Nach Mark Streit ist in der grossen NHL-Interview-Reihe heute Roman Josi dran.
BLICK: Welches in der Jugend erzielte Tor haben Sie nicht vergessen?
Roman Josi: Nicht unbedingt ein Tor, aber einen Sieg. Das Highlight in meiner Zeit als SCB-Junior war jedes Jahr das Turnier in Zell am See in Österreich. Das war so eine Art Spengler Cup für Kinder, bei dem meistens das Team Canada den Pokal eroberte. Ich habe mich das ganze Jahr aufs Turnier gefreut. Eines Tages haben wir die so übermächtig erscheinenden Kanadier im Final geschlagen. Ich denke noch heute mit einem wunderbaren Gefühl daran zurück.
Als Junioren-Spieler des SCB haben Sie regelmässig die Heimspiele der Grossen besucht. Wer war Ihr Lieblingsspieler?
Mein grosses Vorbild war lange Martin Steinegger. Eine besondere Erinnerung verbinde ich auch mit dem Kanadier Sébastien Bordeleau, der mir einmal einen ziemlich komisch angesägten Stock geschenkt hat. Weil das Gerät von Bordeleau rechts herum gebogen war und ich ein Linksschütze bin, habe ich den Schläger einem Kollegen weitergegeben, der damit lange und erfolgreich spielte.
Welches war Ihr erstes NHL-Erlebnis im TV?
Ich war ungefähr elf, als wir zu Hause plötzlich ESPN America mit der Übertragung des Stanley-Cup-Finals empfangen konnten. Wenn ich mich nicht irre, hat Colorado damals gewonnen mit David Aebischer als Nummer 2 im Tor.
Sie haben als Buben regelmässig das NHL-Video-Game gespielt. Welche Stars würden Sie heute für dieses Spiel aufstellen?
Als Kind war Joe Sakic ein fixer Bestandteil meines NHL-Games. Heute würde ich Nashville-Kumpel Rinne im Tor, Ottawas Karlsson und Chicagos Keith in der Abwehr, sowie Edmontons McDavid, Chicagos Kane und unseren Forsberg im Sturm aufstellen.
Gegen welches Vorurteil mussten Sie zu Beginn der NHL-Karriere als Berner in Nordamerika besonders heftig ankämpfen?
Ich hatte wirklich nie das Gefühl, dass ich hier nicht dieselbe Chance wie ein Amerikaner oder Kanadier bekomme.
Welche Berner Spezialität vermissen Sie in Nordamerika?
Das sind vor allem Käse-Spezialitäten. Ich habe in Nashville zwar auch ein «Raclette-Öfeli», den idealen Raclette- oder Fondue-Käse habe ich hier aber noch nicht gefunden. Zudem fehlt mir in Tennessee vor allem der Blick auf die Aare.
Gibt es etwas typisch Amerikanisches, dass Ihnen während des Sommer-Urlaubs in Bern fehlt?
Die Einkaufszentren gehören zu den besonders angenehmen Dingen im Leben in den USA, die Läden haben hier sehr viel länger geöffnet als in der Schweiz. Und noch etwas: In meinem Stamm-Steakhouse in Nashville gibt es zur Vorspeise sensationell zubereitetes Markbein. Etwas Vergleichbares habe ich in Bern noch nie gegessen.
Worauf fahren Sie heftiger ab: American Girl oder Bärner Müntschi?
Bei aller Liebe zu meiner Heimat – das American Girl hat es mir extrem angetan.
Was imponiert Ihnen an Ihrem Final-Gegner?
Die Pittsburgh Penguins haben mit Crosby und Malkin Superstars in ihren Reihen, die zu den besten Spielern aller Zeiten gehören. Das ganz Besondere an diesem Final-Duell ist für mich aber die Begegnung mit meinem Freund Mark Streit, dem ich sehr viel zu verdanken habe. Er war für mich immer ein Vorbild, ich konnte von ihm in gemeinsamen Trainings im Sommer enorm viel lernen.
Warum landet der Stanley Cup trotzdem in Ihrem Team?
Weil wir in diesen Playoffs enorm konstant spielen und mit Rinne den stärksten Goalie besitzen.
In welcher Kategorie haben Sie keinen Pokal verdient?
Seit ich mir vor ein paar Monaten in Nashville ein Haus gekauft habe, bin ich zwar nicht mehr ganz so unordentlich wie zuvor. Als Hausmann werde ich dennoch nie Karriere machen.
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Roman Josi (26), Nashville Predators
Schon als 19-Jähriger trumpfte der Ex-SCB-Stift beim Meistertitel der Berner 2010 ganz gross auf. 2013 etablierte sich der Zweitrunden-Draft in der NHL, führte die Schweiz als MVP zu WM-Silber und unterschrieb einen Sieben-Jahres-Vertrag über 28 Millionen Dollar bei Nashville. Inzwischen zählt Josi zu den besten Verteidigern der Welt und ist mit fünf Treffern der beste Playoff-Torschütze unter den Abwehrspielern.