«Ich hoffe, dass Arda bald wieder sprechen kann»
1:01
Interview im November:«Ich hoffe, dass Arda bald wieder sprechen kann»

Sohn von Lavent Yetisti (41) stürzte in Uster durch ein Sonnensegel
«Ich hoffe, dass Arda bald wieder sprechen kann»

Im September kletterten drei Buben in Uster auf ein Sonnensegel – und stürzten hindurch. Während einer († 9) von ihnen das Unglück nicht überlebte, wachte Arda (11) nach eineinhalb Monaten im Koma wieder auf. Jetzt findet er zurück ins Leben.
Publiziert: 16.11.2020 um 01:12 Uhr
|
Aktualisiert: 24.12.2020 um 14:03 Uhr
1/10
Arda, der den Sonnensegel-Unfall in Uster ZH überlebt hat, mit seinem Vater Levent Yetisti.
Foto: Philippe Rossier
Céline Trachsel

Arda (11) ist in einen flauschigen Pulli gekuschelt. Sein Papa Lavent Yetisti (41) stösst ihn am sonnigen Sonntagnachmittag vor der Kinder-Reha-Klinik in Affoltern am Albis ZH im Rollstuhl zum Gehege mit den Hasen. Arda blickt in die Welt hinaus, nickt oder winkt, um zu kommunizieren. Sprechen kann er noch nicht. Aber er hört aufmerksam zu, gibt Handzeichen oder nimmt die Hand seines Vaters, der ihn immer wieder liebevoll herzt.

Der Papa hat einem Besuch von BLICK in der Reha-Klinik zugestimmt. Er erlaubt auch, in der Zeitung Ardas richtigen Namen zu nennen. Der Bub hat eine schwere Kopfverletzung überlebt, kämpft sich nun ins Leben zurück. Im September gehörte er zum Trio, das vom Sonnensegel beim Schulhaus Krämeracker in Uster ZH stürzte.

Arda lag eineinhalb Monate im Koma

Drei Jungs kletterten damals auf ein Blachendach, das Schatten spenden sollte. Doch die Buben benutzten es als Rutsche. Als das Sonnensegel riss, fielen sie drei Meter in die Tiefe, schlugen auf einer Steinbank auf und wurden ohnmächtig. Während sich Endrit W*. (9) nur den Arm brach, erlag Almaz M.* († 9) im Spital seinen Verletzungen. Er war Ardas bester Freund.

Auch Arda verletzte sich schwer, lag aufgrund seiner Kopfverletzung eineinhalb Monate lang im Koma. «Wir waren immer an seiner Seite, haben einfach nur gehofft, gewartet und gebetet», erzählt Lavent Yetisti. Gross war die Erleichterung für die türkische Familie, als Arda endlich aufwachte. «Heute kann er wieder die Hand bewegen, den Daumen nach oben halten, wenn es ihm gut geht, oder nach unten, wenn er einen schlechten Tag hat. Er nickt und gibt Handzeichen, wenn wir etwas fragen. Ich hoffe, dass er bald wieder sprechen lernt. Und ich glaube, dass er wieder gehen lernt. Denn er versucht es immer.»

Arda mag die Physiotherapie nicht besonders

Jeden Tag hat Arda Physiotherapie. «Er ist ein starker Junge, er macht es sehr gut», sagt sein Papa stolz. Aber auf die Frage, ob er gerne in die Physio gehe, schüttelt Arda dennoch entschieden den Kopf.

Traurig sei, dass Arda nur wenig Besuch in der Klinik erhalte: Die Mutter komme zwar fast täglich und auch der Papa und der ältere Bruder sind oft bei Arda. Aber wegen des Coronavirus konnten ihn noch keine Schulkameraden besuchen. «Angehörige waren aber schon da», so der Vater. Er hofft, dass Ardas Kollegen auch bald kommen dürfen.

Wand mit Zeichnungen und Briefen von Freunden dekoriert

Zu Besuch kam am Sonntag ein freundlicher Nachbar, der seit sieben Jahren im Wohnblock in Uster über der Familie Yetisti wohnt. Marcus Bregenzer (46) überreicht dem Buben ein eigens für ihn gemaltes Bild. Das werde dann auch in Ardas Reha-Zimmer aufgehängt, sagt der Vater. Die ganze Wand sei bereits mit Zeichnungen und Briefen dekoriert. «Die ganze Klasse hat ihm geschrieben», erzählt Lavent Yetisti.

Die Familie sei einfach nur froh, dass Arda lebe – sie glauben an seine Genesung, auch wenn diese viel Zeit benötige. Ein langer steiniger Weg liegt vor Arda. «Aber wir denken natürlich auch an die Familie, die ihren Bub verloren hat, und teilen ihren Schmerz.»

* Name geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?