Vermeintliche Wunder-Software verspricht schnelles Geld
Leser Theo Graf fällt auf Betrugsmasche im Fake-Blick-Artikel rein

Finanzielle Heilsversprechen unter dem Deckmantel der Medienmarke Blick – mit Fake-Seiten im Internet werden Menschen um ihr Geld geprellt. Theo Graf hat deswegen 250 Euro verloren und ist besorgt, was die Betrüger noch anstellen wollen.
Publiziert: 04.11.2022 um 12:59 Uhr
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Betrugsmasche im Internet: Mit erfundenen Artikeln wollen Abzocker potenzielle Opfer zu sich locken.
Foto: Screenshots Blick
Fabian Babic

«Erst ziehen sie einem den Speck durch den Mund und dann kommt die grosse Abzocke.» So beschreibt Theo Graf (76) aus Winterthur ZH die Masche von Online-Betrügern, die ihn ins Visier genommen haben. Indirekt verwickelt: der Blick.

Angefangen hat alles mit einer Werbung, die Graf auf Instagram entdeckt hat: In einem vermeintlichen Blick-Artikel ist zu lesen, dass in der TV-Show «Die Höhle der Löwen Schweiz» ein Geschäftsmodell präsentiert worden sei, mit dem man mühelos und rasant reich werden könne.

Um es vorwegzunehmen: Jede Zeile ist erfunden. Der Urheber des Texts will Glaubwürdigkeit vortäuschen, indem die Aufmachung des Blicks imitiert wird. Ziel des Ganzen ist es, Menschen davon zu überzeugen, ihr Geld in ein dubioses Online-Angebot zu investieren. Solche Betrugsmaschen tauchen zuletzt immer häufiger im Internet auf.

Märchen mit prominenter Besetzung

Das Lied vom schnellen Geld geht folgendermassen: Zwei junge Informatiker aus der Schweiz sollen eine Wunder-Software bei der TV-Show vorgestellt haben. Der Kunde soll eine «kleine Investition» von 250 Franken tätigen, um einen «voll automatisierten Prozess in Gang zu bringen». Ein Algorithmus wähle den perfekten Zeitpunkt aus, um Gas-Aktien zu kaufen und sie wieder zu verkaufen. Das finanzielle Heilsversprechen: Ohne jegliches Know-how oder irgendeine Eigenleistung erhalte man fünf- bis sechsstellige Summen im Monat.

Geschmückt wurde das Märchen mit der Behauptung, die Politik habe interveniert und die Ausstrahlung der Sendung unterbunden. Die prominenten Investoren bestätigen aber in gefälschten Zitaten, dass die Software tatsächlich jeden im Nullkommanichts steinreich machen könne.

Am Ende des Artikels findet man ein Anmeldeformular für diese dubiose Plattform. Theo Graf hat bei diesem verlockenden Angebot zugeschlagen. Zwar sei er skeptisch gewesen, erklärt der Mann gegenüber Blick, allerdings wollte er es dennoch mal probieren.

Keine Spur vom Geld

Graf landete bei der Trading-Plattform Capitalix. Das Unternehmen 4Square SY Ltd, das die Plattform betreibt, ist auf den Seychellen, einem ostafrikanischen Inselstaat, registriert. Zusätzlich verbunden ist der Betrieb mit dem nahezu gleich klingenden Unternehmen 4Square (CY) Ltd mit Sitz in Zypern. Dieses «handelt als Zahlungsagent für 4Square SY Ltd», heisst es auf der Website. Wer hinter diesen dubiosen Firmen steckt, bleibt indes unklar.

Auf seiner Website verspricht Capitalix kompetente Broker-Dienste. «Ich habe 250 Euro investiert und nach kurzer Zeit konnte ich sehen, wie der Wert der Aktien stieg», berichtet Graf. Die hauseigene App von Capitalix habe ihm angezeigt, dass seine Aktien einen Wert von rund 330 Euro erreicht haben.

Nun wollte er die Aktien verkaufen – und damit begannen die Schwierigkeiten. «Das war ein Theater», sagt Graf. Ihm sei es nicht möglich gewesen, seine Kontodaten für eine Überweisung anzugeben. Dann wiederum sei «aufgrund seiner belasteten Kreditkarte» die Auszahlung verweigert worden.

Nach längerem Hin und Her habe er mit jemandem vom Unternehmen telefonieren können. Zwar seien Graf Versprechungen gemacht worden, von seinem Geld ist bislang allerdings noch keine Spur auf seinem Konto. Zuletzt schrieb ihm die Firma: «Sobald die Auszahlungsanforderung abgeschlossen ist, wird das Geld an die ursprüngliche Zahlungsquelle überwiesen.»

Ganz aufgeben will Graf die Hoffnung nicht, allerdings besteht Grund zur Annahme, dass er keinen Rappen wieder sehen wird. Auf eine Blick-Anfrage hat das Unternehmen bislang nicht reagiert.

Der Verlust des Geldes sei nicht allzu tragisch. «Das kann ich noch verkraften», so Graf. Es habe schlimmer kommen können. Graf erzählt, dass er tagtäglich mehrere Anrufe bekommen habe. Er sei dazu genötigt worden, noch mehr Geld zu investieren. «Nach dem ersten Profit animieren die Abzocker die Kunden, weitaus höhere Summen zu investieren.»

«Schaurig ungutes Gefühl»

Worüber Graf sich allerdings jetzt vor allem Sorgen mache, seien seine Daten. Adresse, Kreditkarten- und Kontodaten – über all das verfügen die mutmasslichen Betrüger. «Ich weiss nicht, was jetzt auf mich zukommt», sagt der Rentner, «aber ich habe ein schaurig ungutes Gefühl». Sicherheitshalber habe er da Limit seiner Kreditkarte herabgesetzt und kontrolliere sein Bankkonto regelmässig.

Für eine Strafanzeige sammle Graf Indizien. Allerdings weiss er, dass es schwer wird, die Betrüger auf dem Justizweg zu stoppen. Sie befinden sich im Ausland und operieren immer wieder von neuen Internetadressen aus. «Die Hilflosigkeit unserer Behörden ist bedenklich», sagt Graf.

Was bleibt, ist die Lektion. Am Ende des gefälschten Blick-Artikels, der zu Capitalix führt, steht über dem Formular in Grossbuchstaben: «Verändern Sie Ihr Leben noch heute!» Das mag eine der wenigen wahren Aussagen sein – allerdings handelt es sich um keine Veränderung zum Guten.

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