Sie kam, sah und schoss. Die Französin Marinette Pichon (47) ist eine Vorreiterin in ihrem Bereich – eine Fussballikone der 80er-Jahre. Der Film «Marinette», der diese Woche in der Schweiz Premiere feiert, erzählt die tragische Geschichte der Fussballerin.
«Leider geht das nicht, weil ich ein Mädchen bin.» Das waren die Worte der damals fünfjährigen Pichon am Spielfeldrand, als sie von einem Trainer dazu ermutigt wurde, mitzuspielen. Geprägt von einem Vater mit machohaftem Verhalten, glaubte sie zunächst, dass sie keinen Fussball spielen dürfe. «Na, das ist ja wohl kein Grund», meinte Marinettes erster Förderer, der seiner Zeit voraus war. Innerhalb kürzester Zeit bewies sie, dass sie talentierter im Umgang mit dem Ball war als die meisten Jungs.
Sieben Jahre später stand Marinette Pichon als einziges Mädchen im Junioren-Finale. Sie spürte fortwährend den Sexismus: Sätze wie «Hey Pussy, mach dich vom Acker und spiel mit deinen Puppen» waren alltägliche Beleidigungen, mit denen sie leben musste. Doch das hinderte sie nicht daran, als Stürmerin alle Jungs hinter sich zu lassen und mit ihrem Talent problemlos alle Zweifler zum Schweigen zu bringen.
Bend it like Pichon
Das beeindruckende Biopic von Regisseurin Virginie Verrier würdigt Pichons erfolgreiche Fussballkarriere und erzählt gleichzeitig ein Familiendrama. Pichon fand im Fussball einen Zufluchtsort und ein Mittel zur Emanzipation, während ihr Leben mit einem alkoholsüchtigen und gewalttätigen Vater für sie und ihre Familie ein Albtraum war. Obwohl Talent allein im männerdominierten Sport nicht ausreichte, bewunderte man Pichons Willensstärke und Ehrgeiz. Ab dem 16. Lebensjahr durfte sie nicht mehr mit den Jungs spielen. Als Spielerin verdiente sie so wenig Geld, dass sie sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen musste. Dieses Schicksal teilt sie bis heute mit vielen Frauenfussballerinnen.
Pichon wurde zur Fussballikone: Mit der französischen Nationalmannschaft erzielte sie in 112 Länderspielen 81 Tore und wurde mit Juvisy FCF französische Meisterin. Zusätzlich war sie Torschützenkönigin in Frankreich.
Glücklich mit Frau und zwei Söhnen
Mit 26 Jahren war sie die erste Französin, die sich in der National Women’s Soccer League in den USA Starruhm erspielte. Von da an konnte sie niemand mehr aufhalten. Auch privat fand sie ihr Glück und lebt heute mit ihrer Frau und zwei Söhnen in Kanada. Sie war Geschäftsführerin ihres ehemaligen Klubs FCF Juvisy und Chefmoderatorin für Frauenfussball im französischen Fernsehen. «Ich glaube, ich weiss gar nicht, welche Auswirkungen ich hatte», sagte Marinette Pichon.
Pichon hat die Grundlagen für viele andere Fussballerinnen gelegt.
«Marinette» zu sehen in ausgewählten Schweizer Kinos.