Michael Knobel betreibt ein Tankstellennetz – jetzt legt er offen, wie er seine Preise berechnet
«Ja, die Autofahrer in der Schweiz werden geschröpft!»

Michael Knobel, Betreiber eines kleinen Tankstellennetzes, kritisiert Benzin-Multis wie Migrol, Coop und andere, dass sie ihr Benzin viel zu teuer anbieten. Und legt für Blick offen, wie er auch mit viel günstigeren Spritpreisen an der Tanksäule Gewinn machen kann.
Publiziert: 20.06.2024 um 01:14 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2024 um 13:51 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

Voller Tank – dafür gähnende Leere im Portemonnaie. Die Benzinpreise sind aktuell wieder hart an der Schmerzgrenze: 1.90 pro Liter Bleifrei 95 hier, 1.88 dort. 1.65 in Winterthur ZH. Richtig gelesen. 1.65 Franken für einen Liter!

Für diesen Preis ist Michael Knobel (43) zuständig. Der 43-Jährige betreibt ein kleines Tankstellennetz – und hat Freude daran, den grossen Ketten in seiner Nachbarschaft das Leben schwer zu machen. Er sagt: «Es ist nicht so, dass ich besonders billig bin. Sondern die anderen sind überraschend teuer!». Mehr noch: Wo auch immer eine seiner «Etzelpark»-Tankstellen aufgeht, purzeln bei der Konkurrenz in der Umgebung die Preise! Bezahlen wir wirklich an vielen Orten fast 20 Rappen zu viel pro Liter? Für Blick hat Knobel offengelegt, wie die Benzinpreise an den Tanksäulen tatsächlich zustande kommen.

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Am Anfang steht der Einkaufspreis für das Benzin, so Knobel. Dieser hänge ab vom Ölpreis und dem Dollarkurs gegenüber dem Schweizer Franken. Der Pegel des Rheins kann auch einen Unterschied machen. Wenn dieser zu tief ist, können die Tankschiffe weniger laden.

«Angenommen, ein Liter Benzin kostet mich im Einkauf 1.57 Franken», führt der Unternehmer aus. «Im Einkaufspreis inbegriffen sind Steuern, Mehrwertsteuer und die Lieferung frei Haus», so Knobel. Hier drauf schlägt er etwa 5 bis 7 Rappen, um seine Kosten zu decken: Miete, Löhne, Gebühren für die Kartenzahlung, Unterhalt und kleinere Ausgaben wie Strom, Internet und Versicherung.

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Dann komme seine Gewinnmarge von 3 bis 10 Rappen hinzu: «Dort liegt meine Wohlfühlzone und ich habe das Gefühl, genug pro Liter zu verdienen. Wenn es weiter darüber liegt, hätte ich das Gefühl, zu viel zu verdienen.»

Alles in allem verkauft Knobel dann den Liter für zwischen 1.65 und 1.72, je nach Standort seiner Tankstellen und Schwankungen im Einkaufspreis.

Ist Knobel auf Platz, fallen die Preise

Der Markt in seiner jetzigen Form funktioniert laut Knobel nicht. «Wenn ich wahllos meinen Preis bewege, haben einige Tankstellen in meiner Nähe innert 24 Stunden den gleichen Preis.» Sein Fazit: «Ja, die Autofahrer in der Schweiz werden geschröpft!»

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Michael Knobel führt insgesamt vier Tankstellen in der Schweiz.
Foto: Sandro Zulian

Beim Besuch von Blick fällt schon auf der Anfahrt auf: Die Konkurrenz in Gehdistanz zu Knobel ist deutlich günstiger als überall sonst. Stichtag beim Blick-Test: der 19. Juni.

Knobel verlangt bei seiner Tankstelle an der St. Gallerstrasse in Winterthur ZH für den Liter Bleifrei 1.65 Franken. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft befinden sich eine Coop-Tankstelle (Rudolf-Diesel-Strasse) und eine von Migrol (Industriestrasse). Die Preise hier sind ebenfalls günstig: Beide verlangen 1.69 pro Liter.

Je weiter von Knobel entfernt, desto höher steigt der Preis bei der Konkurrenz. Beispiel Coop: An der Wülflingerstrasse, ebenfalls in Winterthur, ist der Preis schon 1.83, also 14 Rappen mehr pro Liter. In Embrach sind es 1.85 pro Liter. Und in Volketswil klettert der Preis auf 1.89 pro Liter.

Auch Migrol macht mit

Gleiches Spiel mit Migrol: Der Preis steigt von 1.69 in Knobel-Nachbarschaft auf 1.87 in der etwas mehr als 5 Kilometer entfernten Migrol-Tankstelle in der Au. In Seuzach sind es 1.82 auf den Liter. Auch diverse Stichproben in der Migrol-App, wo alle aktuellen Preise aufgelistet sind, bringen keine Migrol-Tankstelle zutage, die mit der Filiale in unmittelbarer Knobel-Nachbarschaft mithalten kann. Ausnahme: Samnaun GR, wo der Liter dank Zollfrei-Status für 1.45 zu haben ist.

Knobels Reaktion auf die Preis-Politik der Konkurrenz: Er schraubte den Preis zwischenzeitlich noch auf 1.64 herunter. «Mal schauen, was sie machen», kommentierte er mit schelmischem Lachen.

Er sagt: «Als ich im November in Füllinsdorf BL meine dritte Tankstelle aufgemacht hatte, sind auch dort die Konkurrenz-Preise runtergesackt. Für mich sind das seltsame Preisbewegungen», so Knobel nachdenklich. «Wenn ich überall so tiefe Preise anbieten kann, warum können das die Grossen nicht auch?»

Einmal soll ein freier Tankwart zu ihm gesagt haben: «Warum machst du bei den Preisen nicht einfach mit?» Knobel denkt nicht daran: «Das motiviert mich nur noch mehr!»

Knobel will Anzeige einreichen

Damit meint der Tank-Unternehmer auch: Er lässt sich die Preis-Nachmacherei rundum seine Tankstellen nicht länger gefallen und will eine kartellrechtliche Anzeige bei der Wettbewerbskommission (Weko) einreichen. Vorwurf: Preisabsprachen.

Die Konkurrenz reagiert nur knapp auf die Anfrage von Blick. «Wir prüfen das Preisniveau im Umfeld unserer Stationen regelmässig. Aufgrund dieser Entwicklung konnten wir in den letzten Tagen mehrmals Preise senken», schreibt Migrol.

Ähnlich argumentiert Coop Mineralöl: «Durch die hohe Dichte an Tankstellen und die grosse Anzahl unterschiedlicher Anbieter herrscht ein intensiver Wettbewerb – und somit ein grosser Preisdruck.» Diesen Preisdruck scheint es aber in Realität nur zu geben, wo freie Tankstellen die grossen Konkurrenten zu Tiefpreisen zwingen.

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