habe das Amt sehr gerne ausgeübt, es war sehr interessant, weil ich dadurch mit vielen spannenden Menschen in Kontakt gekommen bin. Die andere Seite ist: Man arbeitet viel und gratis, bietet im Bedarfsfall finanzielle Unterstützung und wird dann in einem Ausmass kritisiert, mit dem ich nicht mehr klarkomme. Andere können damit vielleicht besser umgehen, aber es braucht auf jeden Fall viel Idealismus. Es ist kein Zufall, dass die Leute für diese Jobs nicht gerade Schlange stehen.
Wie geht es nun weiter?
Es gilt, eine Nachfolgelösung zu finden. Mir selbst fehlen dazu aktuell die Ressourcen, und ich bin aufgrund meiner eigenen Erlebnisse momentan wohl auch nicht der beste Werbeträger für Personen mit ähnlichem Profil wie meinem. Im Klub muss man sich entscheiden: Will man wieder eine Person im Ehrenamt oder will man wie in St. Gallen, Thun oder Luzern einen vollamtlich angestellten Präsidenten, der zugleich auch die Rolle eines CEO ausfüllt. Für die Zukunft des FC Aarau sollte man aus meiner Sicht zwingend auch solche moderneren Modelle prüfen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Thun | 14 | 14 | 28 | |
2 | FC Etoile Carouge | 14 | 6 | 26 | |
3 | Neuchatel Xamax FCS | 14 | -3 | 22 | |
4 | FC Aarau | 14 | 5 | 21 | |
5 | FC Vaduz | 14 | -2 | 20 | |
6 | FC Wil | 14 | 4 | 18 | |
7 | FC Stade-Lausanne-Ouchy | 14 | 6 | 16 | |
8 | AC Bellinzona | 14 | -7 | 16 | |
9 | FC Schaffhausen | 14 | -5 | 15 | |
10 | FC Stade Nyonnais | 14 | -18 | 10 |