Das Bezirksgericht Zürich ist am Montag der Frage nachgegangen, ob SVP-Politiker Bernhard Diethelm (40) vor zwei Jahren in einem Apartment in Zürich Oerlikon eine Prostituierte misshandelt hat. Am frühen Abend sprach das Gericht den Schwyzer Kantonsrat von den Hauptvorwürfen frei – der versuchten Vergewaltigung, der versuchten sexuellen Nötigung und der Gefährdung des Lebens.
Diethelm wurde jedoch der mehrfachen Tätlichkeiten, der mehrfachen einfachen Körperverletzung und der verbotenen Pornografie schuldig gesprochen. Ihm wird eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten auferlegt sowie eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 100 Franken. Ausserdem muss er eine Busse von 1000 Franken bezahlen.
Opfer nicht in Lebensgefahr
Der Richter führte aus: «Es ist erstellt, dass es eine tätliche Auseinandersetzung gab.» Dabei sei die Frau verletzt worden. So belegen etwa MRI-Aufnahmen die Verletzungen durch einen Schwitzkastengriff. Jedoch habe sich das Opfer durch dieses Würgen nicht in Lebensgefahr befunden.
Nicht erstellt seien die Vorwürfe rund um Chloroform: Ein Betäubungsversuch sei nicht erwiesen, so der Richter, wodurch auch die versuchte Vergewaltigung und die sexuelle Nötigung wegfallen.
4200 Franken für ihre Dienste
Weshalb die Situation eskaliert ist, konnte auch das Gericht nicht ganz klären. Klar ist jedoch: Nach einem ersten Treffen am Tag zuvor trafen sich Diethelm und die Prostituierte am 22. Juni 2021 wieder. Gebucht war die junge Frau für Sadomaso-Rollenspiele. Er versprach ihr – wie Chatnachrichten belegen – 4200 Franken. Dafür sollte sie nach ihm keinen Freier mehr empfangen. Zudem beauftragte er sie, eine Fesselschnur, einen Mundknebel und eine Leine mit Halsband zu kaufen und für ihn bereitzulegen. Ab hier gehen die Aussagen jedoch auseinander.
«Ich habe ihn gefragt, ob er das Geld dabeihabe», sagte die 26-jährige Frau. Da sei Diethelm ausgetickt. Er habe sie von hinten gepackt und in den Schwitzkasten genommen. Daraufhin habe er versucht, sie mit einer unbekannten Substanz zu betäuben. Doch hierfür liessen sich keine Beweise finden.
«Ich sah rot und schubste sie»
Die junge Deutsche brach vor Gericht in Tränen aus. «Es ist nicht so einfach, obwohl es schon so lange her ist», erklärte sie dem Richter. Weiter beschrieb sie, wie Diethelm sie an den Haaren gepackt habe: «Meine Extensions lagen überall auf dem Boden.»
Weiter gab die junge Frau an, dass sie um Hilfe gerufen und versucht habe, zu entkommen. Irgendwann habe Diethelm von ihr abgelassen. Die Domina erlitt Prellungen, Schürfwunden und Verätzungen an Kinn und Mund. Gemäss dem Richter stammen aber einige Verletzungen nicht aus dem vorliegenden Fall.
Diethelm hingegen sprach vor Gericht davon, dass die junge Frau enttäuscht gewesen sei, dass er nicht die zuvor abgemachten 4200 Franken, sondern nur 1500 Franken mitgebracht habe. Dabei sei diese Summe Standard in diesem Milieu.
Im Streit habe die Prostituierte ihm in den Finger gebissen. «Ich sah rot und schubste sie», erklärte Diethelm. Er sei daraufhin weggerannt, weil sie begonnen habe, zu schreien. Die vielen Verletzungen der jungen Frau könne er sich nicht erklären. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Prozess ist fertig
Der Prozess ist kurz nach 20 Uhr fertig.
Keine Vorverurteilung
Es habe keine Vorverurteilung durch die Medien stattgefunden, so der Richter. «Es ist eben ein interessanter Fall, und dann ist man noch eine öffentliche Figur.» Die Medien haben laut dem Richter lediglich aus der Anklageschrift zitiert.
Chloroform-Suche nicht relevant für diesen Fall
Auch der Richter kann sich nicht erklären, warum Diethelm nach Chloroform gegoogelt hat. Man könne dies aber nicht mit dem hier vorgeworfenen Fall in Verbindung bringen. Es seien auch keine Beweise in der Wohnung gefunden worden.
Dadurch sei der Betäubungsversuch nicht erstellt, so der Richter, wodurch auch die versuchte Vergewaltigung und die sexuelle Nötigung wegfallen.
Der Richter kritisiert ebenfalls die Aussage der Privatklägerin, dass sie etwas Süssliches gerochen habe. Es sei das erste Mal, dass sie den Duft so ins Spiel gebracht habe.
«Es gab eine tätliche Auseinandersetzung»
«Es ist erstellt, dass es eine tätliche Auseinandersetzung gab», sagt der Richter. Details fehlen aus Sicht von Diethelm. «Die Privatklägerin hat diese jedoch glaubwürdig geschildert.» Eine MRI-Aufnahme zeige zudem, dass es die Würgehandlung – durch den Schwitzkastengriff – gab.
Einige Verletzungen stammen aber anscheinend wirklich nicht aus dem vorgeworfenen Vorfall. Doch diese habe die Staatsanwaltschaft in die Anklageschrift reingenommen.
Teilschuldspruch für Diethelm
Es erfolgt nun ein Schuldspruch bezüglich mehrfacher Tätlichkeiten, mehrfacher einfacher Körperverletzung und verbotener Pornografie.
Er wird von folgenden Punkten freigesprochen: versuchter Vergewaltigung, versuchter sexueller Nötigung und Gefährdung des Lebens.
Ihm wird eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren auferlegt sowie eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 100 Franken. Ausserdem muss er eine Busse von 1000 Franken bezahlen.
Nun folgt das Urteil
Es ist 19.40 Uhr. Es geht nun weiter. Das Urteil steht an.
Kleine Verzögerung
Eigentlich hätte das Urteil im Fall Diethelm um 19 Uhr kommen sollen. Vor Gericht tut sich aber noch nicht viel. Es geht wohl noch ein Weilchen. Danke trotzdem fürs Interesse.
Urteil folgt um ca. 19 Uhr
Das Urteil soll bereits heute erfolgen. Dies gegen 19 Uhr, vielleicht auch etwas später.
Diethelm hält Schlusswort
«Ich hatte zu keiner Zeit die Absicht, die Klägerin zu verletzen, sie zu schänden oder sie zu ermorden», sagt Diethelm.
Er werde von seinem Umfeld trotz des Prozesses als integre Persönlichkeit wahrgenommen. «Ohne meine Familie wäre ich nicht mehr hier, sondern schon längst die Limmat hinab.»
Eine Teil-Entschuldigung
Diethelm ergreift das Wort. «Ich verzichte auf inhaltlich gemachte Äusserungen. Ich kann mich nur in aller Form dafür entschuldigen, dass ich die Klägerin – als Reaktion auf den Biss in meinen Finger – geschubst habe.»
Weiter meint er: «Ihr habt alle einen verstörenden Einblick in mein Sexualleben erhalten.» Moralisch möge dieses verwerflich sein.