Das war kein Autorennen. Das war eine Rede-Schlacht am Boxenfunk. Und es erstaunte kaum jemand, dass der Befehl zum Premierensieg für Oscar Piastri (23) am McLaren-Radio mitzuverfolgen war.
Die heikle Szene: Piastri, der beim Start Teamkollege und Pole-Mann Lando Norris austrickste, lag in der 45. Runde in Führung. Doch McLaren-Mercedes holte zuerst den Briten zum zweiten Reifenstopp.
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Erst zwei Runden später durfte der Australier rein – und war natürlich sauer. Denn normalerweise kommt zuerst der führende Pilot rein. Das war der Fehler von McLaren-Mercedes.
«Du musst auch ans Team denken»
Es begannen fast endlose Diskussionen zwischen der Box und Leader Norris: «Wir wissen, dass du das Richtige tun wirst.» Später: «Du musst Oscar vorbeilassen. Denk an das Meeting am Sonntagmorgen.» Oder: «Wenn du an deine WM-Chancen denkst, musst du auch ans Team denken!»
Die Gegenwehr von Norris wurde immer geringer – und drei Runden vor dem Ziel liess er seinen Teamkollegen auf der langen Start/Ziel-Geraden vorbei.
Norris, leicht angefressen: «Ich habe das Rennen nicht abgegeben, ich habe es beim Start gegen Oscar verloren. Klar habe ich daran gedacht, meine Führung nicht freiwillig zu verschenken. Aber Oscar hat diesen Sieg verdient. Trotzdem hoffe ich, dass mir diese sieben Punkte weniger am Ende in der WM gegen Verstappen nicht fehlen. Denn bei Red Bull läuft nicht mehr viel rund.» Noch liegt Norris 76 Punkten hinter dem Holländer.
Unzufriedener Verstappen
Auch bei Verstappen, der am Ende den Kampf um Platz vier gegen Leclerc (Ferrari) verlor, herrschte dauernd Kontakt mit den Boxen. Er war das ganze Rennen nie mit den Reifen, dem Auto und der Strategie zufrieden. Und fluchte: «Ich kann nicht in die Kurven fahren, ich kann nicht bremsen!» Später: «Unheimlich, wie wir die Rennen verschenken!» Dann kam die Kommandozentrale: «Kindisch, wie du dich heute am Funk benimmst!»
Vielleicht war Verstappen noch müde. Er hatte bis um 3.45 Uhr am Sonntagmorgen am Computer gesessen und als Sim-Racing-Superfan am 24-Stunden-Rennen von Spa teilgenommen.
Hamiltons Motivationsrezept
Da war der unverwüstliche Sir Lewis Hamilton (39) in seinem 345. Grand Prix kaum besser. Es gehört seit Jahren zu seinen Motivationsrezepten, das Team am Funk anzuspornen. «Diese Reifen halten nie, haben wir nicht zu früh gewechselt?»
Man spürt es förmlich, je mehr sich der siebenfache Champion aufregt, desto konzentrierter und härter fährt er.
Das bekam auch sein alter Erzfeind Verstappen in der drittletzten Runde zu spüren. Max wollte beim Anbremsen der ersten Kurve innen am Briten vorbei.
Fehlanzeige. Der Red Bull stieg mit dem linken Hinterrad am rechten Vorderrad des Mercedes hoch – Glück, dass der Seriensieger, der jetzt dreimal in Folge geschlagen wurde, nach dem halben Salto weiterfahren konnte.
Das Treffen im Red-Bull-Palast
Die Szene vor dem Rennen: Im Red-Bull-Palast trafen sich Teamchef Horner, Sportdirektor Marko, Red-Bull-CEO Mintzlaff und die Thai-Mehrheitsbesitzer von Red Bull zum Krisengipfel. Dabei dürfte es auch um die Zukunft des angezählten Mexikaners Sérgio Pérez (34) gegangen sein.
Bekommt er nach dem 7. Platz in Budapest am nächsten Sonntag in Spa seine letzte Chance? Die Bullen führen in der Team-WM gegen McLaren-Mercedes nur noch mit 51 Punkten.