Es war eine der bittersten Niederlagen in der Schweizer WM-Geschichte und endete im Eklat. Damals 2010 in Mannheim, als die favorisierten Schweizer den Deutschen im Viertelfinal 0:1 unterlagen. Und sich nach der Schlusssirene Nati-Verteidiger Timo Helbling mit der Bank der Deutschen anlegte und mit Assistenztrainer Ernst Höfner (65) prügelte, bis Blut floss.
«Ich bin nicht sehr stolz drauf. Es war viel Frust dabei», sagt der heutige MySports-Experte. «Wir haben damals eine tolle Vorrunde gespielt, schlugen Kanada und Tschechien und trafen im Viertelfinal mit Deutschland auf einen Gegner, der schwächer einzustufen war als wir. So gesehen ist die Konstellation von damals mit der aktuellen zu vergleichen und spannend. Der Druck liegt wieder bei uns. Ich hoffe aber schwer, dass es nicht gleich enden wird.»
Kreis sah gelassen zu
Speziell: Schon 2010 war der aktuelle Bundestrainer Harry Kreis bei Deutschland an der Bande. Als Assistenztrainer neben Höfner von Headcoach Uwe Krupp. Wie Bilder von damals zeigen, blieb der Deutsch-Kanadier während der hitzigen Prügelei als fast Einziger auf der Bank ruhig und sah dem heftigen Treiben gelassen zu. In einer Art, wie man Gentleman Kreis jeweils auch in der Schweiz (Trainer bei Chur, Lugano, den ZSC Lions und Zug) kennengelernt hat.
«Ich weiss nicht mal mehr, wie es damals losgegangen ist. Aus einem Griff wurde ein Schubser, und die Situation hat sich einfach entzündet. Die Emotionen gingen hoch. Aber ich persönlich habe gelernt, mit den gegnerischen Spielern nicht zu sprechen, denn das bringt nichts», sagte Kreis am Mittwoch, auf den Prügel-Vorfall angesprochen. Helbling seinerseits hatte Kreis damals in Mannheim gar nicht wahrgenommen, wie er heute sagt. «Erstens ging es drunter und drüber und zweitens habe ich Harry da noch nicht persönlich gekannt.»
«Diese Affiche ist wie gemacht für Harry»
Das änderte sich 2016, als Helbling von Bern zum EVZ wechselte und Kreis sein Trainer wurde. «Über den Vorfall von damals haben wir nie gesprochen», sagt der 41-Jährige. Dafür lernte er Kreis während der gemeinsamen Zeit sehr schätzen. «Harry ist ein sehr erfahrener, guter Trainer, der seine Teams immer optimal auf den Gegner einstellt.» Dieser Umstand bereitet ihm für den Viertelfinal-Knaller vom Donnerstag auch ein wenig Sorgen – zumal Kreis die Schweizer sehr gut kennt: «Diese Affiche ist wie gemacht für Harry und die Nati muss sich auf einen schwierigen Match gegen einen destruktiven Gegner, der auch nicht vor Provokationen zurückschrecken wird, einstellen.»
Speziell herausfordernd sei dabei die Situation, dass dieser eine Match über alles entscheidet. «Wäre es eine Best-of-seven-Serie, hätte ich keine Zweifel, dass wir uns durchsetzen, doch bei einem einzelnen Spiel ist immer alles möglich.» Da sei es dann auch nicht so einfach, die höhere Qualität auszuschöpfen. Es brauche vor allem auch die mentale Überzeugung. Dennoch glaubt Helbling, dass sich die Nati dieses Mal durchsetzen wird: «Diese Mannschaft überzeugt und wird das packen!»
Natürlich sieht das sein früherer Weggefährte Harry Kreis anders. Der 64-Jährige betonte nach der geschafften Viertelfinal-Qualifikation am Dienstag zudem auch, dass man nicht nur kämpferisch, sondern auch spielerisch dagegenhalten wolle: «Die Schweizer werden das Spiel bestimmt nicht diktieren. Wir werden schon auf Augenhöhe gegen die antreten!»