Er hat in Biel eine neue Heimat gefunden. Der Vertrag mit dem EHCB bis 2025 gibt ihm Sicherheit. Was bei Hockeyspielern simple Fakten sind, hat bei Alexandr Yakovenko eine bewegendere Bedeutung. In Kasachstan geboren, besitzt der Verteidiger auch die russische Staatsbürgerschaft. Sein Vater Sergei ist Russe. Doch seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist nichts mehr, wie es einmal war.
In der Heimat des Vaters hinterlässt Yakovenko 2014/15 als Junior bei Traktor Tscheljabinsk die ersten Spuren in den Statistiken. Sergei Yakovenko wohnt mit einem Halbbruder von Alexandr noch dort. Der 46-jährige Ex-Verteidiger ist Assistenztrainer des Frauenteams Belye Medvedi in Tscheljabinsk. Die Mutter lebt mit zwei Halbschwestern in Kasachstan. Gesehen hat der Bieler Abwehrspieler seine Eltern schon über ein Jahr nicht mehr. Der Krieg trennt Familien, auch jene von Yakovenko.
Yakovenko weiss um sein Privileg
«Mein Vater würde gerne einige Spiele von mir sehen», sagt Alexandr Yakovenko dem «Bieler Tagblatt», «aber es ist schwierig, ein Visum zu bekommen. Schwierig, herumzureisen. Und schwierig, die Familie zu sehen. Die Ungewissheit ist gross.» Laut der Zeitung hat der 24-Jährige im letzten Sommer auf eine Reise nach Russland verzichtet, weil er befürchtete, dass er ins Militär eingezogen werden könnte. Er hofft, dass es in diesem Sommer klappt. Und dass die Welt bis 2025 wieder eine bessere ist.
Mit seiner Familie hält er über die sozialen Medien Kontakt. Yakovenko, der 2021 von Jukurit (Fin) zum EHCB gewechselt hat, ist sich bewusst, dass er privilegiert ist, als Russe seinen Sport im Ausland ausüben zu können. «Es ist aber speziell, hier der einzige russische Spieler in der höchsten Liga zu sein», sagt er. In der National League ist der Verteidiger tatsächlich der einzige Russe, nicht aber im Schweizer Eishockey.
Flucht in den Westen statt Rückkehr nach Russland
In der MyHockey League spielen beim SC Lyss Roman Kobelev (29) und Denis Kotschetkow (42). Ihre Geschichte ist dramatisch, die russische Invasion hat sie zur Flucht getrieben. Beide waren letzte Saison in der Ukraine engagiert: Verteidiger Kobelev bei Donbass Donezk, Ex-KHL-Star Kotschetkow nach vierjährigem Karriereunterbruch als Spieler-Trainer bei Altair Druzhkivka, einem weiteren Klub der höchsten Liga in Donezk.
Nach Kriegsbeginn wird der Ligabetrieb in der Ukraine abgebrochen. Kobelev und Kotschetkow besprechen sich mit weiteren in der Ukraine spielenden Russen. Vier gehen zurück in die Heimat, weil ihre Familien warten. Kobelev und Kotschetkow fällen einen anderen Entscheid – Flucht in den Westen. Ihre Ausreise beschreiben sie im «Bieler Tagblatt» sachlich.
Mit Biel-Verteidiger Alexandr Yakovenko spielt aktuell nur ein Russe in der National League. Das sah in den 90er Jahren ganz anders aus. Für einige Saisons sorgte Russen-Zauber für Hockey-Leckerbissen in der Schweiz.
Fribourgs Slawa Bykow und Andrej Chomutow waren 1990 die ersten Akteure aus der ehemaligen Sowjetunion, die in der Schweiz Einzug hielten. Ein Transfer-Coup, der eine ganze Gottéron-Ära prägte. Und der Anfang der grossen Hockey-Einwanderungswelle.
Bykow und Chomutow verbuchten schon in der ersten Saison beide über 100 Skorerpunkte. Fribourg (4.) traf im Playoff-Viertelfinal auf Ambri (5.). 60 Tore fielen in den fünf Spielen – die Weltstars Chomutow und Bykow erzielten 20 davon.
Als Fribourg und Ambri 1996 gegeneinander spielten, standen erstmals fünf Russen gleichzeitig auf NL-Eis: Chomutow und Bykow trafen bei den Leventinern auf Dimitri Kwartalnow, Oleg Petrow und Igor Tschibirew. Ein Spektakel-Duell. Denn mit Bykow, Chomutow und Tschibirew waren die NL-Topskorer der vorangegangenen sechs Jahre zu sehen.
Von den fünf Legenden des weltbekannten «Atomblocks» mit Wjatscheslaw Fetissow, Alexej Kassatonow, Wladimir Krutow, Igor Larionow und Sergej Makarow, der zwischen 1981 und 1990 mit dem russischen Wunderteam sechs WM-Titel und zweimal Olympia-Gold gewann, waren drei Stars in der Schweiz engagiert: Krutow beim ZSC, Larionow bei Lugano und Makarow bei Fribourg.
Seit 1990 ist Biels Yakovenko der 42. Russe in der National League. Igor Fedulow (Lausanne, Servette, Lugano, Martigny, Ambri) spielte am längsten in der Schweiz, insgesamt zwölf Jahre. (N.V.)
Mit Biel-Verteidiger Alexandr Yakovenko spielt aktuell nur ein Russe in der National League. Das sah in den 90er Jahren ganz anders aus. Für einige Saisons sorgte Russen-Zauber für Hockey-Leckerbissen in der Schweiz.
Fribourgs Slawa Bykow und Andrej Chomutow waren 1990 die ersten Akteure aus der ehemaligen Sowjetunion, die in der Schweiz Einzug hielten. Ein Transfer-Coup, der eine ganze Gottéron-Ära prägte. Und der Anfang der grossen Hockey-Einwanderungswelle.
Bykow und Chomutow verbuchten schon in der ersten Saison beide über 100 Skorerpunkte. Fribourg (4.) traf im Playoff-Viertelfinal auf Ambri (5.). 60 Tore fielen in den fünf Spielen – die Weltstars Chomutow und Bykow erzielten 20 davon.
Als Fribourg und Ambri 1996 gegeneinander spielten, standen erstmals fünf Russen gleichzeitig auf NL-Eis: Chomutow und Bykow trafen bei den Leventinern auf Dimitri Kwartalnow, Oleg Petrow und Igor Tschibirew. Ein Spektakel-Duell. Denn mit Bykow, Chomutow und Tschibirew waren die NL-Topskorer der vorangegangenen sechs Jahre zu sehen.
Von den fünf Legenden des weltbekannten «Atomblocks» mit Wjatscheslaw Fetissow, Alexej Kassatonow, Wladimir Krutow, Igor Larionow und Sergej Makarow, der zwischen 1981 und 1990 mit dem russischen Wunderteam sechs WM-Titel und zweimal Olympia-Gold gewann, waren drei Stars in der Schweiz engagiert: Krutow beim ZSC, Larionow bei Lugano und Makarow bei Fribourg.
Seit 1990 ist Biels Yakovenko der 42. Russe in der National League. Igor Fedulow (Lausanne, Servette, Lugano, Martigny, Ambri) spielte am längsten in der Schweiz, insgesamt zwölf Jahre. (N.V.)
Mitte März verlassen sie Kramatorsk, eine Grossstadt in der Oblast Donezk. Mit dem Zug gehts weiter bis nach Lwiw und mit einem Bus schliesslich an die ukrainisch-polnische Grenze. Diese müssen sie zu Fuss überqueren. Mitnehmen dürfen sie nur, was sie tragen können. Ihre Eishockeyausrüstung gehört dazu. Danach gehts weiter mit dem Bus nach Warschau, ehe sie mit dem Zug über Wien nach Zürich fahren.
Die beiden werden dem Kanton Fribourg zugeteilt, bekommen eine gemeinsame Wohnung. Dass sie beim SC Lyss landen, ist purer Zufall. Sie fragen bei diversen Klubs an, Lyss ist einer davon. Die Hockeyprofis leben hier mit dem Schutzstatus S für «Schutzbedürftige», der vorerst für ein Jahr gilt. Die Krankenkassenprämien werden übernommen. Zugriff auf ihre Konten in Russland haben sie aus der Schweiz nicht. Seit letztem Herbst wohnen sie nun in Lyss.
Russen-Engagement sorgt für Kritik
Als der MHL-Klub Lyss nach der Verpflichtung der beiden Russen im letzten Sommer in die Kritik gerät, warum sich ein Amateurverein zwei Importspieler dieses Formats leistet, betont Präsident Mathias Müller: «Ihnen wird von einem unserer Sponsoren ein Auto zur Verfügung gestellt. Der Klub bezahlt das Benzin. Kobelev und Kotschetkow verdienen rund 500 Franken im Monat, mehr nicht.» Noch lauter sei aber die sportliche Kritik der Konkurrenz gewesen. «Man befürchtete, dass es die Meisterschaft verzerren würde», so Müller. An einer Ligaversammlung flammen Diskussionen auf, der Appell ans Menschliche lässt die Kritiker verstummen. «Es sind nicht einfach Russen, sondern Menschen, die geflüchtet sind. Hier gehts auch um Integration», sagt Müller.
Dass russische Sportler nicht Stellung zum Krieg beziehen, kann man ihnen nicht übelnehmen. «Sie haben es schon so schwer genug, haben viel zurückgelassen», sagt Lyss-Trainer und Ex-NL-Spieler Serge Meyer (46). Deshalb würden in der Mannschaft aus Respekt das Kriegsthema und die politische Situation nie thematisiert. Kobelev stellt im «Bieler Tagblatt» klar, dass man über den Krieg nicht sprechen wolle, «ich habe russische Freunde und ich habe ukrainische Freunde. Das hat sich nicht verändert».
Kotschetkow, der 2009 mit Minsk den Spengler-Cup-Final gewonnen und gegen Davos das Siegestor erzielt hat, ergänzt nur so viel: «Das ist nicht unser Konflikt, nicht unsere Sache. Wir wollen einfach Eishockey spielen.» Und das dürfen sie beim SC Lyss.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 20 | 12 | 40 | |
2 | ZSC Lions | 18 | 20 | 39 | |
3 | HC Davos | 19 | 21 | 38 | |
4 | SC Bern | 20 | 15 | 33 | |
5 | EHC Biel | 19 | 4 | 32 | |
6 | EV Zug | 19 | 11 | 29 | |
7 | EHC Kloten | 19 | -2 | 28 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 19 | -8 | 26 | |
9 | HC Ambri-Piotta | 18 | -10 | 24 | |
10 | HC Lugano | 17 | -13 | 22 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 19 | -11 | 22 | |
12 | Genève-Servette HC | 16 | -2 | 21 | |
13 | SCL Tigers | 17 | -3 | 21 | |
14 | HC Ajoie | 18 | -34 | 12 |