2002 entkam er in Zürich Handgranaten-Anschlag
Chef von albanisch-schweizerischer Zeitung wird erneut mit Tod bedroht

Xhevdet Mazrakej ist der Herausgeber der grössten albanischen Zeitung auf dem Balkan. «Bota Sot» hat auch in Zollikerberg eine Redaktion – dorthin wurde 2002 auch eine Bombe geschickt. Nun wird Mazrakej und seine Familie erneut mit dem Tod bedroht.
Publiziert: 22.11.2021 um 22:23 Uhr
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Chefredaktor Xhevdet Mazrekaj (62) der schweizerisch-albanischen Zeitung «Bota Sot» fürchtet schon wieder um sein Leben und das seiner Familie. Er erhielt am Sonntag einen besorgniserregenden Droh-Anruf.
Foto: 50 Yvonne Leonardi
Céline Trachsel

Xhevdet Mazrakej (62) ist Chefredaktor der schweizerisch-albanischen Zeitung «Bota Sot» (übersetzt: Welt heute) mit Sitz in Zollikerberg ZH, Pristina und New York. Er ist dem Tod schon einmal von der Schippe gesprungen: 2002 schickte ihm jemand eine Splittergranate in einem harmlos aussehenden Päckli einer Weinhandlung in die Zürcher Redaktion, das er arglos unter den Arm klemmte und an ein Familien-Treffen in Küsnacht ZH mitnahm. Wenn die heimtückische Splittergranate explodiert wäre, wäre wohl die ganze Familie des Kosovo-Albaners gestorben!

Doch so weit kam es nicht: Die Familie hatte viel Glück. Weil ein Bruder Mazrakejs das Päckchen seitlich aufgerissen hatte und die Drähte entdeckte, wurde die Bombe knapp nicht gezündet und später von Spezialeinheiten entschärft.

«Sie wissen, wo ich wohne»

Nun muss sich Mazrakej erneut grosse Sorge um seine Gesundheit und das Leben seiner Familie machen. Wie das schweiz-albanische Newsportal lecanton27.ch berichtet, erhält er seit Sonntagabend Todesdrohungen. Am Telefon habe ihn ein unbekannter Droher einschüchtern wollen. «Er sagte, ich soll das Schreiben sein lassen. Sie wissen, wo ich wohne», erzählt Mazrakej. Auch seinen Familienangehörigen wurde namentlich gedroht.

Der Chefredaktor nimmt die Drohungen todernst: Er hat die Polizei eingeschaltet.

Nach dem Balkankrieg lebten serbische und albanische Reporter gefährlich

Auch der Journalistenverband des Kosovo wurde informiert, genauso wie die Organisationen Reporter ohne Grenzen (RSF) und die International Federation of Journalists (IFJ). Laut RSF und IFJ wurden im Kosovo in der Nachkriegszeit mindestens sieben Journalisten getötet – davon vier, die für die Zeitung «Bota Sot» gearbeitet haben.

Nach dem Balkankrieg verschwanden zwischen 1998 und 2005 gar 20 serbische und albanische Journalisten, von denen bis heute nicht in allen Fällen sicher ist, ob sie ermordet oder gekidnappt wurden oder ob man sie sonst irgendwie verschwinden liess. «In 19 dieser Fälle wurde niemand zur Rechenschaft gezogen», schreibt die International Federation of Journalists auf ihrer Webseite.

Die schweizerisch-albanische Zeitung Le Canton27.ch fordert eine effizientere Untersuchung der Morde an Journalisten im Kosovo in den letzten zwei Jahrzehnten.

Bombe hatte enorme Sprengkraft

Beim knapp verhinderten Bomben-Attentat von 2002 auf Xhevdet Mazrakej war der Täter Jeton L.* (45), ein schweizerisch-mazedonischer Doppelbürger, erst 14 Jahre später gefasst worden. Und dies durch blossen Zufall. Er war 2016 nach einer Schlägerei in einem Zürcher Club festgenommen worden und musste seine DNA abgeben. Beim Abgleich mit der Polizeidatenbank konnte er mit der Bombe in Verbindung gebracht werden. 2017 wurde er wegen des versuchten Attentats vom Bundesgericht in Bellinzona zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte elf Jahre gefordert.

Pikant: Die Sprengkraft der russischen Handgranate im Paket hätte gereicht, um Menschen in einem Umkreis von 300 Metern zu töten. Xhevdet Mazrekaj äusserte vor dem Bundesgericht seine Überzeugung, dass Jeton L. nur ein Handlanger war. Die wahren Täter seien politische Gegner und noch auf freiem Fuss.

*Name der Redaktion bekannt

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