Serbe (37) liess Teenager (14) Raubüberfälle verüben – Opfer (78) ist versöhnlich
«Ich hoffe, dass er bessere Freunde findet»

Der Serbe Emre U. (37) liess einen 14-Jährigen Raubüberfälle verüben: Mit einer Softair-Gun raubte der Teenager zwei Tankstellen und eine alte Dame aus. Doch diese hat den beiden Tätern verziehen.
Publiziert: 22.01.2021 um 01:23 Uhr
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Die 78-jährige Erika G. (hier mit ihrem Anwalt Georg Benisowitsch) wurde 2017 Opfer eines Überfalls bei ihr zu Hause. Der Täter war ein 14-Jähriger.
Foto: Céline Trachsel
Céline Trachsel

Ein maskierter Mann hält Erika G.* (78) den kalten Lauf einer täuschend echten Softair-Pistole an die Stirn. In ihrem eigenen Haus erlebt die Rentnerin aus Niederglatt Anfang 2017 die wohl schlimmsten 30 Minuten ihres Lebens. «Ich dachte, meine letzte Stunde hätte geschlagen», sagt die betagte Dame zu BLICK.

Trotzdem hat sie den Mann unter Kontrolle. «Ich merkte, dass er nervös war. Deshalb redete ich auf ihn ein.» Der Täter will sofort 3000 Franken. «Ich hatte kein Geld, aber ich holte meine Bankkarte und schrieb den Code auf. Als er mich in den kalten Keller mit der massiven Tür sperren wollte, habe ich ihm gesagt, dass er das nicht machen könne – denn niemand hätte meine Schreie gehört.»

Täter liess sich umstimmen

So überzeugt sie ihn, einfach eine Stunde lang auf dem Sofa sitzenzubleiben, ohne die Polizei zu rufen. «Er lenkte ein, obwohl er mir in der Küche bereits Wasser und einen Apfel für die Zeit im Keller geholt hatte. Und ich hielt natürlich Wort.»

Was Erika G. nicht wusste: Der Mann, der ihr diese Todesangst eingejagt hatte, ist kein Mann – sondern ein Bub! Dass er erst 14 Jahre alt war, hatte Erika G. nicht erkannt. «Er trug eine Sturmhaube, ich konnte ja nur seine Augen sehen», sagt die Rentnerin zu BLICK.

Täter war ein Teenager aus der Nachbarschaft

Unglaublich: Im Nachhinein wird klar, dass es ein Teenie aus der Nachbarschaft war, der vom Serben Emre U.* (37) für die Raubüberfälle losgeschickt wurde. Während der heute 17-Jährige nur ein paar Hunderternoten abkriegte, strich der im Auto wartende Komplize den Rest der Beute ein. Auf dieselbe Weise überfielen Emre U. und der Teenager auch zwei Tankstellenshops. Die «Drecksarbeit», wie es die Richter nannten, erledigte der Bub.

Am Montag musste sich Emre U. vor dem Zürcher Obergericht verantworten. Dieses erhöhte die erstinstanzliche Gefängnisstrafe des Bezirksgerichts Dielsdorf von fünf Jahren auf deren sechs, zudem beträgt der Landesverweis neu zehn Jahre statt vorher sieben.

«Verwerflich, ein Kind zu instrumentalisieren»

Der 14-Jährige war ein Kollege des Sohnes der Lebenspartnerin von Emre U. und wohnte zeitweise bei dem Paar. Dies, weil er angeblich nach einer Messer-Drohung gegen einen Lehrer von der Schule geflogen und aus dem Elternhaus geworfen worden war. Der Teenager hatte laut eigenen Angaben Emre U. nur helfen wollen, 3000 Franken aufzutreiben, damit dieser Geschwindigkeits- und andere Bussen hätte zahlen können, um sie nicht im Gefängnis absitzen zu müssen.

Die Richter meinten in der Urteilsbegründung denn auch: «Mit einer Straftat eine drohende Gefängnisstrafe abwenden zu wollen, ist nicht nur sehr dumm, sondern die Vorgehensweise war kaltblütig und egoistisch.» Das Kind sei instrumentalisiert worden. «Verwerflich!», nannte dies eine Richterin.

Opfer froh über Landesverweis

Laut Urteil müsste der Serbe der alten Dame zudem eine Genugtuung von 7000 Franken bezahlen. Geld, das Erika G. aufgrund des hohen Schuldenbergs des Täters wohl nie sehen wird. «Darum ging es mir gar nie», sagt Erika G., die beim Verfahren Privatklägerin war. «Froh bin ich vor allem über den Landesverweis.»

Auch ihr Anwalt Gregor Benisowitsch betont: «Für das Sicherheitsbedürfnis meiner Mandantin war der Landesverweis von zehn Jahren zentral.» Mit dem Urteil sei er zufrieden.

«Ich hoffe, dass er bessere Freunde findet»

Der Teenager wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt und war zeitweise in einer Institution für Schwererziehbare. Diese konnte er unterdessen wieder verlassen. Heute macht er eine Lehre. Er ist «auf besserem Weg», wie BLICK aus seinem Umfeld erfährt.

«Ich habe ihm schon lange verziehen», sagt die alte Dame. Die gläubige Christin hofft, dass er «die Lehre fertig machen, bessere Freunde finden und sein Leben doch noch in die rechten Bahnen lenken kann».

Auch über den Serben will Erika G. nicht schimpfen. «Ihm habe ich auch vergeben. Dennoch ist es nicht entschuldbar, dass er ein Kind vorschickte, während er selber sicher im Auto sass. Dem Burschen hätte ja auch etwas passieren können. Ich hoffe, dass er in Zukunft nie mehr einen jungen Menschen zu Schlechtem verleitet.»

* Namen geändert

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