Yannick Weber erzählt vom Alltag in der NHL
«Ich war über 100 Stunden am Telefon»

Als Spielervertreter seiner Nashville Predators hat NHL-Verteidiger Yannick Weber (31) intensive Monate hinter sich. Am nächsten Wochenende starten nun die Playoffs.
Publiziert: 27.07.2020 um 00:40 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2020 um 07:45 Uhr
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Seit dem 12. März ist der Spielbetrieb in der NHL aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie unterbrochen.
Foto: imago images/ZUMA Press
Nicole Vandenbrouck

Das Gefühl der Ungewissheit, es nagte an vielen Spielern, als sich in der NHL der Saisonunterbruch aufgrund der Corona-Pandemie abzeichnete.

Rückblende – aus Yannick Webers Sicht: Seine Nashville Predators weilten schon fürs Auswärtsspiel in Toronto, als sie am Morgen des Matchtages erfuhren, dass die Partie abgesagt werden dürfte. «Wir wussten, dass das Virus in Europa schon wütet, doch da kam es so richtig in den USA an», erinnert sich der Berner. Am Folgetag reiste das Team zurück nach Nashville. Der Klub riet den Spielern, sich zwei Wochen in Quarantäne zu begeben.

Zwei Wochen Nichtstun. «Daran musste ich mich zuerst gewöhnen. Doch die körperliche Pause tat gut.» Filme schauen, Bücher lesen, Werkeln rund ums Haus. Und die für Ende Juni geplante Hochzeit mit seiner Verlobten Kayla Price (28) musste verschoben werden. Die ersten Tage vergingen wie im Flug. «Nach zwei Wochen aber machte sich der Athlet in mir bemerkbar.» Der Verteidiger startete mit seinem Sommertraining. Zu jenem Zeitpunkt noch ohne jeglich Vorstellung davon, wann und ob die Saison weitergehen würde. Die sportliche Ungewissheit.

Weiterführung des Gesamtarbeitsvertrages

Damit verbunden war die finanzielle Ungewissheit. Mit diesen Sorgen wurde Weber konfrontiert. Der Berner ist seit 2016 der Spielervertreter der Predators, also der Kontaktmann für die Liga sowie die Spielervereinigung NHLPA. Bereits an Tag eins nach dem Saisonabbruch fand eine erste Telefonkonferenz mit den Spielervertretern aller 31 Klubs, der Gewerkschaft und der Liga statt. «Da ging es hauptsächlich erst um Informationen zur Pandemie.»

Verbunden mit der Unsicherheit, nicht nur wie sie diese, sondern auch die nächste NHL-Saison beeinflussen wird, kam rasch der Gesamtarbeitsvertrag als Thema hinzu und rückte voll in den Fokus. «Weil die Spieler gemerkt haben, dass es sowohl für sie als auch für die Liga finanziell ein harter Schlag werden könnte», so Weber. Heute ist klar: Am 10. Juli haben sich die NHL und NHLPA auf eine Weiterführung des Gesamtarbeitsvertrages einigen können. Der sogenannte CBA (Collective Bargaining Agreement), der noch bis 2022 gültig ist, wurde um vier Jahre bis Ende der Saison 2025/26 verlängert.

Eingeflossen in die Abmachung sind abschätzbare Einnahmen wie beispielsweise die der TV-Verträge und man ging von einem Modell aus, dass auch nächste Saison grösstenteils ohne Fans gespielt werden muss. Die Spieler verzichten nun ein Jahr auf einen Teil ihres Salärs. Es wurde ein Verteilschlüssel erarbeitet, der ihnen in den nächsten sechs Jahren die Einbusse zurückerstatten soll.

Zwischen dem Saisonabbruch und dieser Einigung lagen vier intensive Monate für Weber. Aus anfänglich ein bis zwei Telefonkonferenzen wöchentlich wurden mehrere täglich. Der 31-Jährige hat die Anrufe protokolliert und sich die Zeiten notiert. Er rechnet: «Ich war über 100 Stunden am Telefon.» Zu den offiziellen Video-Calls kamen Anrufe von besorgten Mitspielern dazu.

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Jeden zweiten Tag auf das Coronavirus testen

«Deren Ängste und Meinungen muss man akzeptieren», so Weber, «jeder Spieler hat eine andere Vor- und Einstellung, je nach Alter, Familienstatus oder Lebenssituation. Manche haben alles hinterfragt.» Insbesondere, als der Return-to-Play-Plan, also die Rückkehr zur Meisterschaft, sowie das Gesundheits- und Schutzkonzept zur Diskussion standen. Deshalb setzte sich die NHLPA dafür ein, dass für jeden Spieler die Option besteht, auf eine Playoff-Teilnahme zu verzichten, sollten Bedenken bestehen. Einige taten dies.

«Für uns war das Wichtigste, dass das Gesundheitsprotokoll so sicher wie möglich ist.» Abgesegnet werden musste es sowohl vom kanadischen als auch vom amerikanischen Gesundheitsministerium. Darin ist vorgeschrieben, dass sich die Spieler schon vor der Reise an die Austragungsorte Edmonton und Toronto jeden zweiten Tag auf das Coronavirus testen lassen müssen. Nashville entschied sich sogar für tägliche Tests. «In unserem Trainingslager hier fühle ich mich sehr sicher», betont Weber. Die Predators, die am Sonntag nach Edmonton fliegen, haben für die Tests ein Drive-in beim Stadion eingerichtet. Bei Meetings tragen die Spieler Masken. Jeder hat in der Garderobe mehr Platz, weil auch die Kabine des Gästeteams genutzt wird.

Ein weiterer Punkt, der laut Weber die Spieler beschäftigte: Die Infrastruktur vor Ort in der von der Liga sogenannten «Bubble», der gesicherten Zone, in der sich die NHL-Spieler bewegen dürfen. «Einige waren in grosser Sorge, wie sie das mental schaffen, wenn man nicht aus dem Hotelzimmer könnte.» Doch das ist nun möglich. «Die Vorstellung, wie die Umsetzung genau ist, ist noch schwierig», so Weber. Doch da er in den Prozess involviert war, habe er grosses Vertrauen in die Liga und Gewerkschaft. «Mein Gefühl von Sicherheit gebe ich meinen Teamkollegen weiter.» Nun kann in die Playoff-Welt eingetaucht und um den wohl härtesten und speziellsten Stanley Cup gespielt werden.

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