Als kurz nach 21 Uhr am Zürcher Utoquai das Wort «Bombe» fällt, bricht Panik aus in der Menge. An der diesjährigen Street Parade sorgte ein Rucksack mit einer vermeintlichen Rohrbombe für einen Grossalarm der Polizei. Später wird klar: Es ist eine Attrappe – gelegt von Dieter G.* (31), einem Schreiner aus Deutschland. Kurz darauf wird er an seinem Wohnort in Bremgarten AG verhaftet. Seither sass er hinter Gittern – bis Dienstag. Da wurde der Häftling zum Rathaus Bremgarten gekarrt, um mit seinem Vermieter vor der Schlichtungsbehörde um seine Bleibe zu streiten.
Gegen 15 Uhr fährt der Gefangenentransporter im Ortskern vor. Ein Kantonspolizist bringt den zerzausten, aber gut gelaunten Häftling zur Verhandlung mit seinem Vermieter. Es scheint, als würde Dieter G. nach dem Aussteigen darum bitten, dass ihm die Handschellen abgenommen werden. Vergeblich.
Nachbarn wollen Dieter G. nicht zurück
Eine Quelle, die anonym bleiben möchte, sagt zum Verfahren: «Alle Nachbarn haben Angst vor Dieter. Man muss ja davon ausgehen, dass er die Bomben-Attrappe in seiner Wohnung baute. Deshalb wurde ihm auch gekündigt.» Nur: Dem Deutschen scheint seine Adresse zu gefallen. So sehr, dass er sich aus dem Gefängnis heraus gegen den Rauswurf wehrt – und sich sogar einen Anwalt nimmt. Der Informant weiter: «Absurd, denn er dürfte ja nicht so bald auf freien Fuss kommen.»
Auch seine Nachbarn in Bremgarten wären froh, wenn der Deutsche nicht so schnell zurückkehren würde. Denn schon vor seiner Street-Parade-Tat fiel er immer wieder auf. So wurde er mit Handschuhen und Maske vor dem Haus gesehen. Ein Anwohner führt seine Beobachtungen aus: «Er stellte das Auto auf dem Parkplatz ab, stieg aus und kramte zwei Einkaufstaschen aus dem Kofferraum. Dann lief er über eine Wiese zum gegenüberliegenden Wohnblock.» Vor der Wohnungstür im zweiten Stock bleibt Dieter G. dann kurz stehen, blickt sich um, klappt die Maske vors Gesicht und betritt die Wohnung. Der Anwohner dazu: «Es war unheimlich. Der Anblick des maskierten Mannes mit den Handschuhen machte mir und meinen Kindern Angst.» Er alarmierte deswegen die Polizei.
Teilsieg, den er wohl nicht auskosten kann
Immerhin: Gegen seinen Vermieter konnte der Bomber einen Teilsieg erringen. Er muss seine Wohnung zwar Mitte Dezember räumen lassen, bekommt dafür aber einige Monate Mietzins erlassen. Nur, ob er von der umkämpften Wohnung noch profitieren kann, ist mehr als fraglich. Dieter G. befindet sich nach Angaben der Zürcher Staatsanwaltschaft noch immer in Untersuchungshaft. Er ist geständig. Zum Motiv seiner Attrappen-Aktion will sich die Staatsanwaltschaft nicht äussern.
*Name geändert