Erich Vogel nimmt bei Yakin kein Blatt vor den Mund
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Er hat ihn gross gemacht:Erich Vogel nimmt bei Yakin kein Blatt vor den Mund

Erich Vogel spricht Yakin-Klartext
«Muri wird von seinem Clan ausgenutzt»

Manager-Legende Erich Vogel (82) nimmt im Blick Kick kein Blatt vor den Mund, wenn er über den neuen Nati-Coach Murat Yakin (46) und dessen Umfeld spricht. Der frühere GC-Sportchef über Muris Schwächen, seinen Clan – und darüber, wer sich unter ihm lieber warm anzieht.
Publiziert: 15.08.2021 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2021 um 17:09 Uhr
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Erich Vogel spricht Klartext zur Nati-Trainer-Wahl von Murat Yakin.
Foto: Blicksport

Blick: Erich Vogel, waren Sie überrascht, dass Murat Yakin Nati-Trainer wird?
Erich Vogel: Ja, das hätte ich dem Verband wirklich nicht zugetraut. Wenn ich die Kandidaten gesehen habe: Muri und Raphaël Wicky auf derselben Liste. Das ist wie Feuer und Wasser, das geht nicht. Ich hatte das Gefühl, sie gehen einen anderen Weg.

Glauben Sie, Nati-Direktor Pierluigi Tami hätte selbst auch noch Ambitionen auf den Job gehabt?
Natürlich. Er fühlt sich auf dem Trainingsplatz wohl. Bei der jetzigen Arbeit kann er nicht all seine Stärken ausspielen. Aber niemand hat ihn lanciert. Weder der Verband, noch die Medien. Aber dieser Job wäre eigentlich das gewesen, auf das er innerlich gewartet hatte. Er hätte ihn gerne übernommen.

Yakin hat angekündigt, das Thema Nationalhymne intern anzusprechen. Können Sie sich vorstellen, dass er es hinbringt, dass alle Spieler vor Anpfiff singen werden?
Nein, ich glaube nicht, dass ihn dieses Thema allzu sehr interessiert. Er ist ein Trainer, der sich auf den Fussball fokussiert und im privaten Bereich überhaupt nicht eingreift. Er macht keine Kontrollen. So wie er früher auch nicht gerne kontrolliert wurde. Er behandelt die Menschen, wie er selbst gerne behandelt wird. Muri kommt sehr authentisch rüber. Er macht alles für den Erfolg.

Als FCB-Trainer hatte er einst Zoff mit Valentin Stocker. Jetzt denkt er über eine Rückkehr des Baslers Captains in die Nati nach. Meint er das ernst?
Ich glaube schon. Es überrascht mich überhaupt nicht. Stocker ist ein schwieriger Spieler, das wissen wir. Aber er kann Partien eben auch entscheiden – und wir haben auf der linken Seite in der Nati noch Probleme.»

Welche Stolpersteine sehen Sie für Yakin als Nati-Trainer?
Jene, die sich am wärmsten anziehen müssen, sind die Innenverteidiger. Er selbst war als ein solcher Weltklasse. Er war überragend. Ich mag mich erinnern: Arsène Wenger wollte ihn einst zu Arsenal holen, als Mittelfeldspieler. Da sagte ich ihm: Arsène, sie holen einen künftigen Weltklasse-Innenverteidiger. Keinen Mittelfeldspieler. Aber er hat mir nicht geglaubt – und Muri letztlich auch nicht genommen. Jetzt wird sich Murat ganz genau mit der Abwehr beschäftigen. Da macht ihm niemand etwas vor. Die Verteidiger müssen sich sehr warm anziehen.

Glauben Sie, er wird mit Dreier- oder Viererkette spielen?
Das weiss ich nicht. Muri kann alles, das ist bei ihm keine Systemfrage. Er wird wohl nicht so viel ändern. Es dürfte wohl eher ein defensiverer Fussball werden, nicht so wie unter Vladimir Petkovic. Dieser war ein Monsieur. Ich habe ihn noch als Spielmacher in Bellinzona gesehen. Er ist nicht allzu viel gelaufen, eher das Minimum. Aber er war ein genialer Spieler. Und so war er auch als Trainer.

Auf welche Verteidiger wird Yakin setzen?
Er hat Fabian Schär, den er einst bei Luzern überhaupt nicht wollte, ihn später bei Basel aber zu einem Top-Verteidiger geformt hat. Und er wird auch Manuel Akanji noch einiges beibringen. Beide können noch enorm von ihm profitieren.

Was sind Yakins Schwächen als Trainer?
Er ist ein sehr liebenswürdiger Mensch, aber wenn es um den Fussball geht, hat er klare Ideen. Jene, die diese mittragen, schliesst er ins Herz. Wenn er aber Opposition spürt, dann bekommt der Spieler grosse Probleme.

Also wie damals beim FCB?
Er hatte Probleme mit den beiden Degens und mit Alex Frei. Es wäre eigentlich die Aufgabe von Sportchef Georg Heitz gewesen, diesen klar zu machen, dass ihre Karriere fertig ist. Aber das hat dann Yakin gemacht. Und...

Ja?
Das war das einzige Mal, dass ich dachte: Da bist du aber ein bisschen naiv reingelaufen. Er stellte Frei auf den linken Flügel, die Degens setzte er auf die Tribüne. Der nächste wäre Marco Streller gewesen. Und dieser hat gemerkt: Muri wird mich irgendwann wohl als linker Aussenverteidiger bringen. Und dann ist er zu Heitz und Präsident Bernhard Heusler gegangen. So ist Muri dann in Basel gekillt worden. Die Resultate hätten eigentlich total für ihn gesprochen. Es war im Nachhinein eine riesige Fehlentscheidung, ihn zu entlassen. Aber er hat da natürlich eine Aufgabe übernommen, die ein guter Sportchef hätte übernehmen müssen.

Sie haben Muri als er 17 war zu GC geholt. Wie ist er als Mensch?
Hochanständig, sehr sensibel, gut erzogen. Er hat sich (aufgrund seiner Familiensituation, d. Red.) vermutlich selbst erzogen. Man wird mit ihm sehr schnell einmal warm. Er hat nur ein grosses Problem. Nämlich, dass er nicht Nein sagen kann – er wird ausgenutzt. Er hat einen riesigen Clan, was bei türkischen Familien ja ganz normal ist. Aber er weiss ganz genau, dass er von seinem 50er-Clan ausgenutzt wird. Er möchte sich eigentlich zwischendurch mal absetzen, kriegt das aber nicht hin. Das hat natürlich auch mit seiner Mutter Emine zu tun, der Chefin des Clans. Im Fussball hingegen ist man fast schockiert, wenn man sieht, wie Muri mit den Menschen umgeht.

Wie meinen Sie das?
Da ist er gnadenlos. Da hat er seine ganz klaren Vorstellungen, sein Sieger-Gen. Wer nicht mitzieht, kommt unter die Räder, dann kann er ihn das nächste Mal nicht mehr aufbieten. Das ist der Unterschied zu einem Klub. Er hat ja auf Vereinsebene schon viel Erfolg gehabt, aber ich glaube, in der Nati ist er deshalb noch viel besser. Er war mit riesigem Abstand der beste Trainer, der zu haben war.

Wie haben Sie die anderen Kandidaten gesehen?
Lucien Favre wird nie Nati-Trainer werden. Urs Fischer? Er wäre ja blöd gewesen, Union zu verlassen. Wenn man sagt: Muri war nur die Nummer fünf auf der Liste. Dann sage ich: Zum Glück haben die anderen abgesagt! Denn Murat Yakin ist der beste Kandidat. Man muss ihn einfach nehmen, wie er ist.

Aber Yakin umgibt sich ja auch sonst mit ganz vielen Leuten, hat ein grosses Umfeld auch im Fussball. Kann das nicht zum Problem werden?
Das sind Clan-Mitglieder...

... Roland Klein vom FC Schaffhausen beispielsweise zählen Sie zu den Clanmitgliedern also.
Nun, ich kenne ja die allermeisten nicht. Aber ich weiss, wie Muri funktioniert. Wenn man so viele Kollegen um sich hat, ist das Problem meistens, dass sie dir ihre Meinung nicht ehrlich sagen.

Wie ist das Verhältnis von Murat zu seinem Bruder Hakan?
Das ist recht angespannt. Hakan hatte damals alles gemacht, damit Muri als Trainer nach Luzern kommt. Drei Monate später hat Murat ihn auf die Tribüne gesetzt. Auch vor dem eigenen Bruder macht er nicht halt. Das hat mich schon auch erstaunt.

Trägt ihm Hakan dies bis heute nach?
Das weiss ich nicht. Ich kenne Murat schon besser als Hakan. Aber Muri scheut sich eben nicht vor solchen Entscheiden. Er hat vor nichts Angst. Und er ist finanziell unabhängig. Das ist sein grosser Vorteil.

«Wer nicht mitzieht, wird nicht mehr aufgeboten»
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Erich Vogel über Murat Yakin:«Wer nicht mitzieht, wird nicht mehr aufgeboten»
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