Internet-Flamme knöpfte Zuger 400'000 Franken ab
Wie kann man nur so blind sein?

Eine Frau aus Ghana ergaunerte nicht nur das Herz eines Zuger Rentners – sondern auch 400'000 Franken. Weshalb greifen die billigen Tricks der Internetbetrüger immer wieder?
Publiziert: 09.02.2017 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:57 Uhr
Kostspielige Turtelei via Skype: Der Senior schlug die Warnung der Bank in den Wind. (Symbolbild)
Foto: MARTIN RUETSCHI
Céline Krapf

Seine Romanze entwickelte sich von einer amourösen Internetbekanntschaft zu einem Fall für die Zuger Strafverfolgung: Ein Senior wurde von seiner Skype-Freundin in Ghana um 400'000 Franken betrogen (BLICK berichtete). Der neue Vorfall des sogenannten Romance Scam ist nur ein Beispiel für viele ähnliche Delikte – obwohl sich die ergaunerte Summe im höheren Bereich bewege, sagt Chantal Billaud, Sprecherin der Schweizerischen Kriminalprävention.

Die Masche beim «romantischen Betrug» ist immer dieselbe: Über Datingplattformen oder direkt über Social Media nehmen Unbekannte Kontakt mit ihren potenziellen Opfern auf. Diese werden eingelullt, bis die Betrüger sie emotional in der Hand haben. Nach Wochen bis Monaten schlagen die Gauner zu: Sie tischen Lügen auf, bis das Opfer zur Unterstützung ihrer neuen, grossen Liebe zum Portemonnaie greift.

Romantiker sind besonders gefährdet

Wie man vor Liebe nur so blind sein kann, fragen sich vielleicht Aussenstehende. «Wenn man verliebt ist, ist es nun mal eine ganz normale Reaktion, seinem oder seiner Liebsten aus der Patsche helfen zu wollen», erklärte die britische Psychologin Monica Whitty gegenüber SRF. Sie hat sich in einer Studie mit dem Problem befasst.

Laut Whitty sind die potenziellen Opfer vor allem aus einer bestimmten Menschengruppe: «Romantiker, die glauben, es gebe eine ideale Person für eine Partnerschaft – man müsse sie nur finden –, sind besonders gefährdet.»

Romantiker sind besonders gefährdet beim Love Scamming.
Foto: GAETAN BALLY

Billaud pflichtet ihr bei. «Die Opfer sind auf der Suche nach der grossen Liebe», erklärt sie. Dazu seien sie meist unerfahren mit dem Internet. So wüssten sie zum Beispiel nicht, dass man im Netz eigentlich alles fälschen könne. 

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Im Falle des Zuger Seniors machte ihn sogar die Bank auf die Gefahr eines Betrugs aufmerksam – sie fand bei dem älteren Herrn jedoch kein Gehör. Im Liebesrausch überwies er weiter Geld.

«Wenn jemand bereits viel Geld investiert hat, lässt sich die Person teils nicht mehr davon überzeugen, dass es sich um einen Betrug handelt», sagt Chantal Billaud. «Die Investitionen sind zu gross geworden, und bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt.»

Dunkelziffer bei «Herz und Hosen»-Delikten

Genaue Zahlen zu den Betrugsfällen gibt es nicht. Statistische Angaben zu Delikten im Internet seien immer mit Vorsicht zu geniessen, sagt Billaud. «Die Dunkelziffer ist hoch, besonders bei schambesetzten Delikten, bei denen ‹Herz oder Hosen› betroffen sind, somit auch bei Romance-Scam-Fällen.»

Die Strafverfolgung gestalte sich meist schwierig, weil länderübergreifende Ermittlungen nötig seien – mit Staaten, bei denen die Rechtshilfe kaum oder gar nicht funktioniere, sagt die Sprecherin. «Zudem operieren diese Betrüger teils sehr geschickt in der Anonymität, und es ist schwierig zu ermitteln, wo sich die Täterschaft überhaupt befindet.»

Die britische Expertin hat deshalb für potenzielle Opfer eine Faustregel: Wenn etwas zu gut aussieht, um wahr zu sein – dann ist es das wohl auch.

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