BLICK besucht den 11-Jährigen nach seinem Sturz durch das Sonnensegel in Uster ZH in der Rehaklinik
So kämpft sich Arda zurück ins Leben

Zu Spässen aufgelegt und dickköpfig: Arda Yetisti (11) spricht bei einem Besuch in der Rehaklinik erstmals nach dem Sonnensegel-Unfall vom September mit BLICK.
Publiziert: 26.12.2020 um 02:38 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2020 um 13:02 Uhr
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Arda, der den Sonnensegel-Unfall in Uster ZH überlebt hat, mit seinem Vater Levent Yetisti.
Foto: Philippe Rossier
Céline Trachsel

Arda Yetisti ist begeistert: «Ich mag schnelle Autos», sagt der Elfjährige. Neugierig will er einen Blick in den Sportwagen der BLICK-Reporterin werfen.

BLICK ist zu Besuch bei Arda Yetisti in der Kinder-Rehaklinik in Affoltern am Albis ZH. Bereits zum zweiten Mal. Mitte November kam noch kein Ton über seine Lippen. Das ist heute anders: Er bildet ganze Sätze, spricht fliessender, als zu erwarten gewesen wäre. «Nicht spazieren gehen», fordert der Elfjährige. Stur bremst er den Rollstuhl, lässt seinen Vater ihn nicht weiterschieben. «Ich will wieder rein», verlangt er, «ins Restaurant!» Aber das hat an diesem Tag leider geschlossen.

Der Bub kletterte im September mit zwei Kollegen auf ein Sonnensegel vor dem Schulhaus Krämeracker – es riss. Die drei Jungs stürzten mehrere Meter in die Tiefe auf kantige Steine. Ein Junge (†11) überlebte nicht. Er war Ardas Nachbar und bester Freund. Ein zweiter Junge brach sich nur den Arm und der Dritte im Bunde, Arda, trug eine schwere Kopfverletzung davon.

Alles musste er wieder neu lernen

Seither kämpft er sich zurück ins Leben. Er muss wieder lernen, seine Glieder zu bewegen, zu laufen – und zu sprechen. Obwohl er keine Lust auf einen Spaziergang hat, macht der Elfjährige an diesem kalten Sonntag Spässchen, lacht herzlich. Ardas Augen leuchten, als er von den Briefen von seinen Schulfreunden erzählt, die er erhalten hat. Und sie glänzen etwas weniger, wenn er erzählt, dass er in der Rehaklinik täglich den Unterricht besucht. Lieblingsfach? Hat er keines. Schule ist nicht so sein Ding.

Der 12. September war ein Schicksalstag für Ardas ganze Familie, erzählt Papa Lavent Yetisti (41). Nach dem tragischen Sturz lag Arda eineinhalb Monate im Koma. Die Eltern und Ardas älterer Bruder bangten und hofften. «Wir haben gewartet und gebetet», erzählt Lavent Yetisti. Gross war die Erleichterung, als Arda endlich aufwachte – wenn auch mit schweren Behinderungen. «Jetzt kann er aber schon wieder beide Hände bewegen. Und sprechen!», freut sich der Vater. Er habe die Stimme seines Sohns sehr vermisst. Die Genesung brauche Zeit. Doch er hoffe, dass sein Sohn wieder ganz gesund werde. «Aber er ist ein anderer als vorher», meint der Papa.

«Ich hoffe, dass Arda bald wieder sprechen kann»
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Interview im November:«Ich hoffe, dass Arda bald wieder sprechen kann»

Klinikbesuche gehen ins Geld

Seit dem Unfall steht die türkische Familie, die bereits zuvor jeden Franken zweimal umdrehen musste, auch vor finanziellen Problemen. «Die Reisekosten für den ÖV von zu Hause in die Rehaklinik gehen ins Geld», sagt Lavent Yetisti. Zudem würde sich Arda einen Ausflug wünschen, den sich die Familie kaum leisten kann.

«Früher gingen wir manchmal ins Alpamare. Möchtest du wieder dorthin, Arda?», fragt der Papa. Der Elfjährige erzählt von einem anderen Freizeitpark, gibt aber auf die Alpamare-Frage keine richtige Antwort und wiederholt, dass er reingehen möchte. Er winkt zum Abschied und rollt selber zurück in die Klinik. Dabei staubt er spitzbübisch grinsend noch die Handschuhe der Journalistin ab. Wie ein ganz normaler Junge eben.

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