Pfusch bei Haartransplantationen
Beschuldigte Krankenschwestern weisen Vorwürfe zurück

Am Montag stand am Bezirksgericht Zürich ein Prozess wegen unqualifizierten Haartransplantationen an. Die beschuldigten Krankenschwestern wurden zu mehreren Monaten Haft bedingt verurteilt. Die Polizei hatte die Frauen während einer Operation verhaftet.
Publiziert: 19.06.2023 um 15:13 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2023 um 22:41 Uhr
Am Montag hat am Bezirksgericht Zürich ein Prozess wegen unqualifizierten Haartransplantationen begonnen.
Foto: Shutterstock

Zwei Krankenschwestern sind am Prozess wegen unqualifizierter Haartransplantationen in Zürich zu 8 beziehungsweise 8,5 Monaten Freiheitsstrafe bedingt verurteilt worden. Der Richter sagte, sie hätten sich unter anderem der einfachen Körperverletzung schuldig gemacht.

Beim Eingriff habe der Patient grosse Schmerzen gehabt, sagte der Richter. Dieser Eingriff am Kopf und mindestens eine Betäubungsspritze ohne ärztliche Überwachung seien als Körperverletzung zu werten. Der Patient habe auch nicht eingewilligt, dass die Transplantation ohne ärztliche Überwachung durchgeführt werde. Die Frauen hätten nicht sichergestellt, dass ein Arzt da war.

Ob die Krankenschwestern als Ärztinnen vorgestellt worden seien, lasse sich nicht mehr erstellen, sagte der Richter. Auch nicht, ob die Frauen dies mitgekriegt oder verstanden hätten. Sie könnten darum nicht wegen Betrugs verurteilt werden, so der Richter.

Anwälte schieben Schuld auf Hinterleute

Der Mann habe angeblich unerträgliche Schmerzen gehabt, als er in einem Büroraum an der Zürcher Bahnhofstrasse behandelt wurde. Die Anwältin des Opfers sprach von einem «Gemetzel» beim Eingriff. Sie forderte eine Genugtuung von mindestens 8000 Franken und Schadenersatz.

Die Staatsanwältin verlangte bedingte Freiheitsstrafen von zehn Monaten und Landesverweisungen von fünf Jahren. Dies etwa, weil mindestens eine der Frauen schon früher in der Schweiz illegal gearbeitet habe.

Die Anwälte der beiden Krankenschwestern schoben die Schuld auf die Hinterleute. Diese hätten gewusst, dass die Frauen keine Ärztinnen seien. Sie hätten den Patienten getäuscht, nicht die Krankenschwestern. Ein Lohn von 250 Franken für einen mehrstündigen Eingriff wäre für Ärztinnen viel zu tief angesetzt, sagten die Verteidiger. Gegen die Hinterleute läuft ein separates Verfahren.

Türkinnen angeklagt

Die Frauen seien von einem dieser Männer bewusst auf Deutsch als Ärztinnen vorgestellt worden, sagte einer der Verteidiger. Sie seien aber lediglich als assistierende Krankenschwestern in die Schweiz gekommen. Die Staatsanwältin meinte hingegen, die Frauen seien auf Türkisch als Ärztinnen vorgestellt worden. Sie hätten das korrigieren müssen.

Die Firma, für die sie an der Zürcher Bahnhofstrasse arbeiteten, sei von Vermittlern in der Türkei als seriös vorgestellt worden, erklärten die Beschuldigten. Einer der Hinterleute habe sich als Arzt vorgestellt. Zudem befanden sich mehrere Arztpraxen im Haus.

Beim Eingriff hätte ein Arzt zumindest anwesend sein müssen. Sie hätte gedacht, dass sie im Notfall einen hätte rufen können, sagte eine der Beschuldigten.

Die Gesundheit des Patienten sei immer an erster Stelle gestanden, meinte die ältere der Frauen. Der Patient habe allerdings unter starken Schmerzen gelitten, wirft die Staatsanwältin den Krankenschwestern vor. Bis zu 50 Betäubungsspritzen sollen ihm gesetzt worden sein.

Trug der Kläger eine Mitverantwortung?

Wenn der Patient von unerträglichen Schmerzen und 50 Betäubungsspritzen berichtet, könne er auch das Ausreissen von Haaren für Spritzen gehalten haben, meinte eine Verteidigerin.

Der Mann habe eine Haartransplantation erhalten, die nur durch die Polizei beendet wurde. Selbst der Gutachter habe festgehalten, dass die Offerte von 2300 Franken sehr tief war, sagte eine Verteidigerin. Der Kläger trage darum eine Mitverantwortung.

Die Verteidiger verlangten geringe Geldstrafen für Nebenpunkte wie das Arbeiten ohne Bewilligung und Entschädigungen von über 40'000 Franken für die siebenmonatige Haft.

Polizei beendete Operation

Die Polizei hatte im November 2022 mitten in einer Haartransplantation an der Bahnhofstrasse eingegriffen und die Frauen verhaftet. Offenbar war sie den Hinterleuten schon länger auf der Spur. So war vor Gericht die Rede von einem verdeckten Fahnder, der zum Einsatz gekommen sei.

Die jüngere der Beschuldigten gab zu, in Appenzell bei sechs weiteren Transplantationen beteiligt gewesen zu sein. Weil sie dort einer Ärztin assistierte, wird sie aber nur bestraft, weil sie ohne Bewilligung arbeitete.

Die Frauen werden nun aus dem Gefängnis entlassen. Die Urteile können noch ans Zürcher Obergericht weitergezogen werden. (SDA)

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