Blick: Der Rücktritt von Marc Crawford ist für viele Leute ein Schock. Wie geht ihr als Betroffene bei den ZSC Lions damit um?
Sven Leuenberger: Wir mussten uns nicht erst heute, sondern schon über die Weihnachtstage mit dieser Thematik auseinandersetzen. Marc teilte uns seinen finalen Wunsch, zurücktreten zu wollen, weil er nicht mehr in der Lage ist, einen 100-prozentigen Effort zu leisten, am 26. Dezember mit.
Dann war sein Rücktritt schon länger ein Thema?
Es ist nicht so, dass wir seit zwei Monaten wissen, dass Marc grössere Probleme hat. Es gab zwar einige Vorkommnisse, aber wir hätten nie gedacht, dass er die Segel streichen muss. Jeder von uns hat mal einen Knorz in seinem Leben. Dass die Probleme derart ausgeprägt sind, war mir nicht bewusst, bis er es mir am 23. Dezember eröffnete. Wir haben dann vereinbart, dass er über Weihnachten zu seiner Familie nach Vancouver fliegt und wir am 26. Dezember dann schauen, wie es weitergehen soll. Natürlich haben wir gehofft, dass er sich mit einer schönen Zeit bei seiner Familie wieder fängt und zurückkehrt. Doch am 26. Dezember hat er mir dann gesagt, dass es nicht mehr geht und er jetzt zuerst mit sich selbst ins Reine kommen müsse.
Die Medienmitteilung liest sich besorgniserregend. Wie schlecht geht es Marc Crawford?
Es geht ihm sicherlich nicht gut. Aber näher möchte ich darauf nicht eingehen, weil wir dies so abgemacht haben und es sein Wunsch ist, den wir bitten zu respektieren. Es geht hier um Marcs Privatsphäre. Klar weiss ich das eine oder andere mehr, aber das bleibt Privatsache.
Eine so grosse Persönlichkeit wie Marc Crawford mitten in der Saison zu ersetzen, ist gar nicht möglich. Einverstanden?
Wenn man sich während einer Saison von einem Trainer trennt, dann erfolgt dies in der Regel, weil es nicht gut läuft. Bei uns ist das komplett anders, vieles läuft sehr gut, wir stehen in der Tabelle gut da, die Mannschaft spielt gutes Eishockey und wir haben in jedem Match die Chance, das Spiel zu gewinnen. Unter diesen Voraussetzungen würde es wenig Sinn machen, jemanden von extern zu holen. Wir haben in den nächsten 60 Tagen 26 Spiele, da bleiben gar nicht genug Trainingstage, um ein neues System und neue Ideen von einem neuen externen Trainer einzuüben. Entsprechend wäre die Gefahr gross, dass wir im Januar abstürzen. Mit Marco Bayer von den GCK Lions als neuer Headcoach und dem bisherigen Trainerstab von Marc bleibt die bisherige Struktur bestehen. Marco weiss, wie wir spielen, und kennt alle Leute im Verein. Wir sind der Überzeugung, dass die interne Lösung in dieser Situation die beste ist.
Haben Sie keine Angst, dass Crawfords Abgang die Mannschaft bricht?
Die Mannschaft kennt unser System und weiss, dass dieses funktioniert. Da braucht man niemanden mehr zu überzeugen. Jetzt liegt es an der Mannschaft, dem Trainerstaff und mir dafür zu sorgen, dass wir den Weg weitergehen und natürlich ist da unsere Leadergruppe besonders gefordert. Aber klar, ein Risiko besteht immer. Wenn wir wählen könnten, dann hätte Marc Crawford am Montag das Training geleitet. Aber so ist es nicht und jetzt gilt es das Beste daraus zu machen.
Wann hat es die Mannschaft erfahren und wie hat sie darauf reagiert?
Erfahren hat sie es am Montagmittag von uns. Die Stimmung war sehr gedrückt. Über Teams (Videocall, Anm.d.Red.) hat dann anschliessend Marc mit der Mannschaft geredet und die Jungs dazu aufgefordert, nach vorne zu schauen, ihnen gesagt, dass sie stark genug seinen, auch ohne ihn ihre Ziele zu erreichen.
Marco Bayer begibt sich als Nachfolger von Crawford in sehr grosse Schuhe.
Funktionieren kann es ohnehin nur gemeinsam. Das Team, der Trainerstaff und ich müssen noch näher zusammenrücken. Wir wissen, wo unsere Stärken und Schwächen liegen und wollen nach wie vor jeden Tag besser werden, auch wenn sich dies wie eine Floskel anhören mag. Zudem können neue Leute auch immer neue Elemente reinbringen, während man gleichzeitig das alte Fundament behält. So können und müssen wir vorgehen.
Wie nahe sind den die Systeme der GCK Lions, bei denen Marco Bayer bis jetzt als Headcoach tätig war, und der ZSC Lions miteinander verbandelt?
Die GCK Lions spielen nicht das gleiche System. Für das System wird Rob Cookson als langjähriger Weggefährte von Marc Crawford zuständig sein. Er kennt den Aufbau und die Didaktik in- und auswendig.
Und parallel dazu suchen Sie jetzt einen neuen Trainer für die nächste Saison oder bekommt Marco Bayer die Chance, ein Kandidat zu sein?
Wenn der aktuelle Trainerstab einen guten Job macht, dann ist das absolut auch eine Möglichkeit für die Zukunft. Es kann aber auch sein, dass ich trotzdem mit dem einen oder anderen Trainer, den ich spannend finde, Gespräche führe. Aber wir haben da keinen Druck. Den hatten wir in Bezug auf die nächste Saison zuvor nicht und den haben wir auch jetzt nicht, wo klar ist, dass wir für nächste Saison einen Trainerjob zu besetzen haben.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 34 | 19 | 67 | |
2 | ZSC Lions | 31 | 31 | 61 | |
3 | SC Bern | 34 | 19 | 61 | |
4 | HC Davos | 35 | 18 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 35 | -6 | 57 | |
6 | EV Zug | 33 | 20 | 52 | |
7 | SCL Tigers | 34 | 6 | 51 | |
8 | HC Fribourg-Gottéron | 34 | -5 | 48 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 35 | -11 | 47 | |
10 | Genève-Servette HC | 32 | -1 | 45 | |
11 | EHC Biel | 33 | -4 | 43 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 34 | -21 | 43 | |
13 | HC Lugano | 33 | -21 | 42 | |
14 | HC Ajoie | 33 | -44 | 30 |