Maple Leafs wollten den Erfolg kaufen
NHL-Vorzeigeprojekt ist grandios gescheitert

Die Toronto Maple Leafs verpassen die Playoffs. Die Strategie des General Managers Dubas entpuppt sich als Rohrkrepierer.
Publiziert: 10.08.2020 um 15:27 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2020 um 17:03 Uhr
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Nur noch Zuschauer: Auston Matthews und die Toronto Maple Leafs sind bei den Playoffs nicht mit dabei.
Foto: AFP
Dino Kessler

Im vergangenen Herbst wird Mike Babcock als Trainer der Toronto Maple Leafs nach einer Durststrecke entlassen. Kurz nachdem publik wurde, dass Babcock dem Jungstar Mitch Marner mit (fragwürdigen) psychologischen Tricks einen Leistungsschub verpassen wollte. Für den 34-jährigen General Manager Kyle Dubas die Gelegenheit, den knurrigen Old-School-Trainer aus dem Weg zu räumen. Babcock passte nicht zur Philosophie, die sich Dubas für die Maple Leafs ausgedacht hatte – also installierte Dubas den pflegeleichten Nachwuchstrainer Sheldon Keefe, der sich bei den Toronto Marlies (AHL) empfohlen hatte und die Ideen von Dubas zu hundert Prozent mitträgt.

Sport ist nur bis zu einem gewissen Punkt berechenbar

Dubas glaubte, mithilfe moderner Statistiken und dem unbestrittenen Talent von Auston Matthews, Mitch Marner, John Tavares und William Nylander die Liga aus den Angeln heben zu können. Er stattete das Quartett mit hochdotierten langfristigen Verträgen aus: Matthews belastet die Payroll mit 11,6 Millionen Dollar, Tavares steht bei glatten 11 Millionen, Marner verdient 10,8 Millionen pro Jahr und Nylander rund 7 Millionen. Fast 50 Prozent der erlaubten Lohnsumme für vier Spieler.

Geschmeidiges High-End-Talent in der Offensive, Zahlen-Fanatismus und Puckbesitz sind in der Welt von Kyle Dubas der Schlüssel zum Erfolg, mit gläsernen Spielern, die aufgrund von immer absurder anmutenden Erhebungen eingestuft und bewertet werden. Dabei wird gerne mal vergessen, dass Sport nur bis zu einem gewissen Punkt berechenbar ist. Abwehr- und Zweikampfverhalten, die Emotionen und Launen der Profis sowie ein entsprechend ausbalanciertes Kader sind Faktoren, die sich nur schwer quantifizieren lassen.

Für Jahre in der Salary-Cap-Klemme?

Eine ausbalancierte Mannschaft kann sich Toronto aufgrund der Lohnobergrenze (81,5 Millionen) und den astronomischen Gehältern der vier Stars für die nächsten paar Jahre nicht leisten. Ein Tauschgeschäft scheint ebenfalls ausgeschlossen – ein Klub, der für die nächsten Saisons mehr als 10 Millionen Dollar pro Jahr für einen Stürmer ohne Playoff-Leistungsausweis hinlegt, wird sich kaum finden. Dubas hat sich quasi selbst die Hände gebunden.

Im letzten Sommer hatte der selbstbewusste Zahlenliebhaber den widerstandsfähigen Mittelstürmer Nazem Kadri nach Colorado verscherbelt und bekam dafür den (für Freund und Feind) unberechenbaren Verteidiger Tyson Barrie sowie Stürmer Alex Kerfoot. Ein Schlag ins Wasser. Die Columbus Blue Jackets mit dem Schweizer Verteidiger Dean Kukan schafften es, gegen die auf dem Papier talentierteste Offensive der Liga in fünf Spielen zwei Mal die Null stehen zu lassen.

Erstes Wahlrecht als «Lohn»

Der Spitzenverdiener der Blue Jackets ist der Angreifer Cam Atkinson mit 5,875 Millionen pro Jahr. Im letzten Sommer machten sich zudem die Free Agents Artemi Panarin (New York Rangers), Sergei Bobrovski (Florida) und Matt Duchene (Nashville) für wesentlich höhere Löhne aus dem Staub. Sie sind mit ihren Teams ebenso in den Vor-Playoffs gescheitert wie die Maple Leafs aus Toronto. Der einzige Silberstreifen am Horizont: Aufgrund einer seltsamen Regelung stehen die acht Pre-Playoff-Verlierer in der Pole-Position für das erste Wahlrecht im kommenden Auswahlverfahren der besten Talente. Der grosse Preis: Der Stürmer Alexis Lafreniere, ein exzellenter Spielmacher. Für die Maple Leafs besitzt er höchstens als Tauschobjekt einen Wert.

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