Nach Lobbyisten-Schelte im Nationalrat
Pfister legte Mandat nicht offen

Der Mitte-Präsident kritisiert die politischen Pöstlisammler im Gesundheitswesen. Seine Funktion beim Vergleichsportal Comparis wies er nicht aus.
Publiziert: 05.06.2022 um 12:15 Uhr
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Mitte-Chef Gerhard Pfister im Nationalrat nennt es ein «Einzigartiges Perpetuum mobile».
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Am Dienstag erlebte der Nationalrat einen Gerhard Pfister (59) in Hochform. Die grosse Kammer diskutierte die Initiative seiner Mitte-Partei, die mit einer Kostenbremse die explodierenden Ausgaben im Gesundheitswesen dämpfen will. Der Chef hielt sich nicht zurück. «Das Gesundheitswesen in der Schweiz ist ein einzigartiges Perpetuum mobile der Selbstbedienung, ein Paradies für Geldsammler», sagte Pfister.

Besonders stören ihn jene Parlamentarier, die sich ihre Lobby-Mandate in der Branche fürstlich bezahlen lassen, diese Jobs aber nur ungern öffentlich erwähnen. «Ich bin Verwaltungsrat einer Rehaklinik, einer gemeinnützigen Gesellschaft», führte Pfister aus. «Sie, verehrtes Publikum, sollten wissen, dass es hier Usus ist, dass man seine Interessenbindung angibt, aber meine Vorredner so viele Interessen in diesem Bereich haben, dass sie die Hälfte ihrer Redezeit dafür aufbringen müssten, sie hier zu erwähnen.»

Pfister nimmt Fraktionskollegen in die Pflicht

Das sass. Und am Abend legte der Zuger nach. Im Interview mit der «Tagesschau» nahm Pfister die eigenen Fraktionskollegen in die Pflicht – mit seiner Forderung, die Interessen der Bevölkerung den eigenen Mandaten gefälligst voranzustellen.

Nationalrat Pfister sitzt in keinem Verwaltungsrat einer Krankenkasse. Kein Versicherungsverband führt ihn auf der Lohnliste. Allerdings weist ihn der Krankenkassenvergleichsdienst Comparis als Mitglied seines Beirats aus. Ein Mandat, das der Mitte-Präsident bis heute nicht deklariert hat.

Pfister im Beirat von Comparis?

Dieser Beirat von Comparis trifft sich viermal im Jahr zu einer halbtägigen Diskussion. Aufwand und Ertrag stehen dabei in einem angenehmen Verhältnis: Die pauschale Entschädigung pro Sitzung beträgt 2000 Franken, «inklusive Vor- und Nachbereitung», wie Comparis auf seiner Homepage schreibt.

Natürlich ist die Interessenlage von Comparis eine andere, als die eines Versicherungskonzerns, der jährlich zig Millionen scheffelt. Aber der Vergleichsdienst versteht sich durchaus als politischer Akteur, als Stimme der Prämienzahler, wie der Anspruch von Comparis lautet.

Interessenbindungen müssen offen gelegt werden

Pfister hat seine bezahlten Mandate, etwa beim Casino- oder dem Zementverband, offengelegt. Jenes von Comparis aber nicht, obwohl das Parlamentsgesetz unzweideutig festhält: «Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien sowie Beiräten und ähnlichen Gremien von schweizerischen und ausländischen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des privaten und des öffentlichen Rechts» seien dem Ratsbüro zu melden. Die Interessenbindungen aller Ratsmitglieder werden in einem öffentlich einsehbaren Register festgehalten. Andere Parlamentarier nennen darin ihr Engagement bei Comparis.

Auf eine Anfrage des SonntagsBlicks vom Mittwoch schreibt Pfister von einem Fehler seinerseits. Er habe dieses Jahr nicht mehr an Sitzungen des Beirats teilgenommen. «Unabhängig davon halte ich es auch im Hinblick auf die Volksinitiative ‹Kostenbremse im Gesundheitswesen› für richtig, aus dem Beirat des Vergleichsportals Comparis auszutreten», was er Comparis am Donnerstag mitgeteilt habe, schreibt er. Zwei Tage nach seiner grossen Schelte im Parlament.

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