Die Rückkehr in die Schweiz, sie hätte für Calvin Thürkauf vor zwei Jahren ein Neustart seiner Karriere sein sollen. Doch einmal mehr musste er hier zunächst Widrigkeiten umgehen. Nach nur 22 Partien mit dem EVZ setzte ihn ein unglaubliches Pech ausser Gefecht: Im Training stiess er am 7. Januar 2021 mit einem Teamkollegen zusammen, beide brachen sich Knochen im Unterschenkel und fielen monatelang aus.
Deshalb fiel auch die Rückkehr nach Nordamerika trotz Vertrag mit der NHL-Organisation Columbus ins Wasser. Geplant wäre gewesen, dass Thürkauf nach dem Meisterschaftsende in der Schweiz wieder zum AHL-Farmteam Cleveland oder bestenfalls zu Columbus stösst. Doch der 24-Jährige ist keiner, der lange hadert. «Nach diesem Trainingsunfall hatte ich eine Woche damit zu kämpfen. Aber erst wenn man akzeptiert, was geschehen ist, ist man im Reinen mit sich selbst.» Es ist nicht der erste Rückschlag, den Thürkauf in seiner noch jungen Laufbahn verkraften musste.
Bis in die 2. Klasse in englischer Schule
Als knapp 18-Jähriger wechselte der Zuger in die kanadische Juniorenliga WHL zu den Kelowna Rockets. Obwohl er sich zunächst eigentlich dagegen entschieden hatte. «Nach der U18-WM gab es einige Anfragen. Doch ich wollte lieber in Zug bleiben», erzählt Thürkauf, «deshalb sagte ich allen interessierten Teams ab.» Trotzdem draftete Kelowna den Junior. «Mein Vater merkte an, dass ich eine zweite Chance dafür vielleicht nie bekommen werde.» Darum wagte er diesen Schritt dann doch.
Auch weil er kanadische Wurzeln hat. Vater Marcus ist Kanadier und in Vancouver aufgewachsen. Vor über 30 Jahren kam er in die Schweiz. «Er wollte eigentlich nur ein Jahr hier arbeiten, ist aber für immer geblieben», so Thürkauf schmunzelnd. Er lernte Calvins Mutter Karin kennen. Der Sohn wuchs mit der englischen Sprache auf, besuchte bis zur 2. Klasse sogar eine englische Schule.
Doch in Kelowna, wo sein Vater Bekannte hat, fühlte sich Thürkauf in seiner ersten Gastfamilie nicht wohl. Er musste sie wechseln. Erst danach gings bergauf. Nach einer starken Saison wurde der talentierte Stürmer 2016 von Columbus in der siebten Runde gedraftet. «Das kam überraschend. Ich flog mit einem Kollegen an einem Freitag in die Ferien, und am Samstag kam der Anruf, dass ich am Montag in Columbus sein soll.»
Corona legte NHL-Pläne auf Eis
Mit 19 unterschrieb er seinen ersten Profi-Vertrag. Bis zum NHL-Debüt dauerte es aber noch bis im Februar 2020. Thürkauf kam zu drei Einsätzen für die Blue Jackets, bevor die Corona-Pandemie die Sportwelt lahm- und Thürkaufs NHL-Pläne auf Eis legte. «Das war schade, aber trotzdem eine super Lebenserfahrung. Ich weiss nicht, wo ich heute stehen würde, wenn ich damals den Schritt nicht gewagt hätte.»
Zurückgekehrt ist Thürkauf mit der Mentalität «fressen oder gefressen werden», denn es sei mental kein leichtes Leben gewesen in Nordamerika. Die vielen Höhen und Tiefen hätten ihn beinahe dazu gebracht, das Handtuch zu werfen. Doch er biss sich durch. Entschlossenheit, Ehrgeiz, Durchsetzungsvermögen. Das will er hier an den Tag legen. Seit dieser Saison neu und mit einem Dreijahresvertrag beim HC Lugano. Dorthin wechselte er vom EVZ, bei dem er sich nie richtig hatte aufdrängen können. Vor seinem Ausfall nicht, und als er für die Playoffs wieder fit gewesen wäre, wurde er nicht eingesetzt. «Verständlich, dem Team lief es gut.» Den Meistertitel erlebte er als Zuschauer mit.
«Calvin ist der ultimative Powerstürmer»
Die letzte Saison war eine emotionale Achterbahnfahrt. Nun also der erneute Neustart im Südtessin. «In Lugano gibt man mir das Vertrauen. So habe ich das Selbstvertrauen und die Freude am Eishockey wiedergefunden, das auf dem Weg hierher etwas verloren gegangen ist.» Trainer Chris McSorley (Ka) schwärmt in den höchsten Tönen von seinem Spieler: «Calvin ist der ultimative Powerstürmer und einer meiner Top-6-Spieler des Teams. Er will hier eine grosse Rolle spielen und tut es auch. Er setzt sich selbst einen hohen Standard, weil die NHL sein Traum ist. Und er hat auch das Zeug dazu.»
Doch Thürkaufs Fokus liegt derzeit voll auf Lugano, er verspürt derzeit kein Bedürfnis nach der NHL. Stattdessen möchte der schweizerisch-kanadische Doppelbürger fliessend Italienisch sprechen können, nimmt Lektionen dafür. Seine Eltern, die wichtige Bezugspersonen sind, besucht er regelmässig in Zug. «Sie haben mich immer unterstützt.» Und ihm folgende Maxime mit auf den Weg gegeben: «Sei ehrlich mit dir selbst und mit anderen Menschen. Verfolge deine Träume. Behandle andere Menschen, so wie du gerne behandelt werden möchtest.»
So robust der Sturmtank Thürkauf auf dem Eis ist, so relaxt ist er daneben. «Ich nehme das Leben, wie es kommt.» Dass er auch mit herausfordernden Situationen umgehen kann, hat er längst bewiesen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |