Als BLICK Walter Hug (68) am Telefon erreicht, befindet er sich gerade in Bremen (D). Er führt mittlerweile ein Floristik-Geschäft in Hildisrieden LU und ist in Norddeutschland auf Einkaufstour. Auch er hat den Such-Aufruf von Adoptivkind Markus Stadelmann (52) im BLICK gelesen. Mit dessen Mutter, Erika Zahler-Häberli (†45), verbindet der Luzerner schreckliche Erinnerungen. Als junger Taxifahrer wurde er vor 43 Jahren von ihr niedergestochen. «Was da passiert ist, hat mein Leben verändert», sagt er noch heute zu BLICK.
Der Horror passiert am 25. April 1976. Erika Zahler-Häberli (damals 34) liess sich vom Teilzeit-Taxifahrer Walter Hug (damals 25) in Luzern zum Hotel Montana fahren. Direkt daneben wohnte damals der Staatsanwalt, der sie 1963 für 13 Jahre hinter Gitter geschickt hatte. Sie wollte sich an ihm rächen. Wie Hug später am Gericht erfuhr, war Zahler-Häberli gerade erst 14 Tage auf freiem Fuss – die Polizei suchte sie schon wieder.
Hug war damals junger Vater von fünf Kindern
Walter Hug war damals mit jungen 25 Jahren bereits Vater von fünf Kindern. Der gelernte Koch arbeitete im Aussendienst und fuhr nur gelegentlich Taxi. Wie an jenem verhängnisvollen Sonntag. Eigentlich war seine Schicht bereits fertig, aber weil sein Kollege nicht auftauchte, übernahm er noch eine Kundin – Erika Zahler-Häberli.
Hug erinnert sich: «Als wir in die Nähe des Ziels kamen, drückte sie mir einen Gegenstand in den Rücken. Ich glaubte zuerst an einen bewaffneten Überfall. Doch es war anders. Wir stiegen aus, da stach sie plötzlich zu. Diesen Moment kann ich bis heute nicht vergessen», sagt Hug.
Das Messer verfehlte Herz und Wirbelsäule nur knapp
Der Taxifahrer hat riesiges Glück: «Das Messer verfehlte knapp das Herz und die Wirbelsäule. Wenige Millimeter trennten mich vom Tod oder einer Querschnittlähmung. Ich schrammte also haarscharf am Tod vorbei.» Die Attacke hinterlässt auch Narben auf der Seele: «Ich werde nie vergessen, wie die Klinge in meinen Körper drang. Weil ich so nah am Tod war, lebe ich seither bewusster.»
Die Angreiferin flüchtete nach der Attacke. Die Polizei konnte sie am Tag darauf in einem anderen Hotel in Luzern festnehmen. «Sie entschuldigte sich bei mir, aber ich habe es nie angenommen», sagt Hug zu BLICK. Auch Jahre später, als Erika Zahler-Häberli aus der Psychiatrie einen Entschuldigungsbrief schickte, antwortete er nicht. Denn: «Ich kann ihr bis heute einfach nicht verzeihen.»
Zahler-Häberli soll sich in der Psychiatrie das Leben genommen haben
Danach hörte das Opfer jahrelang nichts mehr von der Frau. «Ich wusste auch nicht, dass sie später in der Psychiatrie ein Kind bekommen hatte», sagt er zu BLICK. Nur einmal noch vernimmt er tragische Neuigkeiten. Ein fallbetrauter Polizist erkennt Hug auf der Strasse: «Er kam auf mich zu und erzählte mir, dass sich meine Angreiferin in der Psychiatrie umgebracht hatte.» Zum Ende des Telefonats sagt der Luzerner leise: «Die Frau hatte ein sehr tragisches Leben.»