Als Kids wirbelten Nico Hischier und sein Bruder Luca zu Hause in Naters VS stundenlang in der Tiefgarage. Auf Rollerblades lieferten sie sich heisse Duelle. Der vier Jahre ältere der beiden Brüder behielt meist die Oberhand, sodass der kleine Nico manchmal tobte, weil er das Verlieren erst noch lernen musste. Und noch heute pushen sich die Brüder im Sommertraining gegenseitig.
In einem Bereich hat Luca immer noch die Nase vorn: bei den Titeln. Zwar bekam auch Nico eine Meistermedaille, als er 2015/16 als 16-Jähriger beim SCB 15 Quali-Spiele bestritt. Doch Luca ist bereits zweimal Meister (2016 und 17 mit dem SCB) und greift derzeit mit Biel im Playoff-Final gegen Servette nach Titel Nummer 3.
«Luca hat mit so vielen Verletzungen zu kämpfen gehabt. Und ist immer wieder zurückgekommen», sagt Nico, der sich mehrere Bieler Playoff-Spiele aus der Ferne angeschaut hat. «Dass er jetzt solche Leistungen bringen kann, bereitet mir sehr grosse Freude. Er verdient das. Er ist ein sehr guter Hockey-Spieler.»
Luca verdient einen Bruchteil von Nico
Ausserhalb der Schweiz ist Luca, der seinen Bruder erst einmal während der Olympia-Pause 2018 in Übersee besuchen konnte, nur Kennern ein Begriff. Und auch wenn bei uns die Löhne nicht öffentlich gemacht werden, ist klar, dass er nur einen Bruchteil des Salärs seines Bruders verdient. Nico steht bei den New Jersey Devils in der dritten Saison seines 8-Jahres-Vertrags, der ihm im Schnitt jährlich 7,25 Millionen Dollar einbringt.
Nicht nur in der Tiefgarage machten dem jüngeren Hischier-Bruder lästige Niederlagen zu schaffen, sondern lange auch in New Jersey. In seinem ersten Jahr qualifizierten sich die Devils zwar für die Playoffs. Danach mussten sie aber vier Saisons lang untendurch. Vor einem Jahr trennten Hischier & Co. 40 Punkte von einem Playoff-Platz.
Doch jetzt ist alles anders. Das Team vor den Toren New Yorks hat 49 Punkte mehr geholt und ist längst für die K.-o.-Phase qualifiziert.
Hätte Hischier vor einem Jahr so einen Umschwung für möglich gehalten? «Ich habe schon daran geglaubt, dass wir die Playoffs erreichen können», antwortet er. «Dass wir aber gleich so weit vorne dabei sind, hat mich auch überrascht.» Zu den Gründen für den höllischen Aufstieg sagt er: «Wir haben Selbstvertrauen bekommen und gemerkt, dass wir ein gutes Team sind, wenn wir unser Hockey spielen. Jeder Einzelne hat sich entwickelt. Dazu sind neue Spieler gekommen, die perfekt passen. Ein wichtiger Punkt sind auch die Goalies. Und was auch geholfen hat: Mehr oder weniger alle blieben in dieser Saison gesund.»
Sind für Nico Hischier mal 100 Punkte möglich?
Auch der Walliser spielt seine beste Saison. Er ist nicht nur defensiv einer der besten Stürmer der Liga, sondern hat mit 31 Toren, 49 Assists und 80 Punkten seine bisherigen Bestwerte aus dem Vorjahr (21/39/60) pulverisiert.
Der Center, der im Draft 2017 als Nummer 1 gewählt wurde, wird immer besser. «Ich hoffe, da ist noch viel mehr möglich», sagt Hischier. «Mein Ziel ist es einfach, der beste Spieler zu sein, der ich für mein Team sein kann.» Ist für ihn auch mal die magische 100-Punkte-Marke drin? «Ich hoffe es auf jeden Fall. Aber darüber mache ich mir keine grossen Gedanken.»
Spätestens seit kurz vor der Trade-Deadline auch noch der robuste Appenzeller Goalgetter Timo Meier aus San José geholt wurde, ist klar, dass jetzt und in den nächsten Jahren mit den Devils zu rechnen sein wird.
Das heisst auch, dass die Hischier-Brüder vielleicht nie zusammen an einer WM spielen werden, weil die talentierten Devils regelmässig mit den Playoffs beschäftigt sein dürften. Vor einem Jahr platzte der «Brother Act». Luca war bei der WM-Vorbereitung dabei, musste aber krank Forfait geben. «Zusammen an einer WM zu spielen, wäre etwas, was man sein Leben lang nicht mehr vergessen würde. Es war immer schon unser grosser Traum», sagt Nico.
«Da wird die Post abgehen»
Auch ohne die Nati hat er Schweizer um sich. Zum einen gibt es oft Besuch aus der Heimat. Und bei den Devils sind ja auch noch Meier, Hischiers Kumpel Jonas Siegenthaler sowie zeitweise Goalie Akira Schmid. Hat sich Raclette bereits als neues Team-Essen durchgesetzt? «Als wir in Washington spielten, hat uns Jonas ein Schweizer Restaurant gezeigt. Dort haben wir mit einem Teil des Teams und den Materialwarten Raclette gegessen.»
Ab nächster Woche stehen die Playoffs auf dem Menü. Dabei bekommen es Hischier & Co. mit Erzrivale New York Rangers zu tun. «Das wird sicher eine Super-Serie», sagt der Schweizer Star. «Jeder in unserem Team ist heiss darauf. Jersey hat New York nicht gerne. Und New York mag New Jersey nicht. Das ist ein richtiges Derby. Das sind immer coole Spiele. Da wird die Post abgehen.»
Nico hat neben seinem Traum, einmal mit seinem Bruder an einer WM zu spielen, noch ein anderes Ziel: den Stanley Cup in die Höhe zu stemmen. Schliesslich hat er in Sachen Titel Aufholbedarf gegenüber Luca.