Nein, eine Champagnerflasche kommt in Aigle VD zu Hause bei Sébastien Buemi (34) nicht auf den Tisch, weil Max Verstappen (26) in Katar seinen dritten WM-Titel eingefahren hat. «Es ist nicht das Gleiche, wie wenn man selbst gewinnt. Aber es ist ein wunderschönes Gefühl, dass sich die vielen Stunden Arbeit gelohnt haben», sagt der Schweizer Rennfahrer zu SonntagsBlick.
Denn Buemi gehört zu Verstappens weltmeisterlichen Helfern. Einer der vielen, die bei Red Bull Racing im Hintergrund schuften. Der Schweizer ist Simulatorfahrer. Buemi sitzt in der Fabrik im englischen Milton Keyes im Hightech-Simulator und fährt dort Verstappens Boliden virtuell.
Was wie ein Playstation-Spass klingt, ist harte Arbeit hinter den Kulissen der F1-Glamourwelt. Neue Ideen und Autoteile werden mit den Super-Computern virtuell probiert. Das spart Zeit und Geld.
Buemi steckt hinter Verstappens Quali-Abstimmung
Auch an diesem GP-Wochenende in Katar gibt Buemi im Simulator Gas. Am Freitag schlägt seine Stunde nach dem freien Training, wenn die Verstappen-Crew um Verstappen an der Rennstrecke bis zur Quali kaum Zeit hat, die Abstimmung des Autos zu verbessern.
Buemi: «Zehn Minuten nach dem Training haben wir in England alle Daten von der Rennstrecke in den Simulator eingespeist. Dann legen wir los und suchen für Max Setup-Optionen, die ihn in der Quali schneller machen können. An diesem Freitag war zum Beispiel der Wind das grosse Thema.»
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5000 km von Katar entfernt ertüfteln der Schweizer Ex-F1-Fahrer und die Ingenieure ein paar Änderungen an Verstappens Boliden. Hat der Holländer seine Katar-Pole also Buemi zu verdanken? Der Waadtländer winkt ab und sagt: «Ich bin nur ein kleines Rädchen beim Erfolg. Max ist ein unglaublicher Fahrer. Es ist cool, einer Ausnahmeerscheinung wie ihn so nahe bei der Arbeit zusehen zu können.»
Was zeichnet den dreifachen Weltmeister aus? «Er hat keine schlechten Tage, er ist immer schnell und macht kaum Fehler. Nicht mal dann, wenn er mal von hinten starten muss. In der Formel 1 ist kein anderer auf seinem Niveau», sagt Buemi, selber mehrfach Weltmeister in der Formel E und auf der Langstrecke.
Den WM-Titel erlebt Buemi daheim mit
Die beiden Bullen-Angestellten treffen sich zwar nur selten. Verstappen sitzt zwar auch regelmässig im Simulator. Aber der Holländer ist meistens montags oder dienstags in der Fabrik, während Buemis Arbeitstage an den GP-Wochenenden Donnerstag und Freitag sind, wenn Verstappen dann vor Ort schon im richtigen Auto sitzt.
Aber Buemi hört von Milton Keynes aus mit, wenn Verstappen mit seiner Technikcrew Vor- und Nachbesprechungen hat. «Max kann sehr gut schildern, wie sich das Auto beim Fahren anfühlt und wie er sich die Problemlösungen vorstellt», sagt Buemi. Die Kommunikation mit den Ingenieuren muss eben auch stimmen, um mit dem RB19 die Seriensiege einzufahren.
Seinen diskreten Red-Bull-Job macht Buemi schon seit elf Jahren, also seit er sich als bis heute letzter Schweizer Pilot 2011 bei Toro Rosso aus der Formel 1 verabschieden musste.
Doch im Hintergrund blieb Buemi der Königsklasse treu und behielt den Red-Bull-Teilzeitjob trotz zeitintensiven Einsätzen als Rennfahrer in der Formel E und in der Langstrecken-WM. «Es macht mir einfach Spass und ich kann auch vieles mitnehmen für meine anderen Jobs», sagt Buemi. Seit Samstag ist bereits wieder zurück in der Schweiz. In Milton Keynes kann Verstappen nicht mehr virtuell geholfen werden, weil aufs Rennen keine Setup-Änderungen mehr erlaubt sind.