Normal wird die falsche Strategie Ferrari zum Verhängnis. Oder ein Motorschaden. Diesmal war es der Piloten-Chef Charles Leclerc selbst: Er schmiss sein Auto in der 18. Runde in der elften Kurve von der Strecke – direkt in die Reifenmauer.
Der Monegasse hatte vom Start weg vor Verstappen geführt. Doch der Holländer hatte sich eine Runde zuvor zum Gummiwechsel aus dem Rückspiegel von Leclerc verabschiedet. «Es gibt Rennen, da machen waghalsige Angriffe keinen Sinn. Da musst du zurückhalten und warten», lachte der jetzt 27-fache GP-Sieger. Wie Jackie Stewart (83). Und genau diese Cleverness liess Verstappen oft vermissen. Jetzt ist er gereift und noch gefährlicher.
Unheimlicher Leclerc-Schrei
Nach dem Crash liess Leclerc einen unheimlichen Schrei in den Funk erschallen! Zuerst glaubte man, dass ihn wieder ein streikendes Gaspedal (wie in Spielberg) im Cockpit aus der Fassung brachte. Aber es war die alleinige Schuld des Mannes, der jetzt schon 63 Punkte hinter Verstappen zurückliegt: «Ich bin in der Höchstform meines Lebens. Ich will nichts mehr als diesen Titel. Und dann passieren mir solche Fehler! Ja, ich habe das Auto aus der Kontrolle verloren – und wenn dir das Heck ausbricht, hast du keine Chance!»
Dann rechnete Leclerc schnell: «In Imola waren es sieben Punkte, und jetzt 25, die ich verschenkt habe. 32 Punkte, die mich schmerzen!» Und auch das Team, das froh sein musste, dass Sainz aus der letzten Startreihe (nach Motorentausch) wenigstens noch Fünfter wurde. Jetzt liegen die Roten gegen die Bullen (mit diesmal einem schwachen Pérez) schon 314:395 zurück.
Mercedes ist zurück
Serien-Weltmeister Mercedes hat sich in Südfrankreich mit dem ersten doppelten Podest-Auftritt 2022 im Geschäft zurückgemeldet. Mit bisher 21 Zielankünften und bereits 270 Punkten. Nur in Silverstone fiel Russell nach dem Rammstoss gegen Zhou aus! Und bei Mercedes hat jetzt Hamilton endgültig das Kommando übernommen. Sein vierter Podest-Platz in Serie, zum Jubiläum (300. GP) gab es sogar den verdienten zweiten Rang.
«Der Löwe ist zurück», hatte Mercedes-Boss Toto Wolff schon nach der Qualifikation gejubelt. Gestern biss der Löwe wieder zu. Ausser Verstappen verspeiste Hamilton in der Hitzeschlacht mit seinem Reifengefühl alle Gegner. «Unser Team hat erneut einen tollen Job gemacht. Wir sind bald an Ferrari und Red Bull dran und bereit für grosse Taten. Ja, wir verdienen uns den ersten Sieg in diesem Jahr immer mehr!» Aus dem früheren Einzelkämpfer ist ein motivierender Teamplayer geworden – eine Rolle, die viele Sir Lewis Hamilton (37) nicht zugetraut hätten.