Bei dieser Feuer-Feier haben sich die Veranstalter mächtig die Finger verbrannt. Auf der Zürcher Halbinsel Au in Wädenswil wurde am Dienstagabend ein interner Firmen-Event des Vermarkters Goldbach Media AG (TX Group) zum Debakel. 31 Personen zogen sich Verletzungen zu, nachdem sie barfuss über glühende Kohle liefen. 13 davon verletzten sich sogar schwerer und mussten ins Spital gebracht werden.
Dem Feuerlauf-Experten Tinu Leuenberger (57) aus Gümligen BE ist der Vorfall ein absolutes Rätsel. «Es ist mir unerklärlich, wie so etwas passieren konnte», sagt Leuenberger zu Blick. Leueneberger hat 2016 den Weltrekord für den höchsten Feuerlauf der Welt gebrochen. Zudem hinterfragt der langjährige Feuerlauftrainer die Kompetenz des Kursleiters. Ein guter Trainer hätte laut ihm erkennen müssen, dass die Teilnehmer noch nicht für den Gang über die Glut bereit sind.
Ins gleiche Horn bläst Otto Gerber (74), Organisator von professionellen Feuerläufen aus Wädenswil, wo sich der Vorfall abgespielt hat: «Ich habe zuerst gedacht, es sei ein Witz.» Und Gerber weiss, wovon er spricht. In seinen 36 Jahren als erfahrener Feuerläufer hat er schon über 10'000 Teilnehmer sicher über die Glut begleitet. «So etwas darf nicht passieren.» Wenn sich jemand verbrenne, müsse man sofort aufhören. «Hier ist etwas passiert, das es eigentlich gar nicht gibt. Es nimmt mich Wunder, was hier vor sich gegangen ist», sagt Gerber zu Blick.
Feuerlauf fordert stundenlange Vorbereitung
Normalerweise verletze man sich beim Feuerlaufen nämlich nie, sind sich die Experten einig. Für ein reibungsloses Feuerlaufen sei nämlich ein Haufen mentales Training notwendig. «Es braucht neun Stunden Vorbereitung, bevor man über die Glut läuft», so Leuenberger. Dabei werde eine positive Denkweise trainiert, die Teilnehmenden lernen viel über sich selbst, und das Unterbewusstsein werde auf den Gang über die heisse Glut vorbereitet. Nur so sei ein Feuerlauf physiologisch überhaupt möglich und nur so komme man unbeschadet davon. Zudem müsse man die Glut einschätzen können, so Gerber. «Und das hat hier wahrscheinlich gefehlt.»
Leuenberger kann sich nur zu gut vorstellen, dass es bei der Gruppe in Wädenswil massiv an der Vorbereitung gehapert hat. «Ich bezweifle, dass die Teilnehmer seriös vorbereitet wurden.» Was ihn ebenfalls stutzig macht: «Wie kann es sein, dass, nachdem sich der Erste die Füsse verbrannt hatte, 24 Leute hinterher dackelten?»
Auch Gerber rätselt
Feuerlauf-Experte Tinu Leuenberger kann sich kaum vorstellen, dass die Schmerzen erst mit Verzögerung eingetreten sind. «Wenn man sich verbrennt, bemerkt man das eigentlich innerhalb von Sekunden.» Auch Gerber ist es ein Rätsel, dass den Teilnehmern die Schmerzen anfänglich entgangen sein sollen.
Fest steht, so ein Vorfall wie in Wädenswil entspreche nicht der Norm. «Solche Zwischenfälle werfen nur ein negatives Licht aufs Feuerlaufen.» Das sei schade, so Leuenberger. «Feuerlaufen ist nämlich ein wunderbares Werkzeug, das einem aufzeigen kann, wie viel Kraft unser Unterbewusstsein haben kann.»