Ein dritter Schweizer ist auf dem Weg in die NBA. Kyshawn George (20), ein Talent aus dem Wallis, wird beim Draft als Nummer 24 von den New York Knicks gezogen und an die Washington Wizards weitergereicht.
Draft wird die traditionelle Veranstaltung genannt, an der die Verantwortlichen der Franchisen der National Basketball Association (NBA) die Rechte an Nachwuchsspielern erwerben können. Die verfügbaren Talente entstammen College-Teams oder auch aus Ligen ausserhalb Nordamerikas.
Der Draft ist auch eine Tauschbörse, wie George erfahren muss. Die Knicks reichen ihn nach Washington weiter, erhalten im Gegenzug aber zwei von den Wizards an diesem Abend ausgewählten Spielern. In der Hauptstadt der USA wird er auf eine Equipe treffen, die sich im Wiederaufbau befindet.
Die Nummer 1 im Draft ist wie im vergangenen Jahr, als sich die San Antonio Spurs die Dienste des «Wunderkindes» Victor Wembanyama gesichert hatten, ein Franzose. Die Atlanta Hawks, die Mannschaft mit Clint Capela, wählt den 19-jährigen Zaccharie Risacher, der zuletzt in der Heimat beim Verein ASVEL in Lyon spielte. Den perfekten Abend aus französischer Sicht in New York rundet Alex Sarr ab, der an zweiter Stelle von den Washington Wizards gewählt wird und so Teamkollege von George sein wird.
Auf den Spuren von Sefolosha und Capela
Kyshawn George gehört zu jenen aufstrebenden Hochbegabten, die den letzten Abschnitt des Weges in die weltbeste Basketball-Liga in einer Hochschul-Equipe gegangen sind. Der in Monthey aufgewachsene Shooting Guard hat in der vergangenen Saison für die Miami Hurricanes in der NCAA, der nordamerikanischen College-Meisterschaft, gespielt.
Das Rüstzeug, um sich seinen Traum von einem Engagement in der NBA zu verwirklichen, hatte sich George in den fünf Jahren zuvor in Frankreich bei Elan Chalon geholt, einem Verein aus dem Burgund. Er schlug damit den gleichen Weg ein wie seine Vorgänger in der NBA. Auch Thabo Sefolosha und Capela hatten sich einst in Chalon-sur-Saône (F) niedergelassen. Die Zeit in Frankreich war für George nicht nur von sportlichem Fortschritt, sondern auch von enormem Wachstum geprägt. Er legte um 30 Zentimeter Körperlänge auf stattliche zwei Meter und drei Zentimeter zu.
Der mittlerweile 40-jährige zurückgetretene Sefolosha spielte in der NBA während 14 Jahren für die Chicago Bulls, die Oklahoma City Thunder, die Atlanta Hawks, die Utah Jazz und die Houston Rockets. Der Waadtländer war vor 18 Jahren beim Draft als Nummer 13 von den Philadelphia 76ers gewählt, in einem Tauschgeschäft aber von den Chicago Bulls übernommen worden.
Acht Jahre nach Pionier Sefolosha hatte die Schweiz mit Capela ihren zweiten Vertreter in der NBA. Vor seinem Wechsel zu den Hawks stand der Genfer bei den Houston Rockets unter Vertrag. Als Nummer 25 des damaligen Wahlprozederes hatte er bei den Texanern einen Dreijahresvertrag erhalten.
«Habe Basketball schon immer geliebt»
Der Basketball wurde Kyshawn George sozusagen in die Wiege gelegt. Sein Vater Deon, ein Kanadier, war während vielen Jahren eine prägende Figur beim Nationalliga-A-Verein Monthey-Chablais. Wegen der Herkunft seines Vaters ist der Filius kanadisch-schweizerischer Doppelbürger.
«Ich habe Basketball schon immer geliebt. Der Sport ist mein Leben, er ist in mir verankert», sagt Kyshawn George. Er weiss, dass Talent allein nicht ausreicht, um mit den Besten mithalten zu können. «Selbst wenn du beste Voraussetzungen mitbringst, musst du arbeiten, musst du dir den Erfolg erarbeiten. Ich wurde in Chalon nicht der Beste. Aber wenn du das Ganze mit Disziplin anpackst, wird es zur Gewohnheit. Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg.»
Auf diesem Weg hat George den nächsten, womöglich entscheidenden Schritt getan. In New York ist für ihn in der Nacht auf Donnerstag der grosse Traum wahr geworden. Sein Vertrag mit Washington läuft für mindestens zwei Jahre – wenn sie zufrieden sind, kann er bis auf vier Jahre verlängert werden. Finanziell sichert George der Draft in der ersten Runde fast fünf Millionen Dollar. Im ersten Jahr verdient er gemäss Gehaltsskala 2,361 Millionen, im zweiten Jahr steigt der Betrag auf 2,479 Millionen.