Rick Carlisle hatte es vorausgesehen. 2018 empfing der damalige Dallas-Coach einen 19-jährigen Europäer zum Sommertraining bei den Mavericks, um schon nach zwei Tagen zu Protokoll zu geben: «Wer sich jetzt keine Dauerkarte bestellt, wird es in naher Zukunft bereuen.» Ein gewisser Luka Doncic, 2,01-Meter-Hüne und 100-Kilo-Brocken, deutete im NBA-Ambiente ruckzuck an, warum er in Europa bereits als Teenie alles in Grund und Boden spielte. 2017 wurde er mit Slowenien Europameister, ein Jahr später führte er Real Madrid als MVP zum Sieg in der EuroLeague, dem Pendant zur Champions League im Fussball.
Doncic kam als Hoffnungsträger, er sollte Dallas aus dem Niemandsland zurück an die Spitze führen – und Legende Dirk Nowitzki ablösen. Jetzt, viereinhalb Jahre später? Ist «Luka Magic» einer der Superstars der Liga. An Nowitzki erinnert noch die kürzlich eingeweihte Statue vor dem American Airlines Center und so manche Klub-Bestmarke – doch auch diese Rekorde purzeln.
«Ich bin höllisch müde»
Doncic hat mit seiner Grösse und Robustheit, seinen Dribblings und Distanzwürfen die Möglichkeit, das Spiel beinahe nach Belieben zu dominieren. Aktuell ist er der Mann der Stunde in der NBA. Kurz vor Silvester hat er im Duell mit den New York Knicks einen neuen Karrierebestwert von 60 Punkten aufgestellt. Daneben? 21 Rebounds und zehn Assists. Ein Triple-Double, das es in dieser Höhe in der Liga-Geschichte noch nie gegeben hat.
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Doncic bringt an diesem Abend TV-Kommentatoren und Fans zum Ausrasten. Im Platz-Interview sorgt er hinterher für einen Lacher, als er sagt: «Ich bin höllisch müde. Ich brauche ein Erholungsbier.»
Der 23-jährige Freigeist aus Ljubljana schert sich nicht um ein absolut asketisches Leben als Profisportler. Ein Bierchen hier, ein Zigarettchen da – wie einst vor einem WM-Quali-Spiel gegen Deutschland. Seine lockere Art macht den Dallas-Star so populär. Dass er nicht austrainiert wirkt, macht er mit viel Spektakel und unglaublichen Quoten wett.
Ein Pferd und eine Krötenechse
Als Nowitzki bei der Enthüllung seines Denkmals meinte, er hoffe, dass Doncic ebenfalls so lange für die Mavericks spiele wie er, antwortete dieser: «Ich weiss nicht, ob das mit den 21 Jahren etwas wird. Das ist eine lange Zeit für eine Basketball-Karriere. Ich gehe lieber auf meine Farm in Slowenien zurück.»
Apropos Farm: Nachdem sich sein Teamkollege Dorian Finney-Smith im letzten Sommer ein Pferd namens Stevie gekauft hatte, hatte Doncic zu Weihnachten prompt ein Geschenk parat: Er übergab Finney-Smith ein massgeschneidertes Paar seiner Basketballschuhe «Luka1» – fürs Pferd, wohlgemerkt.
Nicht weniger gern vernahmen die Dallas-Fans, als er über die Festtage meinte, er halte zu Hause neuerdings eine texanische Krötenechse: «Weil ich Texaner bin.»
Rick Carlisle hatte es vorausgesehen. Doncic ist eine Attraktion. Kürzlich erreichte er einen neuen Meilenstein: Er ist der erste NBA-Spieler, der in fünf aufeinanderfolgenden Partien auf total mindestens 250 Punkte, 50 Rebounds und 50 Assists kommt. Die Dauerkarten-Inhaber? Dürften ihre Investition wegen Doncic nie bereut haben.