Über 20 Jahre sorgte Polizist Peter L.* (61) für Recht und Ordnung in der Gemeinde Uitikon ZH. Jetzt ist er seinen Job los, weil er im Verdacht steht Bussgelder in die eigene Tasche gewirtschaftet hat. Und das offenbar im grossen Stil: Die Geschichten der Bewohner von Uitikon ZH gleichen sich wie ein Ei dem anderen.
Eine Umfrage vor Ort bringt innert kürzester Zeit fast ein Dutzend Bussen zu Tage, die zumindest dubios erscheinen. Die Masche des Gemeindepolizisten L. ist dabei immer dieselbe (BLICK berichtete): Wer ihm das Geld Cash auf die Hand legt, «profitiert» von einem Rabatt. Dafür kommt das Geld nie in der Gemeinde an. Der älteste Fall ist bereits neun Jahre her, der jüngste hat sich 2018 ereignet.
Er liess ihm 20 Franken für den Zmittag
Pöstler Robi (41) war ein Jahr zuvor beim Zustellen unterwegs und hatte den Paket-Scanner in der Hand, während er den Post-Lieferwagen fuhr. Da stoppte ihn L. an der nächsten Strassenecke und meinte: «Robi, das kostet dich jetzt einen Hunderter.» Dieser wehrte sich erst und meinte, er habe nur 90 Franken dabei. Das schien dem Polizisten auch Recht. Als der Pöstler monierte, er brauche noch 20 Franken für den Zmittag, gewährte der Polizist ihm seinen Batzen und stellte ihm dafür keine Quittung für die Busse aus. «Er hat das Geld ganz einfach in die Tasche gesteckt und meinte, dafür gibt es keine Anzeige.» Im Nachhinein fand er diese Aktion schon «etwas schräg», unternommen hat er dennoch nichts.
Dieser Rabatt war kein Einzelfall: Ein junger Mann erzählt: «Ich habe beim Fahren telefoniert, der Polizist kam mir entgegen und hat sofort gewendet. Er sagte mir, eine Busse in bar sei billiger. Weil ich kein Geld dabei habe, sind wir dann zusammen noch zum Bankomat gefahren. Das kam mir schon sehr seltsam vor, aber in dem Moment habe ich einfach bezahlt.»
Sogar für Alkohol am Steuer fand er «einvernehmliche» Lösungen
Viele Einwohner wollen sich nicht öffentlich zum Dorfpolizisten äussern. Auch die Frau eines Polizisten, der ausserhalb der Gemeinde arbeitet, hat eine Handy-Busse kassiert, die nicht quittiert wurde. «Ich habe das am Abend dann meinem Mann erzählt. Und wir sind zum Schluss gekommen, besser nichts zu sagen. Wer will wegen 100 Franken schon Ärger riskieren?»
Bedenklich: Nicht bei allen Fake-Bussen handelt es sich um Lappalien. Direktbetroffene berichten, dass sogar bei Alkohol am Steuer «einvernehmliche» Lösungen gefunden wurden. Sprich: Es soll Bestechungsgeld bezahlt worden sein.
Im Dorf sei das schon lange gemunkelt worden. «Es herrschte einfach eine Zweiklassenpolitik. Bei uns wurden etwa alle Bauarbeiter gebüsst, als wir unser Haus bauten», sagt eine ältere Dame. Auf der Baustelle beim Nachbarn konnte man alle Probleme mit einer Flasche Wein lösen. Im Nachhinein wird mir alles klar!»
Dorfbewohner sind von L. enttäuscht
Im Dorf sei L. eigentlich sehr beliebt gewesen. «Zu mir war er immer freundlich», sagt Stefano (20) zu BLICK. «Früher habe ich ab und zu mein Töffli frisiert. Wenn er es bemerkte, sagte er mir lediglich, ich müsse es zurückbauen.» Als Stefano es vorführen wollte, habe der Polizist ihm immer vertraut und nie eine Kontrolle gemacht. Er will nicht über den Mann urteilen. «Er muss selber wissen, was er tut. Es ist einfach schade.»
Silvia Wiesmer (85) ist enttäuscht von dem Dorfpolizisten. «Wieso macht er so etwas? ich begreife das nicht. Ich kenne ihn von einer ganz anderen Seite.» Sie wolle ihm aber keine Vorwürfe machen. «Das muss er mit sich alleine ausmachen.»