1000er-Grenze vor dem Ende
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«Mister Corona» Daniel Koch:«Bei Verbots-Politik zu bleiben, wäre sicher falsch»

Daniel Koch ist für die Öffnung der Sportstadien
«Bei einer Verbots-Politik zu bleiben, wäre sicher falsch»

Auch die Sportwelt hält den Atem an. Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat, ob Grossveranstaltungen weiterhin verboten bleiben. «Mister Corona» Daniel Koch (65) spricht sich dagegen aus.
Publiziert: 09.08.2020 um 19:00 Uhr
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Dürfen wegen der Corona-Krise auch ab September nur maximal 1000 Zuschauer in die Stadien? Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat über das Grossveranstaltungsverbot.
Foto: freshfocus
Stephan Roth

Herr Koch, wie ist Ihre Haltung zum anstehenden Entscheid des Bundesrates, ob das Verbot von Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Leuten ab September aufgehoben oder verlängert wird?
Daniel Koch: Ich bin überzeugt, dass der Bundesrat sämtliche Aspekte abwägen wird. Aber ich weiss nicht, was der Bundesrat entscheiden wird. Der Bundesrat wird auch die Verantwortung tragen. Es ist nicht an mir, zu sagen, was er zu tun hat.

Wie sieht Ihre Ansicht aus?
Ich bin der Meinung, dass man in allen Bereichen versuchen soll, mit Konzepten zu arbeiten. Wenn man in der Schweiz eine Wintersaison haben will, dann muss man schon jetzt daran denken, dass gewisse Sachen nicht möglich sein werden. Après-Ski zum Beispiel. Das muss man den Leuten jetzt schon sagen und sich überlegen, was noch möglich sein wird. Sonst ist dann wie letztes Jahr die ganze Saison kaputt. Und das kann und soll sich die Schweiz nicht leisten. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen.

Auch wenn man an die Psyche der Bevölkerung denkt?
Ja, es geht ums ganze Leben. Es ist sicher keine Haltung, die weiter hilft, wenn man jetzt sagt: Wir verbieten alles und wer sichnicht daran hält, ist selbst schuld. Es geht nicht nur um den Sport, sondern auch um die Kultur. Man muss schauen, dass wir während dieser Pandemie möglichst alles machen können, was möglich ist. Es wird nie alles ohne Risiko gehen. Aber mit einem Risiko, das kalkulierbar ist. Die Bedürfnisse der Bevölkerung verschwinden nicht einfach. Und es ist besser die Bedürfnisse, die völlig legitim sind, kontrolliert abzudecken. Sonst passiert es einfach wild.

Auch im Sport?
Das erste, was passierte, waren wilde Fussball-Spiele in Lausanne. Oder wenn Sie an die YB-Meisterfeier denken. Ich weiss nicht, ob es die beste Idee ist, einfach nur den Fans zu sagen: Seid anständig. Es wäre besser, wenn man mit den Fans schauen würde, was möglich ist und was nicht. Dann hätte man auch mehr Verständnis und könnte diese Gruppierungen ansprechen.

Sozusagen Feiern mit Schutzkonzept.
Ja, oder zumindest kontrolliert, damit man weiss, wer feiert und wo. Nicht dass die Leute, die sich angesteckt und sich an einem Ort aufgehalten haben, wo es nicht erlaubt war, dies dann nicht melden oder mit dem Testen zuwarten. Und wenn wir nur 1000 Leute im Stadion haben, dafür aber 10’000 in Beizen, haben wir wirklich nichts gewonnen.

Als Sie noch beim BAG waren, wurde das Veranstaltungsverbot eingeführt. Wie sehen Sie die Entscheidung rückblickend?
Der war absolut richtig und wichtig. Die Schweiz war das erste Land war, das einen solchen Entscheid gefällt hat. Wir standen ja damals kurz vor der Basler Fasnacht. Da musste man sagen: Wenn man jetzt kein riesiges Risiko eingehen will, muss man Grossveranstaltungen verbieten. Doch jetzt sind wir weiter und müssen schauen, was möglich ist. Jetzt bei einer Verbots-Politik zu bleiben, wäre sicher falsch.

Manche behaupten, dass Sie jetzt diese Meinung vertreten, weil Sie für mehrere Eishockey-Klubs tätig sind.
Ich habe diese Haltung auch schon beim BAG vertreten, als es um die Öffnungen ging. Ich habe immer gesagt, dass wir schauen müssen, dass wir das Gleichgewicht finden. Und andere Länder sind bereits auf diesem Weg. Österreich erlaubt zum Beispiel die Salzburger Festspiele – mit nummerierten Plätzen, damit man weiss, wo die Leute sitzen.

Steht die Rückverfolgbarkeit der Infektions-Kette im Vordergrund?
Das ist der wesentliche Punkt. Wenn man 10’000 oder 20’000 Personen zusammen hat, wird es positive Fälle darunter haben. Wenn man aber danach einen dieser Fälle entdeckt, muss man wissen, wo die Leute waren und mit wem sie Kontakt hatten, um sie isolieren zu können und weitere Ansteckungen zu verhindern. Deshalb hat man ja auch diese App entwickelt. Das funktioniert nur, wenn wir sehr Tiefe Infektionszahlen haben und die Leute schnell entdecken. Auf dieser Seite muss man im Moment auch noch arbeiten. Die ganze Testerei muss schneller, besser und unkomplizierter werden. Wenn da die Hürden zu hoch sind, entdeckt man die Fälle zu spät.

Wie interpretieren Sie die täglichen Zahlen? Es gibt ja Leute, die der Meinung sind, dass es nicht so dramatisch ist, weil es wenige klinische Fälle gibt.
Gott sei Dank ist es so. Es ist auch ein Zeichen, dass wir in die richtige Richtung gehen. Es sind nun die jüngeren Leute, die sich infizieren, dies aber auch weiter streuen, weil sie viel mehr Sozialkontakte haben. Es sind ja nicht die 80-Jährigen, die jetzt in der Disco rumhüpfen.

Ist es also gar nicht so schlimm?
Es sind zwar derzeit keine horrenden Zahlen. Aber sie sind zu hoch. Eigentlich müssten sie, wenn die Nachverfolgbarkeit gut funktioniert, immer noch sinken. Und im Herbst und im Winter, wenn wir dann noch alle anderen Viren und noch mehr Leute mit Symptomen haben werden, wird es mit den Zahlen, die wir jetzt haben, nicht gehen. Dann wird die Gefahr, dass man die Ketten sofort verliert und es explosionsartig ansteigt, gross – wenn man nicht breit testet. Man kann derzeit gar nicht zu viel in die Bekämpfung investieren. Wenn man an die Schäden denkt, die sonst entstehen.

Im Sport wären die wirtschaftlichen Folgen riesig.
Auch kulturell, gesellschaftlich. Man spricht nur immer von den wirtschaftlichen Schäden. Doch wir bestehen nicht nur aus Wirtschaft. Wir bestehen auch aus Freizeit, Gott sei Dank. Wenn die ganze Freizeit im Eimer ist, geht es den Leuten nicht gut. Es ist wichtig, alles zu machen, eine zweite Welle zu verhindern. Und ich überzeugt, dass man das nicht schafft, wenn man nur Verbote aufstellt.

Manche stellen auch Vergleiche an: Warum kann ich mit Maske in eine S-Bahn, wo sich viele Leute sehr nahe kommen, aber nicht in eine geräumiges Stadion?
Genau. Und dann verliert man die Leute. Dann begreifen sie es nicht mehr und machen einfach irgendetwas.

Wie soll es mit mehr als 1000 Zuschauern funktionieren?
Indem man die Rückverfolgbarkeit sicherstellen kann. Es kann sicher nur nummerierte, personalisierte Sitzplätze geben. Dazu kommt das Maskentragen. Man muss schauen, wie man den Ausschank und das Rein- und Rausgehen ins Stadion organisiert. Am Flughafen läuft man zum Beispiel im Sicherheitsbereich seit Jahren in einer Kolonne und nicht in einer Traube. Das muss man jetzt vorbereiten und die Leute informieren. Die Fans, die Fanklubs und die Spieler, dass sie mit dem richtigen Beispiel voran gehen. Nicht so wie zuletzt im Fussball.

Inwiefern?
Wenn man den Leuten sagt, sie sollen sich nicht die Hand geben, und auf dem Fussballplatz fallen sich die Spieler um den Hals.

Dass sich die Teamkollegen nahe kommen, ist fast unvermeidbar.
Darum geht es nicht, sondern um die Vorbildfunktion. Darum ist das Informieren das Wichtigste. Die Stadien bieten da ja vielleicht eine gute Gelegenheit.

Als Erziehungs-Plattform?
Da hat man Leute, an die man sonst nicht rankommt. Fangruppierungen sind auch Sozialeinrichtungen. Wir wissen noch nicht, wie gut ein Impfstoff funktionieren wird. Wir werden mindestens noch ein paar Jahre mit diesem Virus umgehen müssen.

Sie arbeiten mit mehreren Eishockey-Klubs, darunter der SC Bern, zusammen. Wie sieht Ihr Engagement aus?
Es geht dabei nicht um ein Business. Ich berate diese Klubs für ihre Schutzkonzepte im Stundenauftrag. Für den SCB hat das bisher 700 Franken gekostet. Ich habe mit keinem einen Vertrag. Ein kleiner Klub, den ich am Telefon berate, bekommt keine Rechnung von mir. Bei einem Klub wie dem SCB, wo ich einige Male vorbei gehe, berechne ich die Stunden. Der SCB war der erste Klub, der auf mich zukam. Wir sassen einige Male zusammen und ich sagte, worauf man schauen sollte. Doch ich erstelle keine Konzepte. Ich werde sicher auch einmal mit den Spielern sprechen.

Wie ist Ihr persönlicher Bezug zum Sport?
Ich bin kein Fan irgendeines Klubs. Ich war seit 40 Jahren nicht mehr in einem Stadion. Mir geht es ums Gesamtbild. Ich schaue Sport am Fernsehen und mache selbst verschiedene Sportarten.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Lausanne HC
Lausanne HC
31
12
59
2
ZSC Lions
ZSC Lions
28
31
58
3
HC Davos
HC Davos
32
25
58
4
SC Bern
SC Bern
31
18
55
5
EHC Kloten
EHC Kloten
32
-1
54
6
EV Zug
EV Zug
30
20
49
7
SCL Tigers
SCL Tigers
30
4
44
8
EHC Biel
EHC Biel
30
2
42
9
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
32
-11
42
10
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
31
-18
41
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
31
-12
39
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
28
-3
36
13
HC Lugano
HC Lugano
30
-23
36
14
HC Ajoie
HC Ajoie
30
-44
26
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