Brunner: «War überrascht von meinem eigenen Rücktritt»
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Brunners kurioses Ende:«War überrascht von meinem eigenen Rücktritt»

Cedric Brunner über Karriere-Ende
«Ich wurde von meinem eigenen Rücktritt überrascht»

Ex-FCZler Cedric Brunner erklärt in einer Spezialfolge des Blick-Podcasts «FORZA!» offiziell seinen Rücktritt vom Profifussball. Der 31-Jährige spricht über seine Erfahrungen nach dem Fussball, seine Zukunftspläne und über ein verpasstes Happy End in Zürich.
Publiziert: 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 14:06 Uhr
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Bis im Sommer hat der Zürcher Cédric Brunner bei Schalke 04 gespielt.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

  • Cedric Brunner beendet Profikarriere und wechselt zum FC Wollishofen
  • Brunner hatte Angebote aus der 2. Bundesliga und Australien abgelehnt
  • Drei Saisons lang war er Stammspieler in der Bundesliga
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias WedermannFussballchef

Blick: Cedric Brunner, Sie waren gerade mit dem FC Wollishofen im Trainingslager in Marbella. Wie war das?
Cedric Brunner: Eine anstrengende und neue Erfahrung. Ich bin mehr Fussball gewohnt und habe noch nie erlebt, dass ein Ausgang zwei- bis dreimal als obligatorischer Programmpunkt festgelegt wurde.

Am 28. Januar wurde bekannt, dass Sie sich dem FC Wollishofen in der 3. Liga anschliessen und dem Profifussball den Rücken kehren. Einen offiziellen Rücktritt gab es allerdings nie.
Ich war selbst überrascht von meinem eigenen Rücktritt. (lacht) Die Kommunikation war so nicht geplant. Vom FC Wollishofen wurde die Nachricht über ein kleines Portal veröffentlicht, dann gelangte sie über den Blick bis nach Deutschland. Sogar mein Berater hat erst aus dem «Kicker» von meinem Rücktritt erfahren.

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Gab es einen bestimmten Moment, in dem Sie entschieden haben mit «Das wars»?
Nein, ich bin eine Person, die sich schwer damit tut, Entscheidungen aktiv zu treffen. Das ist ein Punkt, an dem ich in meinem neuen Leben arbeiten möchte. Eigentlich habe ich ja immer noch keinen offiziellen Rücktritt erklärt.

Ihre Aussagen klingen aber nach Rücktritt.
Ja, dann mache ich das hiermit offiziell: Ich trete aus dem Profifussball zurück.

Sie waren bis zum Sommer bei Schalke 04 und anschliessend vereinslos. Gab es keinerlei Angebote?
Im Sommer hatte ich Angebote aus der 2. Bundesliga, doch ich wollte nicht mehr in Deutschland bleiben. Im Herbst war es eine wilde Zeit – fast täglich erhielt ich Nachrichten von Beratern, oft auch über Instagram, mit Angeboten aus der Türkei, dem Iran oder Australien.

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Plötzlich hatte ich Freiheiten und konnte meine Wochenenden selbst planen. Auf der anderen Seite brach Fussball als meine grösste Lebenssäule weg – und da fällt man in eine Art Loch.
Ex-Fussball-Profi Cédric Brunner
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Und nichts wurde konkret?
Ich hätte grosse Lust auf ein Abenteuer gehabt. Australien wäre genau das gewesen: etwas Neues, raus aus Europa. Eine Einigung stand kurz bevor, doch der Club wollte, dass ich meine Wohnung und mein Auto mit einem Teamkollegen teile. Mit 30 hatte ich keine Lust mehr auf ein Studentenleben.

Wie haben Sie die ungewisse Zukunft im Herbst erlebt?
Spannend, aber auch orientierungslos. Plötzlich hatte ich Freiheiten und konnte meine Wochenenden selbst planen. Auf der anderen Seite brach Fussball als meine grösste Lebenssäule weg – und da fällt man in eine Art Loch.

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Wie meinen Sie das?
Ich habe mir viele Gedanken gemacht: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Finde ich noch etwas? Was kommt auf mich zu? War es das jetzt? Was soll ich mit meinem Leben anstellen? Tagsüber war ich oft zufrieden, aber abends, kurz vor dem Einschlafen, raubten mir diese Gedanken den Schlaf.

Haben Sie das Stadion, den Fussball, die Kabine und die Emotionen vermisst?
Natürlich. Es ist vergleichbar mit einer Sucht. Als Fussballer bist du süchtig nach diesem Kick, den Emotionen, dem Adrenalin, wenn dir ein volles Stadion zujubelt. Körper und Geist vermissen das. Es ist schwierig, von diesem Leben mit krassen Ausschlägen – nach oben wie nach unten – von einem Tag auf den anderen in ein normales, ausgeglichenes Leben zu wechseln. Jetzt verstehe ich, warum viele Spieler nach der Karriere in ein Loch fallen oder süchtig nach Glücksspiel oder Drogen werden.

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Davor hatte ich grosse Angst. Der Verlust von Anerkennung. Dass sich Leute von mir abwenden, wenn ich diesen Fussballer-Status nicht mehr habe.
Ex-Fussball-Profi Cédric Brunner
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Welche Sucht haben Sie für sich als Kompensation entdeckt?
Ich habe mich in den Sport geflüchtet, das muss ich zugeben. Sonst wäre ich heute wohl nicht so fit – fitter als je zuvor in meinem Leben. Das war auch eine Art Zeitvertreib für meinen neuen Alltag.

Wie hat sich Ihr Umfeld verändert, nachdem Sie nicht mehr wöchentlich in den grossen Arenen aufgetreten sind?
Davor hatte ich grosse Angst. Vor dem Verlust von Anerkennung. Dass sich Leute von mir abwenden, wenn ich diesen Fussballerstatus nicht mehr habe.

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Und wie war es schlussendlich?
Zum Glück habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen, die mir etwas bedeuten, auch ohne Fussball zu mir stehen und sich für mich als Mensch interessieren. Eine sehr schöne Erkenntnis.

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Ich wollte ja in Zürich bleiben, doch mir wurde ein Vertrag mit schlechteren Konditionen als zuvor angeboten. Seither ist die Tür zu – und wir werden uns in diesem Punkt wohl nicht mehr einig.
Cédric Brunner über seinen FCZ-Abgang
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Neben dem Abenteuer war auch eine Rückkehr zu Ihrem Jugendklub, dem FCZ, stets ein Wunsch. Anfang des Jahres wurde Präsident Ancillo Canepa zu einer möglichen Rückkehr befragt. Seine Antwort: Eigengewächse, die ablösefrei den Club verlassen und sich weigern, ihren Vertrag zu verlängern, kommen nicht mehr zurück zum FCZ. «Wenn einer einfach verreist, eine Signing Fee kassiert, der Berater auch noch kassiert und der Club, der ihn ausgebildet hat, leer ausgeht – das hat etwas mit Charakter zu tun. Und da gibts kein Zurück. Es gibt Grenzen des Anstands.» Was haben Sie gedacht, als Sie das gehört haben?
Im ersten Moment musste ich schmunzeln. Ich mag es nicht, wenn Unwahrheiten über mich verbreitet werden und mein Charakter sowie mein Anstand infrage gestellt werden. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich nie dem grossen Geld hinterhergerannt bin. Das kann ich sogar schwarz auf weiss beweisen.

Was genau?
Mein Wechsel zu Bielefeld in die 2. Bundesliga war überhaupt nur möglich, weil ich ablösefrei war. Ich habe nicht einen Euro Signing Fee erhalten. Zudem wollte ich ja in Zürich bleiben, doch mir wurde ein Vertrag mit schlechteren Konditionen als zuvor angeboten. Seither ist die Tür zu – und wir werden uns in diesem Punkt wohl nicht mehr einig.

Sind Sie überzeugt, dass Sie dem FCZ in sportlicher Hinsicht hätten helfen können?
Ja, das denke ich schon. Allein schon mit meiner Erfahrung aus Deutschland, meiner Art und Weise, wie ich bin und wie ich Fussball lebe und spiele. Ich habe viele Reaktionen von Fans erhalten, die mich gerne nochmals im FCZ-Trikot gesehen hätten. Doch es kam nun mal nicht mehr zu diesem romantischen Happy End. Einige Personen im Management haben andere Pläne – das gilt es zu akzeptieren.

Sie wurden mit dem FCZ zweimal Cupsieger, waren bei Arminia Bielefeld mittendrin in der spektakulären Aufstiegssaison, sind aber auch mit jedem Ihrer drei Clubs abgestiegen. Wie blicken Sie auf Ihre Karriere zurück?
Ich glaube, es wird noch eine Weile dauern, bis ich das richtig beurteilen kann. Aber ich denke, dass ich mit meinem Talent das Maximum aus meiner Karriere herausgeholt habe. Ich war drei Saisons lang Stammspieler in der Bundesliga – das hätte ich mir nie erträumen können. Ich bin super happy, habe sehr viel Schönes erlebt, aber auch viele heftige Situationen, aus denen ich für mein Leben lernen kann.

Was bringt die Zukunft für Sie neben dem FC Wollishofen in der 3. Liga?
Ich freue mich auf dieses neue Leben und den Orientierungsprozess. Zusammen mit einem guten Freund habe ich in Zürich ein kleines Gym mit dem Namen The Box eröffnet, wo wir Klassen anbieten. Die Resonanz ist sehr positiv. Zudem betreibe ich mit ein paar Kumpels drei Cafés in Düsseldorf. Kurzfristig werde ich mich ausserdem der Icon League anschliessen und dort auf dem Fussballfeld zu sehen sein. Mittel- und langfristig ist meine Lebensplanung allerdings noch nicht konkret.

Ob sich Cédric Brunner eine Zukunft im Fussball vorstellen kann, warum sich der FC Seefeld über ihn geärgert hat, ob er als Star beim FC Wollishofen den ganzen Klub durcheinanderbringt und wie dramatisch er den Abstieg mit dem FCZ erlebt hat, kannst du jetzt auf allen Podcast-Plattformen, auf Youtube und Blick.ch anhören. 

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