Roger Benoits Abschiedsbrief
Beim dritten Abschied ging Niki Lauda leise

BLICK-Reporter Roger Benoit war fast 50 Jahre lang Wegbegleiter von Niki Lauda. Jetzt nimmt 
er Abschied von seinem Freund.
Publiziert: 21.05.2019 um 20:01 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2019 um 13:52 Uhr
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Niki Lauda und Charlie Whiting im April 2018 in Baku.
Foto: Lukas Gorys
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Formel-1-Legende Niki Lauda (†70) ist am 20. Mai 2019 gestorben.
Foto: Getty Images
Roger Benoit, Monte Carlo

Wer die Letzte Ölung ­seines Freundes 1976 im Spital hautnah ­miterlebte, den kann eigentlich nichts mehr erschüttern.

43 Jahre nach seinem Feuer-Drama auf dem Nürburgring und dem ersten Todeskampf im Klinikum von Mannheim hat Niki Lauda jetzt im Zürcher Unispital den letzten Fight ­gegen das Abtreten von dieser ­irdischen Welt verloren. (Blick berichtete)

«Die Letzte Ölung hat mir ­damals das Leben gerettet», ­verriet mir Niki Jahre später, «so kann man diese Erde doch nicht verlassen!» Jetzt gab es seit Tagen keine Rettung 
mehr. Der von Verätzungen, Verbrennungen, Operationen und Medikamenten zerfetzte Körper wollte nicht mehr.

Der Kämpfer, der Erfolgreiche, der Besessene, der Held, der Polterer, der Unternehmer, der Weltmeister, der Gratwanderer und der Mensch durfte im ­Kreise seiner Familie, die ihn seit der Lungentransplantation im August 2018 täglich umsorgte, friedlich einschlafen. Mit nur 70 Jahren. Oder 40 Tage jünger als ich.
Beim dritten ­Abschied liess er mich im Stich. Denn Niki hatte mir versprochen, mich auch beim nächsten Rücktritt exklusiv zu informieren. Auch wenn ich Vollpfosten es ihm zweimal nicht glaubte.

Diesmal ging er leise

Doch diesmal ging der Wiener leise durch die Hintertüre. Die SMS zwischen uns wurden ­immer seltener. Niki brauchte und wollte Ruhe. Seinen ­einmaligen Humor und die ­Kritiklust musste er vor dem Krankenbett abgeben.

Niki Lauda war – wie 1976 – auf andere angewiesen. 
Hilf- und diesmal chancenlos. Nichts hasste der Tausendsassa mehr: Die Ärzte waren ins Cockpit seines Lebens ­gestiegen.

Und lachen konnte er. Wie 
beim ersten Abschied am 
28. September 1979 in ­Montreal. GP Kanada. Hast du eine gute Geschichte, Niki? Du weisst, der Zeitunterschied ... Lauda: «Na ja, ich trete heute zurück!» Ich beschimpfte ihn übel, worauf er noch mehr lachte: «Der Niki Lauda hat heute keine bessere Geschichte.» ­Stunden später flog der Brabham-Pilot nach dem ersten Training nach Wien zurück!

Das rasante Leben von Niki Lauda (†70)
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Formel-1-Legende ist tot:Das rasante Leben von Niki Lauda (†70)

WM-Finale 2017 in Abu Dhabi. Am Abend vor dem ersten ­Training. Lauda lachte mich an: «Ich glaube, Montreal 1979 ist wieder da!» Ich liess Niki stehen und dachte: Der ist besoffen, obwohl er nicht trinkt ...

Am Tag danach erklärte er nach 21 Jahren vor laufenden TV-Kameras völlig über­raschend seinen Rücktritt als RTL-Starkommentator! Und später wieder sein Lachen: «Meine dritte Chance wirst 
du hoffentlich irgendwann in ­deiner Zeitung nutzen!» Diese Chance kommt leider nicht mehr.

Nie vergessen werde ich Laudas Fröhlichkeit an einem frühen Morgen beim GP von Singapur 2017. Bei ­Mercedes bat er mich, ein Video aufzu­nehmen. Nur eine Frau vom Catering war Zeugin. Dann legte der ­«Tenor» los: «Happy Birthday, lieber Max und liebe Mia!» Dann winkte er seinen Zwillingen mit den Händen zu. Eine Szene, die ans Herz ging. Das hätte selbst ich dem harten Hund nicht zugetraut.

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Danke, Niki!

Der Tod des Niki Lauda ist zum Glück kein Abschied von den Erinnerungen. Ich bin für jede dankbar. Darum jetzt mein Dank an dich, Niki.

Danke, dass du mich zu meinem 700. Grand Prix für BLICK interviewt hast. Danke, Niki, dass ich mit dir und deiner ­ersten Frau Marlene 1975 in Santa Eulalia auf Ibiza sechs Stunden lang auf der Terrasse reden durfte.
Ein Wahnsinn, bei dem Fleischstücke und Konfitürengläser durch die Luft flogen. Es war der Beginn einer grossen Freundschaft, denn wir alle drei sind 1949 geboren.

Danke, Niki, dass du mich 1976 zu einer «Testrunde» auf dem über 22 Kilometer langen Nürburgring eingeladen hast. In einem privaten Mercedes. Das Tonband lief mit, und du wurdest immer schneller.
Dann eine der letzten Kurven: «Wenn du in der Formel 1 ­unter sieben Minuten fahren willst, darfst du hier nicht vom Gas. Aber das machst du nur einmal im Leben.» Kurz darauf bist du im Ferrari als Erster 6:58,4 gefahren.

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