Es ist der wohl emotionalste Moment in der NHL-Karriere von Denis Malgin. Der Oltner in Diensten der Toronto Maple Leafs muss vor dem Spiel gegen die Pittsburgh Penguins mitansehen, wie der am letzten Donnerstag im Alter von 71 Jahren verstorbene Börje Salming schwer gezeichnet von der tödlichen Nervenkrankheit ALS auf das Spielfeld geführt wird. Salming wird an diesem Abend für 1100 Spiele im Dress der Ahornblätter geehrt.
Der einstige Star-Verteidiger aus Schweden will sich beim Publikum für die stehende Ovation bedanken, kann aber nur noch den linken Arm aus eigener Kraft heben. «In diesem Augenblick hatten wir alle Tränen in den Augen. Es ist schrecklich, wenn man einen Menschen so brutal leiden sieht», erzählt Malgin mit leiser Stimme.
Während dieser ergreifenden Zeremonie rückt beim 25-Jährigen auch die Tatsache in den Hintergrund, dass er in der grössten Stadt Kanadas noch keine Hauptrolle spielt. Der letztjährige Topskorer der ZSC Lions wird von Headcoach Sheldon Keefe meist in der vierten Linie eingesetzt, wo er im Durchschnitt nicht länger als 11 Minuten auf dem Eis steht. Zuletzt war er gar überzählig.
Hilfe vom Top-Star
Aus dieser arg beschränkten Spielzeit hat der Sohn der Olten-Legende Albert Malgin (53) aber so ziemlich das Optimum herausgeholt – zwei Tore und drei Assists hat er in 14 Spielen erzielt. «Natürlich möchte ich mehr Eiszeit erhalten. Über alles hinweg betrachtet bin ich mit meiner jetzigen Situation dennoch nicht unzufrieden, weil ich fast in jedem Spiel mindestens eine nennenswerte Aktion hatte. Das stimmt mich für die Zukunft sehr zuversichtlich.»
Malgin fühlt sich im Team aus der 2,7-Millionen-Metropole auch deshalb wohl, weil er hier einen alten Bekannten aus Zürich in seinen Reihen hat. Die Rede ist von Superstar Auston Matthews (25). «Wir haben in der Saison 2015/16 beim ZSC zusammengespielt. Und obwohl sich Auston in der Zwischenzeit zu einem der besten Spieler der Welt entwickelt hat, ist er als Mensch absolut bodenständig geblieben. Er ist enorm hilfsbereit», sagt Malgin (Jahreslohn 750'000 Dollar) über den Top-Center, der pro Saison 11 Millionen Dollar kassiert.
Zitternde Knie bei der Wohnungssuche
Die passende Wohnung im Stadtzentrum hat Malgin aber ohne Matthews Hilfe gefunden. Er gesteht allerdings, dass ihm die Appartementsuche in der Stadt der unzähligen Wolkenkratzer zitterige Knie beschert hat. «Ich habe mir mit meiner Frau eine Wohnung im 76. Stock angeschaut. Die Aussicht vom Balkon ist mir ziemlich eingefahren, zudem hatte ich Bedenken, dass wir im Fall eines Brandes nicht zeitig rauskommen.»
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Auch deshalb residieren die Malgins jetzt einige Etagen tiefer. Wenn wie an diesem Tag ein besonders eisiger Wind durch Toronto weht, denkt der Eisgenosse mit russischen Wurzeln mit etwas Wehmut an seine erste Station in der NHL zurück. «Als ich für die Florida Panthers gespielt habe, wohnte ich in Fort Lauderdale. Die dortige Lebensqualität ist kaum zu übertreffen.»
Malgin trauert dem alten Leben in der Sonnenstube der NHL aber nicht lange nach. «In Florida interessiert sich kaum jemand für Eishockey, während in Toronto nahezu jeder ein Fan der Maple Leafs ist. Eishockey wird hier gelebt, wie in kaum einer anderen Stadt. Und genau das wünschst du dir ja als Profi.»
Fans üben gigantischen Druck aus
Im selben Atemzug bringt der 1,75-Meter-Mann die unangenehme Seite dieses Fanatismus zum Ausdruck. «Der Druck ist hier sehr viel höher als in Florida. Wenn du mit den Panthers serienweise verlierst, ärgert das ausser der Klubführung niemanden. Aber wenn du mit den Maple Leafs vier Niederlagen in Folge kassierst, ist in Toronto der Teufel los.»
Vor dem Eingang in die Scotiabank Arena wird Malgin noch einmal an Börje Salming erinnert. Ein Künstler hat hier Bronze-Statuen der grössten Leafs-Legenden angefertigt, Salming wurde in Jubelpose verewigt. «Die Wahrscheinlichkeit ist klein, dass es hier eines Tages eine Bronze-Statue von mir geben wird», meint der Oltner. Doch wenn er im nächsten Juni die Maple Leafs zum ersten Stanley-Cup-Sieg seit 1967 schiessen sollte, würden sie Malgin wahrscheinlich sogar ein goldenes Denkmal bauen.