Der deutsche Schlosser Horst W.*(48) aus dem Kanton Luzern verbrachte den freien Mittwochnachmittag im Juni vor einem Jahr auf dem Grillplatz am Reusszopf in Luzern. Doch er sollte das schöne Wetter nicht lange geniessen können. Ein betrunkener Serbe störte die Idylle, sucht mehrfach Streit. Am Abend tickt der arbeitslose Plattenleger schliesslich ganz aus, greift den Deutschen ohne Vorwarnung mit einem Ikea-Messer an und verletzt ihn schwer. Für Horst W. beginnt das schlimmste Jahr seines Lebens.
«Ich kann mich noch genau an die Attacke erinnern», sagt Horst W. zu Blick. Ich bemerkte zuerst gar nicht, dass der Angreifer ein Messer in der Hand hielt. Ich glaubte, er schlägt auf mich ein. Dann fühlte ich einen Schmerz und sah das viele Blut.»
«Ich konnte nur noch schnappatmen»
Der Angreifer hörte nicht auf zuzustechen. «Er zerschnitt und zerstach mir den Arm, weil ich die Attacken abwehren wollte», sagt Horst W. und fährt fort: «Als er schliesslich die rechte Lunge traf, wurde es richtig schlimm. Ich konnte nur noch schnappatmen. Ich stand auf, und flüchtete.» Im Spital zählten die Ärzte später 14 Stichwunden.
Nur wenige Dutzend Meter vom Tatort entfernt, brach er beim Kiosk der Badestelle Nordpol zusammen. Horst W. erzählt: «Die Betreiber waren gerade am Zusammenpacken. Ich konnte noch sagen, dass sie den Notarzt rufen sollen. Dann wurde es mir schwarz vor den Augen.»
«Er wollte gratis Bier und Zigaretten»
Der Angreifer, ein arbeitsloser 43-jähriger Plattenleger aus Serbien, hatte bereits am frühen Nachmittag eine Auseinandersetzung mit Horst W. «Er kam immer wieder zu uns an den Tisch und wollte gratis Bier und Zigaretten. Als er sich auf meinen Platz setzte, während ich auf die Toilette gegangen bin, kam es zu einem ersten Gerangel mit ihm. Nachdem ich ihn weggeschickt haben, würgte er mich von hinten, ich wehrte mich. Er ging danach nach Hause.»
Wie der Serbe später der Polizei erzählte, ging er nach Hause, duschte, zog sich frische Kleider an, packte ein grosses Küchenmesser ein und ging zurück an den Reusszopf. Er sei betrunken gewesen, habe mindestens acht Liter Bier getrunken. Nach seiner Darstellung stellte er den Deutschen zur Rede und fuchtelte mit dem Messer herum. Horst W. habe ihn zuerst angegriffen. Der Serbe habe dann zur Verteidigung nur zwei bis drei Mal zugestochen. Der Messerstecher flüchtete vom Tatort, bereits am nächsten Tag nahm ihn aber die Polizei fest. Er befindet sich noch immer in Untersuchungshaft.
Der eingeklemmte Nerv verursacht eine Lähmung
Für Horst W., der 16 Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte, begann ein hartes Jahr. Er sagt: «Der Stich in den Bauch war auch nach sechs Monaten noch immer offen. Er wächst sehr langsam zu. Vor zwei Monaten erhielt ich ein Netz implantiert, seither macht die Wunde Fortschritte.» Langwieriger ist die Verletzung am rechten Bein: «Ich habe beim Sturz den Nerv eingeklemmt, bin teilweise gelähmt und war lange im Rollstuhl. Wenn ich einkaufen gehe, brauche ich noch immer den Rollator.»
Ebenfalls zu schaffen macht dem gelernten Schlosser die lange Dauer bis zum Gerichtsprozess. «Die Opferhilfe darf mich erst finanziell unterstützen, wenn ein Urteil vorliegt. Vor zwei Monaten war eigentlich das psychologische Gutachten für den Täter erstellt, aber sein Anwalt erhob Einspruch. Jetzt dauert es wieder länger. Was nützt mir die Opferhilfe, wenn ich irgendwann schon wieder arbeiten kann? Ich brauche jetzt Hilfe.»
*Name geändert