Markus Babbel (49) und Patrick Rahmen (52) – es verbindet sie ein Vertrauensverhältnis. Von 2016 bis 2017 ist Rahmen Babbels Assistent beim FC Luzern. Der Blick-Kick-Experte versteht Rahmens Entlassung nicht mal im Ansatz.
Blick: Markus Babbel, schon im Dezember verweigerte Klub-Boss David Degen Patrick Rahmen die Rückendeckung. Waren Sie überrascht, dass er dann trotzdem Trainer blieb?
Babbel: Ja. Ich sagte Pati damals schon, dass er das als Trainer nicht überleben wird. Weil er mit jemandem zusammen arbeiten muss, der nicht auf ihn steht. Das war früher oder später zum Scheitern verurteilt. Weil du an einem Strang ziehen musst in einem Klub. Und das hat David Degen definitiv nicht gemacht. Er hat Pati nicht unterstützt und mehr oder weniger alles dafür getan, dass der Trainer scheitert.
Hätte man schon im Winter wechseln müssen?
Das verstehe ich bis heute nicht. Denn selbst für einen, der nicht nahe dran ist, war ersichtlich, dass er mit Patrick Rahmen nicht kann. Manche Dinge muss man nicht verstehen.
Gut, aber die Handschrift auf dem Feld liess zu wünschen übrig.
Das ist ja das nächste. David Degen erzählt immer, dass er das Bestmögliche für den FC Basel will und dann schmeisst man mit Dreck. Als Rahmen übernahm, musste man Angst vor der Barrage haben. Dann führte er sie noch in den internationalen Wettbewerb und hat einen überragenden Saisonstart. Was passiert dann? Am letzten Tag der Transferfrist holt Basel vier Spieler. Obwohl die ganze Sportkommission dagegen ist. Es war ein Alleingang von David Degen. Das zeigt mir, dass er ein totaler Egoist ist. Dass er nur macht, was er will.
Gut, aber er ist der Hauptaktionär. Wenn Du zahlst, darfst du auch befehlen.
Dann brauche ich aber auch keine Kommission. Dann brauche ich mich auch nicht zusammensetzen. Dann ist es wie bei Christian Constantin. Da weisst du wenigstens: Der macht alles und ich muss das als Trainer akzeptieren. In Basel ist es so, dass es eine Kommission gibt. Wenn dann alle dagegen sind, und nur der eine sich durchsetzt, weil er zahlt – dann geht das nicht.
Von den neuen Spielern hat Rahmen keinen weiter gebracht.
Er hat doch Spieler besser gemacht und dem FC Basel einen Haufen Geld gebracht. Cabral für 19,5 Millionen zu Fiorentina, Zhegrova für 9 Millionen zu Lille – plus hat er den Conference-League-Achtelfinal erreicht, wo man gegen Marseille vor voller Hütte spielen darf. Also: Er ist ein Trainer, der 30 Millionen bringt. Da frage ich mich: Was war jetzt daran so schlecht?
Da sind Sie mit den Zahlen vielleicht ein wenig hoch.
Aber nochmals: Es hat doch junge Spieler, die sich entwickelt haben. Und das ist das, was ich bei Degen nicht verstehe. Er will lauter junge Spieler und dass jeder sofort durch die Decke geht. Das zeigt mir eben wieder, dass er keine Ahnung von der Materie hat. Er war zwar Spieler, aber hat offenbar schon vergessen, wie es war, als er jung war. Du hast das eine oder andere Talent, das sofort funktioniert. Aber bei vielen brauchst du Zeit, um die Schwankungen rauszubekommen. Und die Geduld haben sie einfach nicht gehabt. Dann im Nachhinein so einen Blödsinn zu erzählen, das ist enttäuschend. Nein, es war von langer Hand geplant. Da werden jemandem Dinge unterstellt, wo es nichts zu kritisieren gibt. Nur weil einem der Trainer aus persönlichen Gründen nicht gefällt.
Ja, aber in die Kategorie Laptop-Trainer gehört Rahmen nicht wirklich.
Wenn jemand nicht Deinen bevorzugten Trainer-Stil hat, musst Du Dich trennen, das ist völlig in Ordnung. Aber dann machs in der Winterpause, dann hätte der neue Trainer eine Vorbereitung gehabt. Oder ziehs durch bis Sommer. Rahmen hat über zwei Punkte im Schnitt pro Spiel geholt und 30 Millionen eingespielt. Also wenn das schlechte Arbeit ist, dann falle ich vom Glauben ab. Aber...
...bitte.
Eben: Das Wichtigste ist, dass man den ganzen Support vom Verein hat. Ob man es will oder nicht, der Trainer ist die wichtigste Person für einen Klub. Solange man ihn hat, muss man ihn zu hundert Prozent supporten. Das hat David Degen nicht gemacht und muss dann nicht so einen Müll faseln, dass nur der FC Basel zähle. Hier war er ein Egoist und hat dem FC Basel keinen Gefallen getan.
Ein Zankapfel ist Sebastiano Esposito. Anfang Saison war die Leihgabe von Inter Mailand top, seither sorgt er oft für Negativ-Schlagzeilen.
Ein grossartiges Talent. Aber bisher hat er nichts geleistet. Das eine oder andere gute Spiel, okay. Aber danach Verletzungen und Diva-Verhalten. Ich würde ihm raten: Halt die Klappe, zeig was du drauf hast und mach keine Politik hintenrum. Mit dieser Mentalität wird ers bei Inter Mailand nie schaffen.
Zu den Schlagzeilen kurz: Anfang Dezember verweigerte er die Einwechslung kurz vor Schluss.
Das geht gar nicht. Ich habe schon viele grossartige Talente gesehen, die glaubten, sie seien schlauer als alle anderen. Und sind dann sang- und klanglos gescheitert. Das grosse Problem ist doch: Diese Spieler musst du erziehen. Und zwar nicht der Trainer allein, sondern der ganze Verein. Wenn aber Esposito zu David Degen gehen und sich ausheulen kann, dann hast du als Trainer keine Chance. Wenn der dann runterkommt und sagt, der muss doch spielen, der ist unser bester Mann. Ja, vom Potenzial her. Aber sicher nicht vom Kopf.
Esposito markierte Rahmens Entlassung mit «Gefällt mir» auf Social Media.
Auch das zeigt seinen Charakter. Das macht man nicht, unabhängig davon, ob man mit dem Trainer kann oder nicht. Ich kann mir im stillen Kämmerlein in die Faust lachen und sagen, Gottseidank ist er weg. Aber jetzt kommt ein Neuer. Was soll denn der von einem denken, der die Entlassung des Vorgängers mit einem Like versehen hat? Nochmals: Er kann ein grossartiger Spieler werden. Aber jetzt muss der ganze Verein kanalisieren, dass er das umsetzt. Er darf nicht die Möglichkeit haben, sich oben auszuheulen. Der Boss muss dann sagen: Pass auf, das kannst Du Deinem Friseur erzählen, aber nicht mir. Wenn David Degen das kapiert und ihn zurück zum Trainer schickt, dann bin ich gespannt, in welche Richtung es geht.
Die Kaufoption im Sommer soll bei fünf Millionen Franken liegen. Würden Sie ihn holen?
Man sieht ihn ja tagtäglich. Wenn er weiter macht wie bisher, würde ich ihn nicht holen. Wenn er jetzt die Chance nutzt und sich am Riemen reisst, dann kann man ihn auch für fünf Millionen holen. Weil man ihn vom Potenzial her mal für 15, 20 Millionen verkaufen kann.