Ihr Schweizer Opa wanderte in den 60er-Jahren aus
Farm-Leben fürs Hockey hinter sich gelassen

Fribourg-Torhüterin Alexandra Lehmann (24) ist eine Farmerstochter aus Kanada und packt hier auf einem Bauernhof an. Die Corona-Krise brachte sie in die Schweiz, ihr Traum ist jedoch die nordamerikanische Profiliga PWHL. Ein Probetraining hatte sie sich schon ergattert.
Publiziert: 19.12.2024 um 09:11 Uhr
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Seit dieser Saison steht die Kanada-Schweizerin Alexandra Lehmann bei Fribourg in der Women's League im Tor.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Fribourg-Torhüterin Alexandra Lehmann arbeitet auf einem Bauernhof
  • Kanadisch-schweizerische Doppelbürgerin mit Wurzeln im Thurgau und Sempach
  • Spielte für Lugano Ladies, gewann 2021 den Meistertitel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Wissenschaft und Neurologie hat Alexandra Lehmann an der Carleton Universität in Ottawa zwar studiert. Ihr Ding sind aber Landwirtschaftsmaschinen – je grösser, desto besser. Denn aufgewachsen ist die 24-Jährige in Kanada auf einer Farm, kann mit riesigen Säh- und Mähmaschinen sowie Traktoren bestens umgehen und liebt es auch. «Ich arbeite gerne mit den Händen», erzählt der quirlige, 1,80 Meter grosse Rotschopf – auf «Bärndütsch», mit leichtem Akzent.

Lehmann redet Mundart, weil sie Schweizer Wurzeln hat. Ihr mittlerweile verstorbener Grossvater Gottlieb ist 1963 aus dem Thurgau nach Kanada ausgewandert, um dort einen Milchbetrieb aufzubauen. Auf der 800 Hektar grossen Trans Pine Farm in Cecil Lake, die heute Alexandras Eltern Fred und Madeleine bewirtschaften, wird nun aber Ackerbau betrieben. Mit ihren drei Schwestern hat sie immer mit angepackt.

Die ganze Familie Lehmann ist hockeybegeistert. «Wir alle spielten Hockey aus Spass.» Bei der Torhüterin soll daraus am liebsten aber mehr als ein intensives Hobby werden. Dass sie nach zwei Jahren an der Uni das Abenteuer in der Heimat ihrer Grosseltern sowie ihrer Mutter, die aus Sempach stammt, wagt, daran ist die Corona-Pandemie schuld. «Während Corona gab es in Kanada keine Möglichkeit, Hockey zu spielen.»

Lehmann macht sich schlau, sucht sich auf der Verbandsseite von Swiss Ice Hockey die entsprechenden Kontakte raus und schreibt ein Mail. Bald darauf bekommt sie Antwort, von Nati-Trainer Colin Muller, Videocoach Michael Fischer und Sidney Piaget, dem heutigen Teammanager der Frauen-Nati. Piaget ist auch noch bei den Lugano Ladies involviert – und holt Lehmann 2020 kurzerhand ins Tessin.

Meistertitel mit Lugano

Nach zwei Saisons mit einem Meistertitel (2021) und der beginnenden finanziellen Probleme bei den Luganesinnen ist Thun ihre nächste Station, das eine Saison später vom SC Bern übernommen wird. Seit dieser Saison hütet die Doppelbürgerin, die auch schon von Nati-Trainer Muller aufgeboten worden ist, das Gottéron-Tor.

Wie alle Schweizer Spielerinnen arbeitet Lehmann nebst dem Hockey. Und was könnte die Farmerstochter besser, als auf einem Bauernhof in der Region auszuhelfen. «Ich fuhr von Hof zu Hof, stellte mich vor, gab meinen Lebenslauf und fragte, ob sie Hilfe brauchen.» Bis sie fündig wird in Litzistorf FR. Mindestens dreimal pro Woche arbeitet sie im Stall mit. Die körperliche Arbeit schlaucht sie zwar, ist aber gleichzeitig ein gutes Krafttraining.

Mit Fribourg überrascht sie in der Women’s League. Die Aufsteigerinnen von 2023 halten sich im Mittelfeld. Von sich reden gemacht hat die Torhüterin vor wenigen Wochen jedoch, weil sie in ein dreiwöchiges Probetraining eingeladen worden ist von Ottawa, einem der sechs Teams in der nordamerikanischen Profiliga PWHL. Dessen General Manager hat sie mit der Nati gesehen.

Den Sprung ins Team von Ottawa schafft die Kanada-Schweizerin zwar nicht, dafür hätte sie eine der drei Goalie-Frauen verdrängen müssen. «Doch nur schon dank des intensiven Trainings kam ich besser nach Fribourg zurück.» Lehmann hat am Profi-Leben geschnuppert, es in die PWHL zu schaffen, ist ihr Traum. «Das Niveau ist so hoch, ich könnte mich stetig verbessern.» 

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