IT-Fachmann M. S.* (†42) sass am 30. Juni 2016 auf einem Mäuerchen im Zürcher Seefeld, ass sein Mittagessen. Plötzlich tauchte Tobias Kuster (26) auf, stach ihn unvermittelt in den Hals und in den Oberkörper und flüchtete. Kuster war auf Hafturlaub gewesen, tauchte danach unter. Nach sieben Monaten konnte er verhaftet werden (BLICK berichtet).
Jetzt wird er wegen Mordes angeklagt, wie die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft mitteilt. Und nicht nur er: Auch sein Knast-Kumpel, der litauische Gangster Irvidias M.* (38).
Den beiden werden auch strafbare Vorbereitungshandlungen zu mehrfachem Mord, versuchte Befreiung von Gefangenen, Irreführung der Rechtspflege und mehrfaches versuchtes Vergehen gegen das Waffengesetz vorgeworfen.
Brief an den Zürcher Kantonsrat
Doch was hat der Litauer mit der Bluttat im Seefeld zu tun? Irvidias M. sitzt seine achtjährige Freiheitsstrafe in Pöschwies ab. Fakt ist, dass Kuster in derselben Strafanstalt eine fünfjährige Strafe wegen versuchter räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung und weiterer Delikte verbüsste. Die beiden wollten mit einem Erpressungsschreiben offensichtlich die Freilassung des Litauers erwirken.
Kuster hatte vor der Bluttat im Seefeld dem Zürcher Kantonsrat einen seltsamen Brief zukommen lassen. Darin hatte er geschrieben, man solle Irvidias M. umgehend freilassen. Falls man es nicht tue, würde er ein zufälliges Opfer umbringen. Sollte der Litauer nach vollzogener Tötung noch immer nicht freikommen, würde er weitere Menschen töten.
Kuster hat gestanden, den Erpresserbrief selber verfasst zu haben. Mit dem Mord an M.S. setzte er seine Drohung in die Tat um.
Der damals 23-jährige Kuster hatte seine Strafe schon bald abgesessen, wie der zuständige Staatsanwalt Adrian Kaegi sagt. «Ein Hafturlaub ist ein ideales Gefäss für so einen Plan.»
Während Flucht bereitete er weitere Morde vor
Neben Kuster wurde im Kanton Jura 2017 eine weitere Personen verhaftet. Möglicherweise hatte der flüchtige Häftling dort Unterschlupf gefunden. Bis zu seiner Verhaftung am 18. Januar 2017 war Kuster auf der Flucht. Während dieser Zeit soll er weitere Tötungsdelikte vorbereitet haben – wie im Erpresserschreiben angekündigt. Dazu gehörte versuchter illegaler Waffenerwerb über das Darknet.
Sowohl Kuster als auch Irvidias M. sitzen in Haft. Während der Schweizer ein Teilgeständnis abgelegt hat, bestreitet der litauische Beschuldigte die Tatvorwürfe.
«Beide haben eine lange kriminelle Vorgeschichte», sagt Staatsanwalt Kaegi. Auch die Liste der begangenen Straftaten des Litauers ist lang. «Er hatte von der Stadt Zürich Millionen erpresst», sagt Kaegi. Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte den Litauer 2012. Der Mann hatte gedroht, wenn er nicht 20 Millionen Franken erhalte, werde er am Flughafen, am Hauptbahnhof und an Schulen Bomben hochgehen lassen. Den Milliardär Thomas Schmidheiny drohte er zu töten, falls dieser ihm nicht 50 Millionen Franken zahlen würde. (neo/pma/hah/SDA)
* Namen der Redaktion bekannt