Der Fall «Carlos» machte Hansueli Gürber zum bekanntesten Jugendanwalt der Schweiz. Ein SRF-Bericht über Gürber enthüllte im August 2013, dass der damals 17-jährige Dauer-Delinquent Brian in einem teuren Sondersetting ist. Der Beitrag sorgte für mächtig Wirbel.
Der Dauer-Delinquent hatte ein Zimmer in einer Viereinhalb-Zimmer-Wohnung. Neben einer persönlichen Betreuerin, die ihn 24 Stunden umsorgte, und ein Zimmer in der Wohnung hatte, kümmerten sich insgesamt neun Personen um den verurteilten Gewalttäter. Kosten: 29'000 Franken pro Monat. Beim Thaibox-Trainer Shemsi Beqiri (36) trainierte er Kampfsport – als Therapie.
Jetzt ist Gürber im Alter von 71 Jahren gestorben, wie seine Familie auf Facebook mitteilt. «Leider muss ich euch mitteilen, dass Hansueli, mein Papi, am letzten Samstag Abend ganz plötzlich und unerwartet gestorben ist», heisst es in dem Post. Dazu ein Bild des Zürchers. Dass aus dem Sondersetting für Brian damals ein Skandal gemacht wurde, hatte den Ex-Jugendanwalt mitgenommen. Denn: Auch Jahre später stand er zu der Entscheidung, das Richtige getan zu haben.
«Die Kraft dieser Bilder war kaum zu kontrollieren»
«Wir standen vor zwei Möglichkeiten. Wir hätten ihn einfach auf die Strasse stellen und abwarten können, bis wieder etwas passiert. Das wollten wir nicht», sagte Gürber 2019 in der «Schweiz am Wochenende».
Das Sondersetting sei schliesslich die Alternative gewesen. «Er hatte so viele Muskeln, dass mir klar war: Wenn er will, bin ich in zwei Minuten tot. Das Thaiboxen hat dieses Kraftpaket nicht gesteigert, im Gegenteil. Er war zufriedener, hatte ein Ziel, wurde ausgeglichener und begann, seine Schläge zu reflektieren.» Brian habe einen Lernprozess gemacht.
Natürlich seien die Kosten hoch gewesen. Das sei keine Frage. Eine Sache bereute er aber bis zuletzt. «Ich hätte die Aufnahmen aus dem Boxtraining nicht zulassen dürfen. Ich hätte das Spektakel aus dem Film rausnehmen sollen. Die Kraft dieser Bilder war kaum zu kontrollieren.» (jmh)