«Erdogan + Ziegen = True Love» – dieses Graffiti in giftgrüner Schrift ist gestern auf einem S-Bahn Zug in der Region Zürich aufgetaucht. Und sorgt nun im Netz für Furore.
Fotos des Sujets wurden in den sozialen Netzwerken bereits tausendfach geteilt. Die Kommentatoren sind begeistert. «Mein Lieblings-Graffiti aller Zeiten», schreibt ein User auf Facebook.
Ein (ironischer) Tweet des Graffitis («Ungeheuerlich»!) vom Managing Director der BLICK-Gruppe, Wolfgang Büchner, wurde gar von Armin Laschet, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der deutschen CDU, retweetet. Pikant: Laschet war bis 2010 in Nordrhein-Westfalen als Minister unter anderem für Integration zuständig und setzte sich für den Dialog mit Muslimen ein.
Seit rund drei Jahren aktiv
Doch wer steckt eigentlich hinter der aufsehenerregenden Sprayerei?
Das Sujet stammt sehr wahrscheinlich von der Crew «True Love». Diese ist seit rund drei Jahren in Zürich aktiv.
Der Schriftzug ist in der Stadt weit verbreitet und prangt auf zahllosen Billettautomaten, Verkehrsschildern aber auch Containern, Fassaden und Balkonen – vor allem in den Kreisen 3, 4 und 5.
Die zumeist grossflächigen Tags sind vielen Liegenschaftenbesitzern ein Dorn im Auge. «Im letzten halben Jahr verzeichneten wir rund ein Dutzend Anzeigen deswegen», sagte bereits Anfang 2014 ein Polizeisprecher zu «20 Minuten».
«Gekonnt inszeniert»
Die Crew hat aber auch Fans. Der deutsche «Kultur-Blog» und das Zürcher Portal «RonOrp» veröffentlichten vor gut zwei Jahren eine wahre Liebesode an die Sprayer.
Was Style und Linienführung angeht gäbe es zwar besseres, aber es gehe eben um die Message, schreibt der Autor. «Mich berührt das dilettantische ‹True Love› fast jedes Mal, wenn ich es irgendwo in der Stadt sehe.»
Und weiter: «Es ist so unschuldig naiv und doch so gekonnt inszeniert, dass hinter dem Sprayer ein handwerklich begabter Kopf stecken muss.»
Den bislang grössten Coup gelang «True Love», als sie im Frühling 2014 ihren Schriftzug auf dem Dach der Wohn- und Gewerbesiedlung Kalkbreite anbrachte, die sich damals noch im Bau befand. Das Graffiti wurde bis heute nicht entfernt, soll aber mit der Zeit von Kletterpflanzen überwachsen werden.
SBB-Chef findet es «nicht witzig»
Mit dem Erdogan-Sujet auf der S-Bahn setzte die Crew, die ein Szene-Kenner als durchaus «politisch motiviert» bezeichnet, nun noch einen drauf. Sehr zum Leidwesen von SBB-CEO Andreas Meyer allerdings.
«Ich finde das nicht witzig», schrieb er auf Twitter. «Solche Sachbeschädigungen müssen die Kunden bezahlen.»
Ob die betroffene S-Bahn bereits aus dem Verkehr gezogen wurde, wollte die SBB-nicht bekanntgeben. Sicher aber ist, dass das Erdogan-Sujet nicht lange Bestand haben wird. Sprayereien auf Zügen, so ein Sprecher, würden jeweils so schnell wie möglich entfernt und zur Anzeige gebracht.
Die Verbreitung des Erdogan-kritischen Graffitis in den Sozialen Medien wird aber niemand mehr stoppen können. Nicht einmal Erdogan selbst.