Auf einen Blick
- Rottweiler-Attacke in Nebikon LU: Aron (2) erheblich verletzt
- Hunde-Halter zu bedingter Geldstrafe und Busse verurteilt
- Anwalt ordnet Strafe ein
Er kam erst am Samstag an und biss am Montag zu: Ein Rottweiler (1) ist seinen neuen Haltern aus der Wohnung entwischt. Draussen griff das Tier dann zwei spielende Kinder (5 und 7) an, biss zu und liess nicht mehr ab. Der aktuelle Vorfall aus Adlikon ZH hat bei Valeria M.* (32) aus Nebikon LU Panik ausgelöst. Die Mutter von zwei Buben musste Ende Mai 2024 ebenfalls einen brutalen Angriff auf ihren Jüngsten – Aron* (2) – mitansehen.
Zu Blick sagt Valeria M.: «Der Rottweiler biss zu, schleuderte unseren Sohn hin und her und liess einfach nicht mehr von ihm ab!»
Bedingte Geldstrafe
Nach der brutalen Attacke wurde der Hunde-Halter (32) Mitte Juli wegen fahrlässiger Körperverletzung durch ungenügende Beaufsichtigung eines Hundes verurteilt. Gemäss Strafbefehl wurde eine bedingte Geldstrafe von 2200 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren ausgesprochen. Dazu muss der Halter eine Busse zahlen und die Verfahrenskosten tragen – total 1080 Franken.
«Lächerlich! Aber so sehen unsere Gesetze aus», sagt Valeria M. kopfschüttelnd. «Mein Sohn ist für immer gezeichnet – der Halter kam mit einer geringen Busse davon.»
Kräftiger Hund
Gemäss Strafbefehl ereignete sich der Vorfall am Pfingstmontag. Gegen 15.40 Uhr kehrte der Hunde-Halter gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin und dem Rottweiler von einer Töffli-Tour zurück. Die Partnerin löste die Gurte des Seitenwagens. Schwups, war der Rottweiler weg – noch bevor der Halter die Leine anlegen konnte.
«Zur gleichen Zeit liefen wir in die Tiefgarage und traten an unser Auto», erinnert sich M.
Plötzlich ging es blitzschnell: «Wir sahen den Hund nicht einmal kommen. Ich hörte nur, wie mein Sohn aufschrie», sagt Valeria M. «Er biss Aron ins Gesicht – in die linke Backe nahe am Ohr – und in den Oberkörper.» Den dreieinhalbjährigen Rottweiler beschreibt die Mutter als «sehr kräftig und ziemlich gross».
Angst vor Tieren
Die Mutter versuchte zusammen mit dem Hunde-Halter, Aron zu befreien. Doch der Rottweiler hielt den Zweijährigen im Maul fest und schleuderte ihn hin und her. «Irgendwann packte ich meinen Sohn am Rücken und der Halter öffnete das Maul des Hundes.» Nur so gelang die Befreiung.
Die Schreie ihres Sohnes verfolgen Valeria M. heute noch: «Er schrie immer wieder: Mama, Mama!» Ihr älterer Sohn (damals 5) musste den brutalen Angriff mitansehen. «Der Vorfall beschäftigt uns noch heute. Meine Kinder haben Angst vor Tieren, insbesondere vor Hunden», sagt Valeria M. traurig.
Rottweiler eingeschläfert
Nach dem Vorfall sprach die Familie sich mit dem Hunde-Halter aus. «Er erklärte uns, dass der Hund wohl durch die Töffli-Tour überhitzt war und deshalb zubiss», sagt M. «Er schrieb uns auch zwei Entschuldigungsbriefe.»
Blick hat den Hunde-Halter am Freitag kontaktiert. Niedergeschlagen sagt der 32-Jährige: «Es tut mir schrecklich leid, was da passiert ist. Es hätte nicht passieren dürfen.» Zu seiner Strafe möchte er sich nicht äussern. Er stellt jedoch klar: «Mein Hund wurde eingeschläfert.»
Unterschiedliche Strafen
Für fahrlässige Körperverletzung sieht das Strafgesetzbuch eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe vor. Laut Strafrechtsexperte André Kuhn der Kanzlei Penalisti müssen Richter – wenn möglich – die mildere Strafe aussprechen – ganz im Sinne der präventiven Effizienz. Hier die Geldstrafe, die laut Kuhn «nicht als extrem tief» eingeschätzt wird. «Dem 32-jährigen Halter werden während 20 Tagen 70 Prozent – also 110 Franken – seines Tageseinkommens genommen.»
Zwar stehe die Geldstrafe nicht sofort an, jedoch schwebe diese während der Probezeit wie ein Damoklesschwert über den Hunde-Halter. Kuhn: «Damit der Täter trotzdem eine Sanktion zu spüren bekommt, wird bei bedingten Geldstrafen zusätzlich eine Busse ausgesprochen. In diesem Fall die 550 Franken, plus die Verfahrenskosten von 530 Franken.»
In Urteile fliesst laut Kuhn jeweils mit ein, wie die Umstände waren und wie sich der Täter vor und nach der Tat verhielt. «Deshalb kann es sein, dass wir zwei Fälle mit identischen Verletzungen haben, jedoch unterschiedliche Strafen ausgesprochen werden.»
Wie unterschiedlich Strafen nach Hunde-Bissen ausfallen, zeigt ein Blick auf andere Fälle: So wurde die Halterin eines Australian Shepherd aus Hochwald SO zu einer bedingten Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 90 Franken und einer Busse von 300 Franken verurteilt, nachdem der Hund einem Kind in die Nase und einer Seniorin in die Lippe biss. Auch sprach das Gericht 50 Franken Schadenersatz und 1000 Franken Genugtuung aus. In einem anderen Fall wurde eine Hundehalterin aus Verbier VS zu einer Busse von 200 Franken und 100 Franken Verfahrenskosten verurteilt, nachdem ihr Hund dem Postboten in den Arm biss.
*Namen geändert