Ein Sachschaden von 100'000 Franken und zwei Bewohner, die mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Spital gebracht werden mussten. Das war die Bilanz nach einem Balkonbrand in Cham ZG, der sich im März 2021 ereignet hatte. Die Ursache war zunächst unklar. Später machte die Zuger Staatsanwaltschaft Teelichter dafür verantwortlich: Diese seien angezündet und unbeaufsichtigt stehen gelassen worden.
Der Verursacher kassierte dafür am Strafgericht des Kantons Zug eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 50 Franken. Er wehrte sich gegen das Urteil. Die Teelichter seien nicht die Brandursache gewesen, behauptete der Angeklagte unter Berufung auf einen Sachverständigen. Deshalb zog er den Fall weiter ans Zuger Obergericht, wie die «Zuger Zeitung» berichtet.
Neuer Verdacht wegen Lötkolben
Das Obergericht beauftragte einen Sachverständigen des Forensischen Instituts Zürich für die Untersuchung des Falls. Der Experte gab dem Angeklagten recht: Es waren nicht die Teelichter. Zwei Beobachtungen führten ihn zu diesem Schluss: Die Polizei habe keine Überreste von Teelichtern sichergestellt. Und auf den Brandfotos sei ein Lötkolben zu erkennen – ein neuer Verdacht stand im Raum.
Auffällig: Die Steckerstifte des Lötkolbens seien blank gewesen. Laut dem Sachverständigen sei das ein Zeichen dafür, dass das Gerät eingesteckt gewesen sei – oder zumindest nicht mit Russ vom Brand in Kontakt gekommen sei. Demnach sei es möglich, dass der Lötkolben die Brandursache war.
Staatsanwaltschaft scheitert vor Obergericht
Nach dieser Wende im Fall wollte die Staatsanwaltschaft die Anklage zur Berichtigung zurückweisen. Das Obergericht lehnte den Antrag ab. Der Grund: Vor Obergericht könne eine Straftat nur gerichtlich wegen eins genau umschriebenen Sachverhalts beurteilt werden – in diesem Fall das fahrlässige Verursachen eines Brands durch Teelichter.
Ein Lötkolben komme in der Anklageschrift nicht vor. Dieser war auch in der erstinstanzlichen Verhandlung kein Thema. Darauf nun vor Obergericht einzugehen, stehe im Widerspruch zur Rechtssprechung.
Deshalb hiess das Obergericht die Beschwerde gut und sprach den Beschuldigten frei. (bab)