Zürcher Familie lebte monatelang in Isolation
Plötzlich immer mehr Krätze-Ausbrüche in der Schweiz

Eine Familie aus Winterthur musste sich monatelang isolieren – wegen der Krätze. Der Kampf gegen die kleinen Milben wurde zur Tortur. Nur ein Fall von vielen. Denn: Die Krankheit ist auf dem Vormarsch.
Publiziert: 17.04.2024 um 16:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2024 um 16:04 Uhr
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Es sieht übel aus: Wenn sich die Milben es unter der Haut erstmal gemütlich gemacht haben, kommt es zu juckenden Ausschlägen.

Sie ist verdammt klein und kann zu einem grossen Problem werden: Die Krätzmilbe nistet sich in der Haut ein und sorgt für schlimme Ausschläge, die jucken. Der Infekt, in der Fachsprache auch Skabies, kann behandelt werden, dauert aber einige Wochen. Und die Fälle häufen sich in der Schweiz.

Zuletzt sorgte ein Krätze-Ausbruch in einer St. Galler Kaserne für Schlagzeilen. Aber auch in Kitas, Pflegeheimen und Asylzentren gibt es Fälle. Überall dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen. «Wir stellen seit einigen Jahren fest, dass die Krätze-Fälle stetig zunehmen», sagt Martin Theiler, leitende Arzt Dermatologie am Universitätskinderspital Zürich, zur «Basler Zeitung».

Er rechnet mit Tausenden Fällen in der Schweiz. Weil die Krankheit erst jetzt wieder vermehrt auftritt, haben viele Ärzte kaum Erfahrung damit und würden oft Fehldiagnosen stellen. Das bedeutet: Die Milben haben Zeit, sich weiter auszubreiten und andere Personen zu infizieren. 

BAG will keine Meldepflicht

Wie viele Fälle es wirklich gibt, ist unklar. Eine Meldepflicht wie in Deutschland gibt es nicht. Und das Bundesamt für Gesundheit will auch nichts daran ändern. Eine Meldepflicht will die Behörde aktuell nicht einführen. «Wir sind daran, mit den medizinischen Fachgesellschaften nationale Empfehlungen zu erarbeiten», erklärt ein BAG-Sprecher der «Basler Zeitung».

Zu wenig, findet Theiler. Seine Idee: ein Krätze-Mobil. Mit Fachkräften, die rumfahren, «und bei einem Ausbruchsherd alle Kinder kontrollieren. So liesse sich der Ausbruch viel schneller eingrenzen». 

Es dauert zwei Wochen bis zur Diagnose

Wie schlimm so ein Krätze-Ausbruch werden kann, musste eine fünfköpfige Familie aus Winterthur am eigenen Leib erleben.

Alles beginnt mit ein paar kleinen Pickeln am Fuss beim sechs Monate alten Kind im August 2023, wie die «Basler Zeitung» berichtet. Die Eltern vermuten einen kleinen Ausschlag wegen der Hitze. Doch die Pickel bleiben. Zwei Wochen später ist klar, warum. Der Kinderarzt stellt die Diagnose: Krätze!

«Es war, als hätten wir Corona, als Einzige»

Die Übertragung findet durch direkten Hautkontakt statt – von Mensch zu Mensch. Zu den typischen Symptomen gehört starker Juckreiz. Er verleitet zum häufigen Kratzen, daher der Name Krätze. Um die Insekten loszuwerden, gibt es mehrere Mittel, darunter eine Creme, mit der man den Körper eincremen muss. Dazu ist es wichtig, die gesamte Kleidung heiss zu waschen und alle Möbel gut mit dem Staubsauger zu reinigen, um wirklich alle Milben aus der Wohnung zu bekommen. 

Doch bei der Familie wird es nicht besser. Im Gegenteil: Die Milben geben so richtig Gas. «Wir mussten uns monatelang isolieren. Im Quartier fragte man sich: Was ist denn mit denen los?», sagt die Mutter der Familie zur Zeitung. Der Vater ergänzt: «Es war, als hätten wir Corona, als Einzige.» Erst nach sieben Monaten sind sie krätzefrei. (jmh)

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